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Eigenbedarf nach Zwangsversteigerung – So gehen Erwerber am besten vor

Der Erwerb einer Immobilie im Rahmen einer Zwangsversteigerung ist für den Erwerber oft mit einem hohen Risiko verbunden. Nicht selten kommt es nämlich vor, dass dieser vor dem Erwerb keine Gelegenheit hat, diese zu besichtigen. Besonders nachteilig wirkt es sich für den Erwerber darüber hinaus außerdem aus, wenn die Immobilie vermietet ist. In einer Vielzahl von Fällen wird insbesondere Wohnraum im Rahmen einer Zwangsvollstreckung nämlich nicht als Geldanlage, sondern zu dem Zweck erworben, selbst dort einzuziehen. Für viele Erwerber gibt es ein böses Erwachen, wenn sie nach dem Erwerb der Immobilie feststellen müssen, dass sich dieser Wunsch nicht so einfach realisieren lässt, wie zunächst gedacht.

Dieser Beitrag soll Erwerber, die Eigenbedarf an der erworbenen Immobilie geltend machen wollen, darüber aufklären, welche Rechte ihnen zustehen, welchen Einschränkungen sie unterliegen und wie sie ihren Nutzungswunsch am Besten in die Tat umsetzen.

I. Auch im Rahmen der Zwangsversteigerung gilt der Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“

Viele Erwerber unterliegen dem Irrglauben, sie würden die Immobilie im Wege der Zwangsversteigerung frei von Rechten Dritter erwerben. Dem ist jedoch nicht so. Zwar erlöschen mit dem Zuschlag dingliche Rechte Dritter, die dem Recht des Erwerbers im Rang vorgehen (vgl. §§ 44, 52 Abs. 1 S.2, 90 und 91 Abs. 1 ZVG). Was das Nutzungsrecht eines Mieters an der versteigerten Wohnimmobilie anbelangt, gilt jedoch, dass das Mietverhältnis mit dem Eigentumswechsel nicht endet. Das Gesetz schützt den Mieter, der die Zwangsversteigerung weder zu verantworten hat noch diese verhindern kann, und erklärt gem. § 57 ZVG die Vorschrift des § 566 BGB, die unmittelbar nur für Fälle einer rechtsgeschäftlichen Übertragung des Eigentums gilt, für entsprechend anwendbar. Gem. § 566 Abs. 1 BGB tritt der Erwerber vermieteten Wohnraums anstelle des bisherigen Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein, wenn der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert wird. Auch im Falle des Erwerbs im Wege der Zwangsversteigerung gilt daher, dass das Mietverhältnis zwischen dem Mieter und dem Erwerber fortgesetzt wird.

II. Für den Erwerber ist grds. der Inhalt des bestehenden Mietvertrages maßgeblich

Aus der Tatsache, dass der Erwerber gem. § 57 ZVG i. V. m. § 566 Abs. 1 BGB in das Mietverhältnis eintritt, folgt auch, dass für das Verhältnis zwischen dem Erwerber und dem Mieter der Inhalt des zwischen dem bisherigen Vermieter und dem Mieter geschlossenen Mietvertrages maßgeblich ist. Dies gilt selbst dann, wenn der Erwerber von diesem im Zeitpunkt des Erwerbs keine Kenntnis hatte. Einen „gutgläubigen Erwerb“ in dem Sinne, dass unbekannte Vertragsbedingungen dem Erwerber gegenüber keine Geltung haben, gibt es nicht.

