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Eigenbedarfskündigung: 8 häufige Fehler, die Vermieter vermeiden sollten

Die Kündigung wegen Eigenbedarfs ist die häufigste aller vermieterseitig ausgesprochenen Kündigungsarten. Auch wenn sie in vielen Fällen erfolgreich zur Beendigung des Mietverhältnisses führt, birgt sie jedoch allerlei Fehlerpotential in sich. Dass dem Vermieter beim Ausspruch der Eigenbedarfskündigung ein Fehler unterläuft, der mitunter so schwerwiegend ist, dass die gesamte Kündigung unwirksam ist, ist keine Seltenheit. Da der von der Kündigung betroffene Mieter die Kündigung in der Regel akribisch auf mögliche Fehler überprüft, ist ein Streit zwischen den Parteien über die Wirksamkeit der Kündigung in vielen Fällen die unschöne Folge. Ein derartiger Streit, der nicht selten zu Lasten des Vermieters ausgeht, lässt sich jedoch gut vermeiden, wenn der Vermieter sich im Vorfeld der Kündigung mit möglichen Fallstricken und potentiellen Fehlerquellen vertraut macht und entsprechende Fehler vermeidet. Auch wenn dies im Einzelfall dazu führen kann, dass der Vermieter sich dessen bewusst wird, dass eine Eigenbedarfskündigung rechtlich (zurzeit) gar nicht zulässig ist, bleiben nicht nur dem Mieter Aufregung und Ärger, sondern vor allem auch dem Vermieter ein für ihn ggf. kostspieliger Rechtsstreit erspart.

Der folgende Beitrag gibt einen – nicht abschließenden – Überblick über die häufigsten Fehler, die der Vermieter bei einer Eigenbedarfskündigung vermeiden sollte.

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1. Kündigungssperrfrist des § 557a BGB greift ein

Viele Vermieter, die das Eigentum an einer vermieteten Wohnung erwerben, an der bereits Wohnungseigentum besteht, vergessen zu prüfen, ob sie ggf. durch die sog. Kündigungssperrfrist des § 577a BGB zeitweise an der Eigenbedarfskündigung gehindert sind. Greift die Sperrfrist ein, ist die Kündigung unwirksam, weshalb diese Prüfung von jedem Vermieter in der beschriebenen Situation angestellt werden sollte.

Das Gesetz verhängt in § 577a Abs.1 und Abs.2 BGB nämlich eine Kündigungssperre von drei bis zu zehn Jahren, wenn der Vermieter, der gem. § 566 Abs.1 BGB in das bereits beim Erwerb bestehende Mietverhältnis eintritt, eine vermietete Wohnung erworben hat, an der nach der Überlassung der Wohnung an den Mieter, aber vor der Veräußerung der Wohnung an den neuen Eigentümer bzw. Vermieter Wohnungseigentum begründet worden ist.

Die Sperrfrist greift auf Grund der Regelung des § 577a Abs.1a S.1 BGB in bestimmten Fällen sogar auch dann ein, wenn an der erworbenen Wohnung beim Erwerb kein Wohnungseigentum bestand. Dies ist gem. § 577a Abs.1a S.1 Nr.1 BGB insbesondere dann der Fall, wenn die Wohnung an eine Personengesellschaft oder an mehrere Erwerber veräußert worden ist. In diesen Fällen ist es weder Voraussetzung für das Eingreifen der Kündigungssperre, dass die Personengesellschaft bzw. die Erwerber nach dem Erwerb tatsächlich Wohnungseigentum begründen noch, dass dies beim Erwerb beabsichtigt war.

Alle wichtigen Informationen zu der Kündigungssperrfrist des § 577a BGB können Sie in unserem Beitrag „Mietvertrag bei Eigentümerwechsel: Ratgeber für Mieter und Eigentümer“ nachlesen.

2. Mietvertrag ist befristet

Ein weiterer häufiger Fehler, der Vermietern bei einer Eigenbedarfskündigung unterläuft, besteht darin, dass die Folgen einer Befristung des Mietverhältnisses für das Recht zur ordentlichen fristgerechten Kündigung verkannt werden. Ist ein Mietverhältnis für eine bestimmte Zeit eingegangen, endet es nach Ablauf der vertraglich bestimmten Mietzeit automatisch, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Sofern die Parteien keine abweichende Vereinbarung des Inhalts getroffen haben, dass vor Ablauf der Mietzeit eine Berechtigung zur ordentlichen fristgerechten Kündigung besteht, sind beide Parteien an dieser gehindert und auf ihr Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung gem. §§ 543,569 BGB beschränkt.

