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Modernisierung verweigern: Kann der Mieter widersprechen?

Modernisierungsarbeiten im Gebäude sind für den Mieter immer mit Unannehmlichkeiten verbunden. Andererseits sind sie oft unabdingbar.

Letztlich nimmt der Vermieter als Eigentümer des Gebäudes sein Recht war, die Substanz und den Verkehrswert seiner Immobilie zu erhalten und zu verbessern. Insoweit versucht das Gesetz, einen Kompromiss zwischen den Interessen von Vermieter und Mieter zu finden.

1. Mieter muss Modernisierung dulden

Der Mieter ist verpflichtet, Modernisierungsmaßnahmen zu dulden (§ 555d I BGB). Diese Duldungspflicht des Mieters besteht aber nur,

  • wenn der Vermieter die im Gesetz bezeichneten Voraussetzungen einhält (1.1.)

und

Liegen diese Voraussetzungen vor, kann der Mieter nicht widersprechen und die Modernisierung nicht verweigern.

1.1. Gesetzliche Voraussetzungen der Duldungspflicht des Mieters

Der Vermieter ist gesetzlich verpflichtet, die Modernisierung anzukündigen. Dabei muss er form- und fristgerecht handeln. Die maßgeblichen Voraussetzungen beschreibt § 555c BGB.

a. Ankündigungsfrist

Der Vermieter muss den Mieter spätestens 3 Monate vor Beginn der Modernisierungsarbeiten informieren.

b. Ankündigungsform

Der Vermieter muss den Mieter in Textform informieren. Textform bedeutet, dass er die Ankündigung schriftlich erstellen, wenn auch nicht unterschreiben muss, aber auch nicht mündlich übermitteln darf. In Betracht kommen Brief, Telefax oder E-Mail. Aus Beweisgründen empfiehlt sich jedoch immer die Ankündigung per Brief nebst Unterschrift des Vermieters.

c. Ankündigungsinhalt

Die Modernisierungsankündigung muss Angaben enthalten …

  • zur Art der Modernisierungsmaßnahme
  • zum voraussichtlichen Umfang der Modernisierungsmaßnahme
  • zum voraussichtlichen Beginn der Modernisierungsmaßnahme
  • zur voraussichtlichen Dauer der Modernisierungsmaßnahme
  • zum Betrag der voraussichtlichen Mieterhöhung und der Betriebskosten
  • und den Hinweis des Vermieters auf Form und Frist des Härteeinwands des Mieters

Eine Ankündigung ist entbehrlich, wenn die Modernisierungsmaßnahme nur unerhebliche Auswirkungen nach sich zieht und zugleich die Mieterhöhung unerheblich bleibt (§ 555c IV BGB). Um Zweifeln zu begegnen, sollte der Vermieter jede Modernisierungsmaßnahme möglichst ankündigen.

Missachtet der Vermieter die gesetzlichen Vorgaben, muss der Mieter die Modernisierungsmaßnahmen zwar gleichfalls dulden und kann der Durchführung der Arbeiten nicht widersprechen. Das Gesetz bestraft den Vermieter dann aber insoweit, als er die mit der Modernisierungsmaßnahme meist verbundene Mieterhöhung erst mit sechsmonatiger Verspätung umsetzen kann (§ 559b II Satz 2 BGB).

Es nutzt ihm im Streitfall auch nichts, wenn er versucht, seinen Fehler zu korrigieren und mit dem Mieter eine abweichende Vereinbarung zu treffen. Das Gesetz erklärt abweichende Vereinbarungen zum Schutz des meist sozial schwächeren Mieters grundsätzlich für unwirksam (§ 555c V BGB).

1.2. Keine Duldungspflicht des Mieters in Härtefällen

Der Mieter kann der Durchführung der Modernisierungsmaßnahme auch bei einer ordnungsgemäßen Ankündigung durch den Vermieter widersprechen und braucht die Arbeiten nicht zu dulden, wenn er sich auf einen Härtefall berufen kann (§ 555d II BGB).

a. Voraussetzungen eines Härtefalls

Ein Härtefall ist anzunehmen, wenn die Durchführung der Modernisierungsarbeiten für den Mieter selbst, seine Familie oder einen Haushaltsangehörigen eine besondere Härte bedeuten würde.