Haben die Parteien im Mietvertrag z.B. vereinbart, dass der Vermieter auf sein Recht, das Mietverhältnis ordentlich zu kündigen, für eine bestimmte Zeit verzichtet, wirkt dieser Verzicht grds. auch zu Lasten des Erwerbers. Auch eine wirksame Befristung, die einer ordentlichen Kündigung entgegensteht, muss der Erwerber gegen sich gelten lassen. Einfluss auf die vom Vermieter im Falle einer ordentlichen Kündigung einzuhaltende Kündigungsfrist hat außerdem die bisherige Laufzeit des Mietverhältnisses. Diese verlängert sich nämlich gem. § 573c Abs. 1 S. 2 BGB von drei auf sechs bzw. neun Monate, wenn seit der Überlassung des Wohnraums an den Mieter fünf bzw. acht Jahre vergangen sind. Haben die Parteien eine Vereinbarung getroffen, nach der für den Vermieter längere als die gesetzlichen Kündigungsfristen gelten, ist auch der Erwerber an die Vereinbarung gebunden.

III. Ausnahme von der Bindung an den Mietvertrag: Sonderkündigungsrecht des Erwerbers gem. § 57a ZVG

Die uneingeschränkte Anwendung des zuvor geschilderten Grundsatzes, dass der Erwerber das Mietverhältnis nur zu den Bedingungen kündigen kann, wie es auch sein Rechtsvorgänger gedurft hätte, würde insbesondere in Fällen, in denen das Mietverhältnis befristet ist oder ein Kündigungsverzicht vereinbart wurde, dazu führen, dass der Erwerber ggf. für einen sehr langen Zeitraum keine Möglichkeit hätte, das Mietverhältnis zu beenden und den mit dem Erwerb verbundenen Zweck, dort selbst zu wohnen, zu realisieren. Dass derjenige, der als Erwerber in den Mietvertrag eintritt, den Beschränkungen unterliegt, die auch für den bisherigen Vermieter gelten, ist zwar grds. vom Gesetzgeber so gewollt. Im Falle des Erwerbs einer Immobilie im Wege der Zwangsversteigerung ist der Ersteher aber insbesondere deshalb besonders schutzwürdig, weil er oft keine Möglichkeit hat, sich vor dem Erwerb Kenntnis von den Bedingungen des Mietvertrages zu verschaffen, in den er eintritt. Aus diesem Grund gesteht das Gesetz dem Erwerber gem. § 57a ZVG ein Sonderkündigungsrecht zu. Gem. § 57a S.1 ZVG ist der Ersteher berechtigt, das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Die Kündigung ist jedoch gem. § 57a S.2 ZVG ausgeschlossen, wenn sie nicht für den ersten Termin erfolgt, für den sie zulässig ist.

IV. Diese Erleichterungen bringt das Sonderkündigungsrecht mit sich

Die Erleichterung, die das Sonderkündigungsrecht für den Erwerber mit sich bringt, besteht je nach Fallgestaltung darin, dass

  • das Mietverhältnis gem. § 573d Abs. 2 S. 1 BGB bzw. § 575a Abs. 3 S. 1 BGB stets mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist gekündigt werden kann, und zwar auch dann, wenn diese gem. § 573c Abs. 1 S. 2 BGB an sich sechs oder neun Monate betrüge oder die Parteien eine längere Kündigungsfrist vereinbart haben,
  • ein befristetes Mietverhältnis vor Ablauf der Befristung gekündigt werden kann und
  • die Kündigung trotz eines für den bisherigen Vermieter geltenden Kündigungsverzichts möglich

V. Diese Einschränkungen gelten auch für das Sonderkündigungsrecht des Erwerbers

Der Wortlaut des § 57a ZVG, der keine materiellen Voraussetzungen für das Sonderkündigungsrecht enthält, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieses dem Erwerber die Kündigung nur in zeitlicher Hinsicht erleichtert (vgl. BGH, Beschluss vom 21.04.1982 – VIII ARZ 16/81). Alle sonstigen, dem Schutz des Mieters dienenden Vorschriften finden jedoch Anwendung

Der Erwerber unterliegt insbesondere folgenden Beschränkungen:

1. Der Erwerber muss ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses haben

Wie für jede gewöhnliche ordentliche Kündigung des Vermieters, gilt auch für die auf § 57a ZVG gestützte Kündigung des Erwerbers, dass er das Mietverhältnis nur beenden kann, wenn er ein berechtigtes Interesse i. S. d. § 573 BGB an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Dies ergibt sich für unbefristete Mietverhältnisse aus § 573d Abs. 1 BGB und für befristete Mietverhältnisses aus § 575a Abs. 1 BGB, die jeweils die entsprechende Geltung des § 573 BGB anordnen. Möchte der Erwerber das Mietverhältnis kündigen, um den Wohnraum selbst zu nutzen oder einem Dritten zu überlassen, ist dies nur unter den Voraussetzungen des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB möglich. Der Erwerber muss daher insbesondere einen vernünftigen nachvollziehbaren Grund für seinen Nutzungswunsch haben und den Wohnraum entweder selbst nutzen oder einer Person zur Verfügung stellen wollen, die dem in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB genannten berechtigten Personenkreis angehört. Wenn Sie mehr über die Anforderungen, die an eine wirksame Eigenbedarfskündigung zu stellen sind, erfahren möchten, empfehlen wir Ihnen unser E-Book „Eigenbedarf anmelden.“

2. Vorherige Umwandlung in Wohnungseigentum – Die Kündigungssperrfrist des § 577a BGB gilt auch für den Erwerber

Wurde an einer erworbenen Wohnung nach der Überlassung an den Mieter, aber vor der Zwangsversteigerung Wohnungseigentum begründet, unterliegt auch die auf § 57a ZVG gestützte Kündigung des Erwerbers der Kündigungssperrfrist des § 577a BGB (vgl. BayObLG, Rechtsentscheid vom 10.06.1992 – REMiet 2/92 zur Anwendbarkeit des § 564b Abs. 2 Nr. 2 S. 2 BGB a. F.). Danach kann sich ein Erwerber immer dann, wenn an Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden ist, auf berechtigte Interessen im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 BGB erst nach Ablauf von drei Jahren seit der Veräußerung berufen. Unter einer Veräußerung ist zwar grds. ein auf Rechtsgeschäft beruhender Eigentumsübergang zu verstehen. Als Veräußerung i. S. d. § 577a Abs. 1 BGB ist jedoch auch der Zuschlag von Wohnungseigentum im Wege der Zwangsversteigerung anzusehen (vgl. BayObLG, Rechtsentscheid vom 10.06.1992 – REMiet 2/92).

3. Dem Mieter steht unter bestimmten Voraussetzungen ein Widerspruchsrecht zu

Anders als § 573d BGB, der für unbefristete Mietverhältnisse die insbesondere für das Sonderkündigungsrecht aus § 57a ZVG erforderlichen Voraussetzungen umschreibt, es vermuten lässt, kommt auch die Sozialklausel des § 574 BGB im Falle einer auf § 57a ZVG gestützten Kündigung zur Anwendung (vgl. BT-Drucks. 14/4553 S.68; BGH, Beschluss vom 21.04.1982 – VIII ARZ 16/81- zu § 556a BGB a.F.) Der Mieter kann daher gem. § 574 Abs. 1 BGB der Kündigung des Erwerbers widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Für befristete Mietverhältnisse gilt dies gem. § 575a Abs. 2 BGB mit der Maßgabe, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses höchstens bis zum vertraglich bestimmten Zeitpunkt der Beendigung verlangt werden kann.

VI. Das Sonderkündigungsrecht steht dem Erwerber nur für kurze Zeit zu

Die oft übersehene, aber wichtigste Bedingung, an die das Gesetz die Wirksamkeit der auf § 57a ZVG gestützten Kündigung knüpft, enthält § 57a ZVG in dessen S.2. Danach ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn sie nicht für den ersten Termin erfolgt, für den sie zulässig ist.

Wann dieser erstmögliche Kündigungstermin ist, hängt davon ab, wann das Eigentum auf den Erwerber durch die Verkündung des Zuschlags (vgl. §§ 89, 90 Abs. 1 ZVG) übergeht.