Beachte:

Für den Fall, dass der Kündigungsverzicht unwirksam ist, weil er z. B. die Anforderungen des § 575 BGB nicht erfüllt, ist der Weg nicht automatisch frei für eine Eigenbedarfskündigung. In diesen Fällen kann die dann im Regelfall vorzunehmende sog. ergänzende Vertragsauslegung nämlich unter Umständen ergeben, dass an die Stelle der unwirksamen Befristung ein (beiderseitiger) Kündigungsverzicht in der Weise tritt, dass eine Kündigung frühestens zum Ablauf der angestrebten Mietzeit möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 10.07.2013 – VIII ZR 388/12). Ob dies der Fall ist, muss jedoch in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Umstände und der Motive der Parteien für die Befristung ermittelt werden.

3. Mietvertrag enthält Kündigungsausschluss

Wie wichtig es vor allem für solche Vermieter, die eine bereits vermietete Wohnung erworben haben und nun wegen Eigenbedarfs kündigen möchten, ist, den von dem Vorvermieter mit dem Mieter geschlossenen Mietvertrag genau unter die Lupe zu nehmen, zeigt sich immer wieder auch dann, wenn Vermieter eine Eigenbedarfskündigung aussprechen, obwohl das Recht, das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zu kündigen, vertraglich ausgeschlossen ist. Viele Mietverträge enthalten einen in der Regel beidseitigen zeitlich befristeten Kündigungsverzicht, der das Recht zur ordentlichen fristgerechten Kündigung ausschließt. Weniger häufig, aber durchaus anzutreffen, sind außerdem Regelungen, nach denen das Recht des Vermieters, wegen Eigenbedarfs zu kündigen, dauerhaft entfällt. Wie jüngst das LG Berlin II mit Urteil vom 16.05.2024 – 64 S 198/22- noch einmal bekräftigt hat, ist ein Erwerber, der gem. § 566 Abs.1 BGB in das Mietverhältnis eintritt, an diesen Verzicht grds. gebunden. Jedem Vermieter ist daher dringend zu raten, den bereits bestehenden Mietvertrag daraufhin zu überprüfen, ob ein entsprechender Kündigungsverzicht besteht und ob dessen (mögliche) Laufzeit noch nicht beendet ist.

Dies sollte bestenfalls bereits vor dem Erwerb der Wohnung geschehen, wenn diese mit dem Ziel erworben werden soll, die Wohnung anschließend selbst zu nutzen oder einem Angehörigen zu überlassen. In diesem Fall kann ein Ausschluss des Kündigungsrechts durchaus kaufentscheidend sein.

4. Bedarfsperson gehört nicht zum berechtigten Personenkreis

Viele Vermieter unterliegen dem Irrglauben, es käme nicht darauf an, wem sie die Wohnung nach Ausspruch der Kündigung zur Nutzung überlassen möchten oder sie ordnen die Bedarfsperson fälschlicherweise dem vom Gesetz begünstigten Personenkreis zu. § 573 Abs.2 Nr.2 BGB zu. § 573 Abs.2 Nr.2 BGB beschränkt den Kreis derer, zu deren Gunsten eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen werden darf, nämlich auf

  • Familienangehörige des Vermieters und
  • Haushaltsangehörige des Vermieters.

Jeder Vermieter sollte daher vor dem Ausspruch der Kündigung genau prüfen, ob die Person, von der die Wohnung genutzt werden soll, tatsächlich zu dem in § 573 Abs.2 Nr.2 BGB genannten Personenkreis gehört und ggf. rechtlichen Rat einholen. Die zutreffende Einschätzung kann nämlich mitunter z. B. dann sehr schwierig werden, wenn die begünstigte Person nicht zur Kernfamilie des Vermieters gehört.