Dabei müssen sich die Interessen des Vermieters, der übrigen Mieter im Gebäude sowie die Belange der Energieeinsparung des Klimaschutzes unterordnen lassen. Der Vermieter muss die Situation abwägen. Soweit es um die energetische Modernisierung geht, sind insbesondere auch die Ziele der Energieeinsparung und Klimaschutzes zu berücksichtigen. Die Interessen des Mieters alleine sind nicht unbedingt ausschlaggebend.

b. Konkrete Härtegründe

Konkret bedeutet die Härteabwägung, dass die angekündigten Arbeiten, deren bauliche Folgen, vorausgegangene Aufwendungen des Mieters und die zu erwartende Mieterhöhung in die Abwägung einfließen.

Zu prüfen ist zum Beispiel, inwieweit Leben und Gesundheit des Mieters gefährdet sind (BVerfG WuM 1992, 104). So kann die laut ärztlichem Attest bestehende Angst einer achtzigjährigen Mieterin vor einem Gasanschluss den Einbau einer Gasetagenheizung eine Härte darstellen (LG Köln WuM 2002, 669). Gleiches gilt für ältere Mieter, denen wochenlanger Baulärm, Schmutz und die Unbenutzbarkeit von Küche und Bad nicht zuzumuten ist (LG Berlin MM 1988, 294; LG Mannheim WuM 1987, 272).

Hat der Mieter bereits gekündigt, soll der Vermieter erst nach dem Auszug des Mieters mit den Arbeiten beginnen dürfen (LG Köln WuM 1995, 312).

Stehen den geringen Vorteilen einer Baumaßnahme wesentliche Nachteile gegenüber, kann eine Härte vorliegen. So ist der Einbau von Isolierglasfenstern unzumutbar, wenn Feuchtigkeitsschäden drohen (LG Hamburg WuM 1989, 174; LG Hamburg NJW-RR 1995, 1101).

Ein Mieter, dessen Wohnfläche um 27 % vergrößert wird, braucht eine Mieterhöhung um 41 % nicht akzeptieren (LG Duisburg NZM 2000, 1000).

Eigene Modernisierungsaufwendungen des Mieters gelten in Höhe einer Jahresmiete nach 4 Jahren als abgewohnt (LG Berlin GE 2005, 58). Hat der Mieter beispielsweise eine Gasetagenheizung auf eigene Kosten bezahlt, darf der Vermieter diese Investition nicht mit dem Einbau einer Zentralheizung hinfällig machen. Voraussetzung ist aber, dass der Einbau mit der Zustimmung des Vermieters erfolgt ist.

c. Mieterhöhung bleibt noch unbeachtlich

Wichtig ist, dass die zu erwartende Mieterhöhung bei der Prüfung der Härtefallregelung im Hinblick auf die bloße Duldung der Modernisierungsmaßnahme noch keine Berücksichtigung findet. Die Mieterhöhung ist erst im Rahmen einer weiteren Härtefallprüfung relevant. Für die Duldungspflicht des Mieters bleibt es belanglos, ob die voraussichtliche Mieterhöhung für ihn wirtschaftlich belastend ist oder nicht (§ 555d II S.2 BGB).

Somit kann der Vermieter die Modernisierungsmaßnahme für das gesamte Objekt planen und durchführen, auch wenn ein einzelner Mieter wirtschaftlich überfordert wird. Dieser Mieter ist dennoch geschützt, als seine persönliche wirtschaftliche Situation in einer weiteren Härtefallprüfung im Hinblick auf die Mieterhöhung zu berücksichtigen ist. Der Vermieter ist also in der Lage, das Gebäude zu modernisieren und den modernen technischen Gegebenheiten anzupassen, ohne dass er durch einen einzelnen Mieter daran gehindert werden könnte.

d. Einwand des Härtefalls

Will sich der Mieter auf eine Härtefallregelung berufen, muss er die dafür maßgeblichen Gründe bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt, dem Vermieter in Textform mitteilen. Zur Wahrung der Textform sind auch E-Mail oder Telefax zulässig. Mündliche Einwände genügen nicht (§ 555d III BGB).

War der Mieter ohne sein Verschulden daran gehindert, die Einwendungsfrist einzuhalten, kann er seine Einwände unverzüglich in Textform nachholen (§ 555d IV BGB). Fälle dieser Art liegen vor, wenn der Mieter in dieser Zeit schwer krank war oder die Härtefallgründe erst nach Ablauf der Frist entstanden sind.

e. Duldung des Zutritts zur Wohnung

Das Problem der Duldungspflicht stellt sich insbesondere bei der Innenraummodernisierung.  Zu diesem Zweck müssen Vermieter bzw. Handwerker die Wohnung des Mieters betreten (z.B.  Installation moderner Sanitäranlagen). Ein Betreten der Wohnung bei einer Außenmodernisierung (z.B. Dämmung der Außenfassade) ist nicht erforderlich.