Gem. § 573d Abs. 2 S. 1 BGB bzw. § 575a Abs. 3 S. 1 BGB kann der Erwerber das Mietverhältnis durch eine Kündigung, die dem Mieter spätestens am 3. Werktag eines Monats zugeht, zum Ablauf des übernächsten Monats beenden. Die strikte Anwendung des § 57a S.2 ZVG hätte zur Folge, dass der Erwerber immer dann, wenn die rein theoretische Möglichkeit besteht, dem Mieter die Kündigung bis zum nächsten 3. Werktag eines Monats zugehen zu lassen, auch dann kündigen muss, wenn er noch keine Gelegenheit hatte, sich über das Für und Wider einer Kündigung klar zu werden. Um übereilte, nicht durchdachte Kündigungen zu vermeiden, wird von dem Erwerber daher grds. nicht verlangt, dass er die Kündigung bis zum 3. Werktag eines Monats ausspricht, wenn ihm der Zuschlag am 1. oder 2. Werktag desselben Monats oder an einem der letzten Tage des vorherigen Monats erteilt worden ist. Dem Erwerber muss Gelegenheit eingeräumt werden, die Sach- und Rechtslage zu überprüfen und sich über Umstände zu informieren, die für oder gegen ein Verbleiben des Mieters in der Wohnung sprechen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.09.2002 – 10 U 66/02). Ein Freibrief für langes Zuwarten ist dies jedoch nicht. Als erster zulässiger Termin i. S. d. § 57a S.2 ZVG ist vielmehr je nach den Umständen des Einzelfalls derjenige Termin anzusehen, für den die Kündigung dem Erwerber ohne vorwerfbares Zögern möglich ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.09.2002 – 10 U 66/02).

VII. Erster zulässiger Kündigungstermin verpasst – Was nun?

Hat der Erwerber es versäumt, die Kündigung zum erst möglichen Termin auszusprechen, muss dies noch nicht bedeuten, dass eine Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr möglich ist. Folgende Möglichkeiten der Beendigung kommen dennoch in Betracht:

1. Ordentliche Kündigung gem. §§ 573 Abs. 2 Nr. 2, 573c BGB

  • 57a ZVG verschafft dem Erwerber nur ein zusätzliches, in zeitlicher Hinsicht erleichtertes Kündigungsrecht. Dieses tritt neben die „gewöhnlichen“ Kündigungsrechte, die dem Erwerber auch dann zugestanden hätten, wenn er die Immobilie durch Rechtsgeschäft erworben hätte. Eine Eigenbedarfskündigung kann daher unter den Voraussetzungen des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB grds. auch dann noch erfolgen, wenn der Erwerber von seinem Sonderkündigungsrecht aus § 57a ZVG keinen Gebrauch gemacht hat und auch nicht mehr machen kann. Nur im Falle eines befristeten Mietverhältnisses ist dies ausgeschlossen. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann es jedoch auch beim Vorliegen eines unbefristeten Mietverhältnisses sein, dass der Vermieter
  • gem. § 573c Abs. 1 S. 2 BGB oder auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung des bisherigen Vermieters mit dem Mieter eine Kündigungsfrist von mehr als drei Monaten einzuhalten hat

und /oder

  • abwarten muss, bis die Zeit, für die ein Kündigungsverzicht vereinbart wurde, verstrichen ist.

2. Alternative: Aufhebungsvertrag

Kann eine auf § 57a ZVG gestützte Kündigung nicht mehr erfolgen und ist auch eine Kündigung gem. §§ 573 Abs. 2 Nr. 2, 573c BGB nicht oder nicht zu dem gewünschten Zeitpunkt möglich, sollte der Erwerber stets eine alternative Beendigung durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages in Betracht ziehen. Die Kündigung stellt zwar die häufigste, nicht jedoch die einzige Möglichkeit dar, ein Mietverhältnis zu beenden. Die Parteien eines Mietvertrages haben stets die Möglichkeit, das Mietverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen zu beenden. Antworten auf die Frage, wie ein Anreiz für den Mieter geschaffen werden kann, sich hierauf einzulassen und welchen Inhalt ein Aufhebungsvertrag aufweisen sollte, finden Sie in unserem Beitrag: „Mietaufhebungsvertrag: umfangreicher Ratgeber + Muster.“