Einen Überblick über den Kreis in § 573 Abs.2 Nr.2 BGB vom Gesetz begünstigten Personenkreis gibt unser Artikel „Eigenbedarfskündigung – 40 Fragen und Antworten“, wobei jedoch anzumerken ist, dass die Rechtsprechung zu dieser Problematik im Fluss ist und einigen Personen, zu deren Gunsten bisher der Ausspruch einer Eigenbedarfskündigung noch möglich war, mittlerweile die Eigenschaft als zulässige Bedarfsperson aberkannt worden ist. So ist die rechtliche Konsequenz eines Urteils des BGH vom 10.07.2024 – VIII ZR 276/23- z. B., dass eine Eigenbedarfskündigung – anders als bisher – nicht mehr möglich ist, wenn der Vermieter die Wohnung einem Cousin oder einer Cousine überlassen möchte.

5. Vermieter hat keinen zulässigen Grund für seinen Nutzungswunsch

Ein weiterer häufiger Fehler, der Vermietern bei einer Eigenbedarfskündigung unterläuft, besteht darin, dass der Grund, den der Vermieter für seinen Wunsch, die Wohnung selbst zu nutzen oder einem Angehörigen zu überlassen, hat, ihn gar nicht zum Ausspruch einer Eigenbedarfskündigung berechtigt. Jeder Vermieter sollte daher vor dem Ausspruch der Kündigung sorgfältig prüfen, ob sein Nutzungswunsch einer rechtlichen Prüfung standhält. Die Anforderungen, die von der Rechtsprechung an den Nutzungswunsch gestellt werden, sind zwar nicht besonders hoch, bleiben aber dennoch nicht selten unerfüllt. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass der Vermieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe für seinen Nutzungswunsch hat (vgl. BGH, Rechtsentscheid vom 20.01.1988 – VIII ARZ 4/87). Auch wenn die Rechtsprechung es den Gerichten grds. verbietet, ihre persönliche Wertung an die Stelle der Lebensplanung des Vermieters oder der Bedarfsperson zu setzen (vgl. BVerfG, Urteil vom 14.02.1989 – 1 BvR 308/88), wird der Nutzungswunsch insbesondere in den folgenden Fällen nicht akzeptiert:

a) Keine überwiegende Nutzung zu Wohnzwecken

Möchte der Vermieter bzw. die Bedarfsperson die Wohnung nicht oder nicht überwiegend zu Wohnzwecken nutzen, ist eine auf § 573 Abs.2 Nr.2 gestützte Kündigung nicht möglich (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 19.12.1985 – 7 S 195/85). In diesen Fällen ist es nach der Rechtsprechung des BGH allerdings nicht ausgeschlossen, dass der Vermieter seinen Wunsch, die Wohnung überwiegend (vgl. BGH, Beschluss vom 05.10.2005 – VIII ZR 127/05) oder sogar ausschließlich (vgl. BGH, Urteil vom 26.09.2012 – VIII ZR 330/11) beruflich oder gewerblich zu nutzen, durch eine auf das allgemeine berechtigte Interesse i. S. d. § 573 Abs. 1 S. 1 BGB gestützte Kündigung realisieren kann.