Verweigert der Mieter den Zutritt zu seiner Wohnung, muss der Vermieter auf Duldung klagen. Eine Mieterhöhung scheidet bis dahin aus. Im Prozess ist die Härtefallregelung zu prüfen. War die Berufung des Mieters auf einen Härtefall offensichtlich willkürlich oder schikanös, kommt ein Schadensersatzanspruch des Vermieters in Betracht.

2. Modernisierungsvereinbarung

Der Vermieter kann versuchen, Streitigkeiten mit den Mietern aus dem Weg zu gehen, indem er eine Modernisierungsvereinbarung verhandelt. § 555f BGB sieht diese Möglichkeit ausdrücklich vor.

Der Vermieter kann die Maßnahme gemeinsam mit den Mietern planen und durchführen. Die dafür notwendige und vielleicht komplexe Überzeugungsarbeit kann sich im Vergleich zu potentiellen Streitfällen langfristig durchaus lohnen. Gerade wenn der Mieter einbezogen wird, zeigt die Erfahrung, dass er wesentlich aufgeschlossener ist, als wenn ihm eine Modernisierungsmaßnahme faktisch aufgedrängt wird.

3. Sonderkündigungsrecht des Mieters

Will den Mieter die Modernisierungsmaßnahme nicht akzeptieren, kann er nach Zugang der Modernisierungsankündigung das Mietverhältnis außerordentlich zum Ablauf des übernächsten Monats kündigen. Diese Kündigungsfrist ist insbesondere bei Zeitmietverträgen relevant, bei denen das ordentliche Kündigungsrecht bis zum Ablauf des Mietvertrags ausgeschlossen ist (§ 555e BGB).

6 Antworten auf "Modernisierung verweigern: Kann der Mieter widersprechen?"

  • TH
    06.06.2017 - 12:40 Antworten

    Sehr geehrter Herr Hundt,

    vielen Dank für diesen und die vielen weiteren Artikel.
    Mich interessiert, ob der Mieter seine Duldung einer angekündigten Modernisierung widerrufen und außerordentlich kündigen kann, wenn die angekündigte voraussichtliche Dauer der Maßnahme bereits mehrere Monate überschritten wurde und im Mietvertrag ein Kündigungsverzicht bis Datum XY vereinbart wurde?

    Mit freundlichen Grüßen
    TH

  • Sarah
    11.07.2017 - 23:16 Antworten

    Hallo,

    in unserem Fall ist es so , dass die Modernisierung im letzten Jahr für den Februar angekündigt wurde. Zu unserer Freude ist nichts passiert. Nun haben wir allerdings im letzten Monat (Juni) Informationen darüber erhalten, dass die Modernisierungen – bei einigen – ab August stattfinden soll.
    Dazu sollen wir aus unseren Wohnungen raus, weil jetzt außerdem die Beseitigung von Asbest ansteht (falls vorhanden).
    Sollte in diesen Fall nicht noch einmal eine formgerechte Modernisierungsankündigung erfolgen? Das würde dann nämlich auch bedeuten, dass der Baubeginn erst ab September stattfinden darf?

    Mit freundlichen Grüßen
    Sarah

  • Bella
    14.11.2017 - 21:26 Antworten

    Hallo, mein Vermieter hat mir auf Nachfrage mitgeteilt, dass die Rollläden im ganzen Haus ausgetauscht werden sollen. Nachfrage, weil die Firma sich bei mir gemeldet hat. Zählt das nun als Modernisierung? Ich zahle seit 2011 die Miete als Staffelmiete, kann ich dann überhaupt mit den Kosten belastet werden? Bisher kam auch weder eine Ankündigung noch eine Antwort auf meine Frage nach Mieterhöhung nach dem Austausch. Danke!

  • Daniela B.
    02.11.2018 - 09:00 Antworten

    Hallo,

    mein Vermieter stand gestern Abend um 20 Uhr vor der Haustüre und wollte ins Badezimmer. Er möchte es Sanieren. Es wurde aber nicht schriftlich angemeldet. Muss ich ihn nun reinlassen oder erst wenn er es schriftlich ankündigt? Und stimnt es das er es 3 Monate vorher ankündigen muss?

    • Mietrecht.org
      02.11.2018 - 10:07 Antworten

      Hallo Daniela,

      Ihr Vermieter muss einen Besichtigungstermin mit Ihnen und einer angemessenen Frist abstimmen.

      Viele Grüße

      Dennis Hundt

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