VIII. Checkliste für Erwerber – So gehen Sie am besten vor

1. Versuchen Sie, sich -soweit möglich- bereits vor dem Versteigerungstermin so viele Informationen wie möglich darüber zu verschaffen, ob, an wen, seit wann und zu welchen Bedingungen die zur Versteigerung stehende Immobile vermietet ist und wann an dieser ggf. in der Vergangenheit Wohnungseigentum begründet worden ist. Die wichtigste Informationsquelle hierfür ist die Versteigerungsakte. Diese können Sie auf der Geschäftsstelle des zuständigen Amtsgerichts einsehen. In der Versteigerungsakte befindet sich in der Regel ein Verkehrswertgutachten, aus dem sich der geschätzte Wert der Immobilie ergibt und bei dessen Ermittlung auch die Vermietungssituation eine Rolle spielt.

2. Klären Sie, um wichtige Zeit zu sparen, ebenfalls bereits vor dem Versteigerungstermin, ob eine Kündigung Ihrerseits die Anforderungen des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB erfüllt. Denn dieser kommt auch im Falle einer auf das Sonderkündigungsrecht gem. § 57a ZVG gestützten Kündigung zur Anwendung.

3. Wenn und soweit eine Informationsbeschaffung über das Ob und Wie der Vermietung, die Laufzeit des Mietverhältnisses, die Person des Mieters sowie den Zeitpunkt einer etwaigen Begründung von Wohnungseigentum vor der Erteilung des Zuschlags nicht möglich war, sollten Sie dies nach dessen Vornahme als legitimierter Eigentümer unverzüglich nachholen. Als verlässliche Informationsquelle kommen der Voreigentümer oder dessen Verwalter in Betracht.

4. Ergibt die gem. Zf. 1-3 vorgenommene Prüfung, dass eine Vermietung vorliegt, eine Eigenbedarfskündigung die Anforderungen des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB erfüllt, keine Sperrfrist gem. § 577a BGB eingreift und entweder

  • ein befristetes Mietverhältnis vorliegt oder
  • für ein unbefristetes Mietverhältnis ein noch andauernder Kündigungsverzicht zu Lasten des Vermieters vereinbart wurde oder
  • die Kündigungsfrist auf Grund vertraglicher Vereinbarung oder wegen der mindestens fünfjährigen Laufzeit des Mietverhältnisses mehr als drei Monate beträgt,

sollten Sie die Kündigung dem Mieter so schnell wie möglich, spätestens bis zum nächsten 3. Werktag des bereits begonnenen oder unmittelbar bevorstehenden Monats zugehen lassen.

Ist eine Kündigung auch, ohne auf § 57a ZVG zurückgreifen zu müssen, mit der dreimonatigen Kündigungsfrist des § 573c Abs. 1 S. 1 BGB möglich, kann die Kündigung zwar auch noch zu einem späteren Zeitpunkt ausgesprochen werden. Um den Nutzungswunsch so schnell wie möglich realisieren zu können, empfiehlt es sich jedoch auch in diesem Fall, den Zugang der Kündigung so schnell wie möglich zu bewirken.

5. In dem Kündigungsschreiben sind- auch wenn der Erwerber von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch macht- wie im Falle einer „gewöhnlichen“ Eigenbedarfskündigung die Bedarfsperson und die Umstände zu schildern, aus denen sich der vernünftige nachvollziehbare Grund für den Nutzugswunsch ergibt. Die Angabe des Kündigungstermins ist insbesondere dann, wenn der Erwerber seine Kündigung auf § 57a ZVG stützt, besonders wichtig, da die Kündigungsfrist oft von denjenigen des § 573c Abs. 1 BGB abweicht. Auch der Hinweis auf das Widerspruchsrecht des Mieters aus § 574 BGB sowie auf die Form- und Fristerfordernisse des § 574b BGB für dessen Ausübung sollten ebenso wenig fehlen, wie ein Widerspruch gegen die Fortsetzung des Mietverhältnisses durch eine Gebrauchsfortsetzung des Mieters nach dem Ablauf der Kündigungsfrist (vgl. § 545 BGB).