b) Bedarf besteht nur vorübergehend

Rechtsmissbräuchlich – und damit unwirksam – sein kann eine Eigenbedarfskündigung im Einzelfall auch dann, wenn der Vermieter bzw. die Bedarfsperson die Wohnung nur ganz vorübergehend benötigt. Dies bedeutet allerdings keinesfalls, dass eine Eigenbedarfskündigung grds. als unwirksam einzustufen ist, wenn der Vermieter die Räume nur für eine begrenzte Zeit nutzen möchte (vgl. BayObLG, Rechtsentscheid vom 23.03.1993 – REMiet 6/92). Vielmehr muss in jedem konkreten Einzelfall festgestellt werden, ob der Vermieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe für seinen zeitlich begrenzten Nutzungswunsch hat. Eine nur wenige Monate dauernde Nutzungszeit wird in der Regel nicht ausreichen, um den Nutzungswunsch als vernünftig und nachvollziehbar erscheinen zu lassen, wobei ein längerfristiger Nutzungswunsch von mehreren Jahren grds. einem zeitlich unbefristeten gleichgestellt wird (vgl. BayObLG, Rechtsentscheid vom 23.03.1993 – REMiet 6/92). Eine exakte zeitliche Grenze, ab welcher Nutzungsdauer dies der Fall ist, kann allerdings – so das BayObLG – nicht gezogen werden. Das LG München I z. B. setzte die Untergrenze für die Gleichstellung der begrenzten mit einer unbefristeten Nutzungsdauer mit Urteil vom 21.07.1993 – 14 S 11 776/92 – bei drei Jahren an und führte aus, dass zwar auch eine unterhalb dieser Grenze liegende Nutzungsdauer durchaus zu einer Eigenbedarfskündigung berechtigen könne, es aber eines erheblichen Mehraufwandes des Vermieters bedürfe, um sein Erlangungsinteresse als nachvollziehbar einstufen zu können. Dazu, unter welchen Voraussetzungen der zeitlich begrenzte Nutzungswunsch innerhalb dieser (unverbindlichen) Spanne von wenigen Monaten bis drei Jahren als nachvollziehbar einzustufen ist, gibt es ebenfalls keine allgemeinverbindlichen Vorgaben. Allgemein kann lediglich von dem Grundsatz ausgegangen werden, dass vernünftige und nachvollziehbare Gründe des Vermieters für seinen Nutzungswunsch umso eher bejaht werden können, je länger die beabsichtigte Nutzung der Wohnung durch den Vermieter bzw. die Bedarfsperson dauern soll (vgl. LG München I, Urteil vom 21.07.1993 – 14 S 11 776/92). Jedem Vermieter, der einen zeitlich begrenzten Nutzungswunsch hat, ist daher zu raten, die Gründe für die eingeschränkte Nutzungsdauer im Kündigungsschreiben präzise und nachvollziehbar darzulegen.

c) Bedarf liegt in der Zukunft

Von Vermietern wird außerdem nicht selten verkannt, dass ein Kündigungsrecht nur dann besteht, wenn der Vermieter die Wohnung gegenwärtig oder zumindest in absehbarer Zeit benötigt. Eine so genannte „Vorratskündigung”, der ein gegenwärtig noch nicht absehbarer Nutzungswunsch zu Grunde liegt, ist nämlich unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 18.05.2005 – VIII ZR 368/03). Auch wenn grds. nicht erforderlich ist, dass der Vermieter seinen Bedarf unmittelbar nach dem Auszug des Mieters realisieren möchte und kann, muss jedoch aufgrund der äußeren Umstände mit einiger Sicherheit damit gerechnet werden können, dass die Wohnung in naher Zukunft benötigt wird (vgl. BayObLG, Rechtsentscheid vom 02.03.1982 – Allg. Reg. 115/81). Ist dies gewährleistet, schadet es auch nicht zwangsläufig, wenn zwischen der Räumung der Wohnung und dem Eintritt des Bedarfs eine längere Zeitspanne liegt, sofern diese den Umständen nach erforderlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.09.2001 – 1 BvR 1185/01). Der BGH hielt es mit Urteil vom 18.05.2005 – VIII ZR 368/03 – auf Grund der konkreten Umstände sogar für grds. zulässig, dass der Vermieter die Wohnung nach dem Ende des Mietverhältnisses erst einmal für zweieinhalb Jahre sanieren und erst danach nutzen wollte.

d) Überhöhter Bedarf

Vermieter, die ein Mietverhältnis über eine große Wohnung oder sogar ein Haus wegen Eigenbedarfs kündigen möchten, sollten sich vor allem dann, wenn der Bedarf nur für eine oder wenige Personen besteht, außerdem Gedanken darüber machen, ob der Bedarf als weit überhöht angesehen werden könnte. Auch wenn die Rechtsprechung in dieser Hinsicht sehr großzügig ist und den Vermieter grds. selbst bestimmen lässt, welcher Wohnbedarf für ihn angemessen ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20.02.1995 – 1 BvR 665/94), gibt es eine Grenze, die dann überschritten ist, wenn sich der Bedarf als weit überhöht erweist (vgl. BVerfG, Urteil vom 14.02.1989 – 1 BvR 308/88, 1 BvR 336/88, 1 BvR 356/88). Ob ein weit überhöhter Bedarf vorliegt, kann nicht pauschal beantwortet werden. Es bedarf auch hier stets einer konkreten Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls. Von Bedeutung sind hierbei nicht nur die Größe der Wohnung, sondern auch die konkrete Lebenssituation der Bedarfsperson. So wurde die Überlassung eines 168 m2 großen Einfamilienhauses an den 36 – jährigen Sohn der Vermieter z. B. nicht beanstandet (vgl. LG Köln, Urteil vom 30.06.1993 – 10 S 118/93), während die Geltendmachung eines Bedarfs an einer 4 – Zimmer- Wohnung mit ca. 117 m2 Wohnfläche zugunsten des alleinstehenden, sich in der Berufsausbildung befindlichen Sohnes der Vermieterin als weit überhöht angesehen wurde (vgl. LG München I, Urteil vom 23.05.1990 – 14 S 25530/89).

e) Bedarf kann in gleichwertiger Alternativwohnung gedeckt werden

Vermieter, die noch über weiteren Wohnraum verfügen, sollten sich außerdem mit der Frage auseinandersetzen, ob ihr Bedarf ggf. durch die Nutzung dieses Wohnraums gedeckt werden kann. Die Rechtsprechung hält eine Eigenbedarfskündigung nämlich dann für unwirksam, wenn

  • dem Vermieter eine andere freistehende oder freiwerdende Wohnimmobilie zur Verfügung steht,
  • in der er den von ihm bestimmten Wohnbedarf ohne wesentliche Abstriche befriedigen kann (vgl. BVerfG, Urteil vom 14.02.1989 – 1 BvR 308/88), und
  • der Vermieter keine vernünftigen und nachvollziehbaren Gründe dafür anführen kann, nicht in die freie, sondern in die vermietete Wohnung einziehen zu wollen (vgl. BVerfG aaO).

Ist die Alternativwohnung bereits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung frei, fehlt es bereits an dem in § 573 Abs.2 Nr.2 BGB genannten Erfordernis des „Benötigens“.

Wird die Wohnung erst nach dem Zugang der Kündigung, aber vor dem Ende der Kündigungsfrist frei mit der Folge, dass die Kündigungsvoraussetzung „benötigen“ nachträglich entfällt, wird die Kündigung wegen Rechtsmissbrauchs i. S. d § 242 BGB unwirksam, wenn der Vermieter es unterlässt, den Mieter über den Wegfall des Kündigungsgrundes zu informieren und ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses anzubieten (vgl. BGH, Urteil vom 09.11.2005 – VIII ZR 339/04).

Beachte:

Die genannte Informations- und Anbietpflicht trifft den Vermieter in allen Fällen, in denen der Eigenbedarf nach dem Zugang der Kündigung, aber vor dem Ende der Kündigungsfrist entfällt, ganz gleich aus welchem Grund.

f) Gesteigerte Anforderung bei Zweitwohnung

Besonders vorsichtig sein sollten Vermieter außerdem dann, wenn sie das Mietverhältnis über eine Wohnung kündigen möchten, die sie nur als Zweitwohnung nutzen möchten.

Eine Eigenbedarfskündigung, die mit dem Ziel ausgesprochen wird, einen Zweitwohnsitz zu begründen, ist zwar grds. möglich, aber besonders fehleranfällig. Da der Vermieter bereits über eine Hauptwohnung verfügt, erweist sich der Nutzungswunsch des Vermieters nicht immer als vernünftig und nachvollziehbar. Auch wenn es keine konkrete allgemeingültige Vorgabe für eine Mindestdauer bzw. eine Mindestfrequenz für die Nutzung gibt (vgl. Urteil vom 21.08.2018 – VIII ZR186/17), ist die Dauer und Häufigkeit der vom Vermieter beabsichtigten Nutzung der Zweitwohnung häufig ein entscheidendes Kriterium.

Alle wichtigen Informationen zur dieser Problematik und einen Überblick über die einschlägige Rechtsprechung erhalten Sie in unserem Beitrag: „Eigenbedarf für Zweitwohnung: Was sagt die Rechtsprechung?“.