Zu empfehlen ist dem Erwerber über diesen für jede Eigenbedarfskündigung geltenden Inhalt hinaus, im Kündigungsschreiben anzugeben, dass die Kündigung auf § 57a ZVG gestützt wird, damit der Mieter gleich erkennen kann, warum die Kündigung trotz Vorliegens eines befristeten Mietverhältnisses, eines Kündigungsverzichts oder an sich längerer Kündigungsfristen zu dem angegebenen Termin zulässig ist.

6. Für den Fall, dass Sie von Ihrem Sonderkündigungsrecht aus § 57a ZVG nicht rechtzeitig Gebrauch gemacht haben und dieses daher verfallen ist, sollten Sie prüfen, ob dennoch eine ordentliche Kündigung gem. § 573 BGB ggf. mit längeren vertraglichen oder gesetzlichen Fristen (vgl. § 573c Abs. 1 S. 2 BGB) oder auch erst nach Ablauf der Dauer eines Kündigungsverzichts möglich ist. Ist dies nicht oder nicht zeitnah möglich, sollten Sie auch überlegen, ob ein Aufhebungsvertrag eine sinnvolle Alternative der Vertragsbeendigung darstellt.

IX. Fazit und Zusammenfassung

1. Erlangt ein Erwerber das Eigentum an einer Immobilie durch den Zuschlag im Rahmen einer Zwangsversteigerung und ist die Immobilie vermietet, tritt der Erwerber in das bestehende Mietverhältnis ein.

2. Der Erwerber ist grds. an alle zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Zuschlagsbeschlusses geltenden Vertragsbedingungen gebunden. Dies gilt auch für solche Bedingungen, die die Möglichkeit der Beendigung des Mietverhältnisses betreffen bzw. einschränken.

3. Dem Erwerber steht allerdings gem. § 57a ZVG ein Sonderkündigungsrecht zu, das ihm die Kündigung in zeitlicher Hinsicht insoweit erleichtert, als er das Mietverhältnis auch dann mit einer Frist von drei Monaten kündigen kann, wenn

  • ein befristetes Mietverhältnis vorliegt,
  • zu Lasten des Vermieters ein noch andauernder Kündigungsverzicht vereinbart wurde oder
  • die Kündigungsfrist auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung oder auf Grund der mindestens fünfjährigen Laufzeit des Mietverhältnisses drei Monate übersteigt.

4. Das Sonderkündigungsrecht erleichtert dem Erwerber die Kündigung nur in zeitlicher Hinsicht. Auch für die auf § 57a ZVG gestützte Kündigung bedarf es eines berechtigten Interesses für die Beendigung des Mietverhältnisses, das im Falle einer Eigenbedarfskündigung einen vernünftigen nachvollziehbaren Grund für den Nutzungswunsch erfordert.

5. Dem Erwerber steht dieses Sonderkündigungsrecht nur zu dem erstmöglichen Kündigungstermin zur Verfügung. Eine angemessene Überlegungs- und Prüffrist ist ihm allerdings zuzugestehen.

6. Hat der Erwerber es versäumt, von seinem Sonderkündigungsrecht rechtzeitig Gebrauch zu machen, ist -sofern kein befristetes Mietverhältnis vorliegt- eine ordentliche Kündigung grds. weiterhin zulässig. Der Erwerber muss allerdings damit rechnen, dass dies erst zu einem (sehr viel) späteren Zeitpunkt möglich ist. Insbesondere in Fällen eines Kündigungsverzichts oder längerer Kündigungsfristen kann auch der Abschluss eines Aufhebungsvertrages eine sinnvolle Alternative der Vertragsbeendigung darstellen.

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