6. Notwendige Angaben im Kündigungsschreiben fehlen

Auch wenn die materiellen Voraussetzungen des § 573 Abs.2 Nr.2 BGB für eine Eigenbedarfskündigung vorliegen, scheitert die wirksame Beendigung des Mietverhältnisses nicht selten daran, dass das Kündigungsschreiben des Vermieters keine den gesetzlichen Anforderungen genügende Begründung enthält. Gem. 573 Abs.3 S.1 BGB sind die Gründe für das berechtigte Interesse des Vermieters in dem Kündigungsschreiben anzugeben. In vielen Kündigungsschreiben begegnet man einer Begründung, die sich auf die Angabe beschränkt anzugeben, die Kündigung erfolge „wegen Eigenbedarfs gem. § 573 Abs.2 Nr.2 BGB“ oder „der Vermieter benötige die Wohnung für sich“. Ein bloßer Hinweis auf § 573 Abs.2 Nr.2 BGB genügt ebenso wenig wie die reine Wiederholung des Gesetzeswortlauts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.01.1992 – 1 BvR 1319/91). Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH (vgl. z.B. das Urteil des BGH vom 17.03.2010 – VIII ZR 70/09) sind die Anforderungen an die Begründungspflicht bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs nur dann erfüllt, wenn im Kündigungsschreiben sowohl die Person(en) angegeben ist bzw. sind, für die der Wohnraum benötigt wird, als auch ein konkreter Sachverhalt (Lebensvorgang) dargelegt wird, aus dem sich das Interesse dieser Person(en) an der Erlangung der Wohnung ergibt. Eine Kündigung ohne hinreichende Begründung ist selbst dann formell unwirksam, wenn die materiellen Voraussetzungen für eine Eigenbedarfskündigung tatsächlich vorliegen.

Der Vermieter kann seinen Fehler auch nicht dadurch ausbügeln, dass er die Darlegung wesentlicher Angaben nachträglich vornimmt. § 573 Abs.3 S.2 BGB bestimmt nämlich, dass Gründe, die nicht im Kündigungsschreiben enthalten sind, nur berücksichtigt werden können, wenn sie nachträglich, also nach dem Ausspruch der Kündigung, entstanden sind. Sofern dies nicht der Fall ist, bleibt die Kündigung unwirksam mit der Folge, dass eine erneute Kündigung mit hinreichender Begründung ausgesprochen werden muss (vgl. LG Aachen, Urteil vom 23.07.1982 – 3 S 160/82), durch die auch die Kündigungsfrist neu in Gang gesetzt wird.

Jeder Vermieter ist daher gut beraten, sein Kündigungsschreiben mit allen konkreten Sachverhaltsangaben zu versehen, die es einem Dritten ermöglichen, die Kündigung überschlägig auf ihre Berechtigung zu überprüfen, ihm dadurch Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen, wie z. B. die Einlegung eines Widerspruchs, zu veranlassen (vgl. BGH, Beschluss vom 09.02.2021 – VIII ZR 346/19- zum Zweck des Begründungserfordernisses).

Beachte:

Dass die Angabe aller wesentlichen Tatsachen, aus denen sich das Nutzungs- bzw. Überlassungsinteresse des Vermieters ergibt, bereits im Kündigungsschreiben erfolgt, ist nicht nur deshalb wichtig, um die (formelle) Wirksamkeit der Kündigung zu gewährleisten, sondern hat darüber hinaus auch in denjenigen Fällen eine große Bedeutung, in denen mit einem Widerspruch des Mieters gem. § 574 BGB zu rechnen ist. Im Rahmen der gem. § 574 Abs.1 BGB erforderlichen Interessenabwägung werden nämlich zu Gunsten des Vermieters gemäß § 574 Abs.3 BGB nur solche Umstände berücksichtigt, die im Kündigungsschreiben angegeben sind, es sei denn, sie sind nachträglich (nach dem Ausspruch der Kündigung) entstanden.

7. Kündigungsschreiben ist nicht von allen Vermietern unterschrieben oder geht nicht allen Mietern zu

Ein weiterer vermeidbarer Fehler, der manchen Vermietern bei einer Eigenbedarfskündigung unterläuft, besteht darin, dass nur einer von mehreren Vermietern das Kündigungsschreiben unterschreibt. Auch dann, wenn nur ein Vermieter während des Mietverhältnisses die Korrespondenz mit dem Mieter geführt und die Mietverwaltung betrieben hat, ist die Kündigung nur wirksam, wenn das Kündigungsschreiben von allen Vermietern unterzeichnet wird. Selbstverständlich ist auch bei der Eigenbedarfskündigung eine Stellvertretung i. S. d. § 164 BGB möglich. Dass dem Vermieter, der die Kündigung verfasst und unterschreibt, von dem bzw. den übrigen Vermieter(n) intern Vertretungsmacht zur Kündigung erteilt wurde, reicht jedoch für eine wirksame Stellvertretung nicht aus. Gem. § 164 Abs.2 BGB ist es für eine Stellvertretung darüber hinaus außerdem erforderlich, dass der Vermieter in für den Mieter erkennbarer Weise auch im Namen der übrigen Vermieter handelt. Anders als bei sonstigen, nicht formbedürftigen Willenserklärungen, reicht es bei der Kündigung eines Mietverhältnisses, die gem. § 568 Abs.1 BGB der Schriftform genügen muss, außerdem nicht aus, dass das Handeln in fremdem Namen auf irgendeine Weise aus den Umständen ergibt. Die Vertretung ist vielmehr nur dann wirksam, wenn sich das Handeln in fremdem Namen aus dem Kündigungsschreiben selbst ergibt (vgl. AG Berlin – Mitte, Urteil vom 28.09.2023 – 25 C 32/23). Vertritt z.B. ein Ehepartner den anderen, genügt es für die Offenlegung in der Regel nicht, dass auch derjenige Vermieter, der die Kündigung nicht unterzeichnet hat, im Kopf des Briefes aufgeführt oder in einem Einleitungssatz genannt ist (vgl. BGH, Urteil vom 22.02.1994 – LwZR 4/93).

Auch bei einer Personenmehrheit auf der Seite der Mieter unterlaufen vielen Vermietern im Falle einer Eigenbedarfskündigung schnell vermeidbare Fehler. In dieser Konstellation ist es für die wirksame Kündigung nämlich erforderlich, dass das Kündigungsschreiben an alle Mieter gerichtet ist und vor allem auch allen Mietern zugeht (vgl. LG München I, Endurteil vom 12.10.2016 – 14 S 6395/16). In den üblichen Fällen, in denen alle Mieter die Wohnung auch tatsächlich bewohnen, kommt es zwar eher selten zu Problemen, da es hier für den Zugang der Kündigung in der Regel genügt, dass das an alle Mieter gerichtete Kündigungsschreiben in den Briefkasten der Mietwohnung gelangt. Umso öfter scheitert die Wirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung aber dann, wenn die Wohnung von mehreren Mietern angemietet wurde, von denen aber nicht alle tatsächlich ihren Wohnsitz in der Wohnung haben, sei es, weil ein Mieter nach einer Trennung ausgezogen ist, oder aber auch in den Fällen, in denen beispielsweise ein Elternteil zusammen mit seinem nicht zahlungskräftigen Kind die Wohnung angemietet hat, um dem Vermieter hierdurch die nötige Sicherheit zu bieten. In diesen Fällen reicht es nicht, die Kündigung an die Anschrift der Wohnung zu versenden oder in den dortigen Briefkasten zu werfen. Der Vermieter hat vielmehr Sorge dafür zu tragen, dass das Kündigungsschreiben auch dem bzw. den Mietern, die nicht in der Wohnung wohnen, zugeht, d.h. derart in dessen bzw. deren Herrschaftsbereich gelangt, dass diese unter gewöhnlichen Umständen davon Kenntnis nehmen können (vgl. LG München I, Endurteil vom 12.10.2016 – 14 S 6395/16). Die jeweiligen – in der Regel getrennten – Kündigungsschreiben müssen den jeweiligen Mietern außerdem zwar nicht gleichzeitig, aber in einem engen zeitlichen Zusammenhang (von in der Regel nicht mehr als einem Monat) zugehen. Der geforderte zeitliche Zusammenhang der separaten Kündigungen ist jedenfalls dann nicht mehr gewahrt, wenn zwischen dem Zugang der Kündigungserklärung des einen Mieters beim Vermieter und dem Zugang der Kündigungserklärung des anderen Mieters beim Vermieter ein Zeitraum liegt, der dazu führt, dass unterschiedliche Beendigungszeitpunkte gegeben wären. (vgl. AG Neu-Ulm Urteil vom 06.04.2016 – 5 C 228/16- zum umgekehrten Fall, in dem mehrere Mieter dem Vermieter gegenüber mit separaten Kündigungsschreiben kündigen).

In bestimmten Ausnahmefällen, in denen das Kündigungsschreiben einem bereits ausgezogenen Mieter nicht zugeht, versagt die Rechtsprechung es den Mietern allerdings wegen Rechtsmissbrauchs (vgl. § 242 BGB), sich auf den fehlenden Zugang bei dem ausgezogenen Mieter zu berufen. Dies ist nach der Rechtsprechung insbesondere dann der Fall, wenn der Mieter bereits viele Jahre zuvor ausgezogen ist, ohne dies dem Vermieter mitzuteilen und seine Anschrift mitzuteilen, und er seine Rechtsposition als Mieter nicht „gelebt“ hat, sondern diese nur formal auf dem Papier besteht. In diesen Fällen besteht in der Regel kein schutzwürdiges Interesse der Parteien, die Kündigung auch dem ausgezogenen Mieter zugehen zu lassen (vgl. BGH, Hinweisbeschluss vom 14.09.2010 – VIII ZR 83/10; LG Frankfurt a. M. Urteil vom 11.06.2018 – 2/11 S 9/18). Derartige Fälle stellen aber eine absolute Ausnahme dar, auf deren Eingreifen sich kein Vermieter verlassen sollte.

8. Länge der Kündigungsfrist wird verkannt

Ein böses Erwachen gibt es für Vermieter, die eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen haben, manches Mal auch dann, wenn sie die Länge der einzuhaltenden Kündigungsfrist falsch eingeschätzt haben und sich herausstellt, dass das Mietverhältnis gar nicht zum angestrebten Zeitpunkt beendet wird. Die Angabe eines falschen Kündigungstermins im Kündigungsschreiben führt zwar in der Regel nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Vielmehr gilt die Kündigung als zum frühest möglichen Termin ausgesprochen. Die Pläne des Vermieters können aber u. U. dennoch gehörig über den Haufen geworfen werden, wenn er mit seinem Einzug ggf. noch viele weitere Monate warten muss. Um Planungssicherheit zu haben und ggf. nutzlose Investitionen zu vermeiden, ist dem Vermieter dringend zu raten, sich vor dem Ausspruch der Kündigung zu vergewissern, welche Kündigungsfrist er einzuhalten hat. Während den meisten Vermietern bekannt ist, dass sich die Länge der Kündigungsfrist für sie als Vermieter nach der Dauer des Mietverhältnisses richtet und die in § 573c Abs.1 S.1 BGB geregelte Dreimonatsfrist sich gem. § 573c Abs.1 S.2 BGB nach Ablauf von fünf Jahren seit der Überlassung der Wohnung an den Mieter auf sechs Monate und nach Ablauf von acht Jahren auf neun Monate verlängert, kommt es zu einer Fehleinschätzung oft hingegen dann, wenn ein sog. Altmietvertrag vorliegt, der bereits vor der – am 01.09.2001 in Kraft getretenen -Mietrechtsreform geschlossen wurde. Haben die Parteien in solch einem Fall die damals geltende gesetzliche Kündigungsfrist des § 565 Abs.2 S.1 und 2 BGB a. F. vertraglich vereinbart, die eine weitere Stufe der Fristverlängerung enthielt und vorsah, dass sich die Kündigungsfrist nach Ablauf von zehn Jahren seit der Überlassung der Wohnung an den Mieter auf zwölf Monate verlängert, ist der Vermieter trotz der Abschaffung des § 565 BGB a.F. weiterhin an diese Vereinbarung gebunden (vgl. BGH, Urteil vom 12.03. 2008 – VIII ZR 71/07).

9. Fazit

Die meisten Fehler, die Vermietern häufig beim Ausspruch einer Eigenbedarfskündigung unterlaufen, sind vermeidbar. Der Aufwand, der betrieben werden muss, um sicherzustellen, dass Fehler vermieden werden, ist in Anbetracht dessen, dass beiden Parteien dadurch viel Streit und Ärger erspart bleibt, verhältnismäßig gering. Auch wenn die Verlockung für den einen oder anderen Vermieter durchaus groß ist, sollte der Vermieter nicht nur Fehler vermeiden, sondern auch unbedingt der Versuchung widerstehen, den Eigenbedarf bewusst nur vorzutäuschen. Fliegt dies auf, kann die Täuschung gravierende Folgen für den Vermieter haben. Der Vermieter macht sich hierdurch nämlich nicht nur gegenüber dem Mieter schadensersatzpflichtig, sondern u.U. auch wegen Betruges gem. § 263 StGB strafbar.

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