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Eigenbedarf für Zweitwohnung: Was sagt die Rechtsprechung?

In Deutschland ist die Wohnungsnot vielerorts groß. Daher kommt es eher selten vor, dass eine Person oder ein Haushalt gleich zwei Wohnungen bewohnt. Während sich die wenigsten Mieter in Anbetracht der hohen Mieten zwei Mietwohnungen leisten können, ist das Phänomen der Zweitwohnung allerdings dann öfter anzutreffen, wenn es sich bei der Zweitwohnung um eine Eigentumswohnung handelt, für die keine Miete gezahlt werden muss. Da die wenigsten Eigentümer eine Zweitwohnung dauerhaft benötigen, sondern diese phasenweise vermieten, bleibt es nicht aus, dass der Eigentümer bzw. Vermieter seinem Mieter eine Eigenbedarfskündigung aussprechen muss, wenn er die vermietete Wohnung selbst nutzen möchte. Anders als in gewöhnlichen Fällen, in denen der Vermieter die gekündigte Wohnung als alleinigen Wohnsitz benötigt, erscheint es im Falle einer Eigenbedarfskündigung, die dem Vermieter einen zweiten Wohnsitz ermöglichen soll, zumindest aus der Sicht des Mieters oft bedenklich, dass er selbst seine einzige Wohnung verliert, während der Vermieter, der bereits eine Wohnung hat und diese auch weiterhin nutzen kann, das Recht haben soll, ihm mit dem Ziel, einen Zweitwohnsitz zu begründen, zu kündigen. Trotz dieser berechtigten Bedenken auf der Mieterseite gesteht die Rechtsprechung dem Vermieter allerdings dennoch grds. ein entsprechendes Kündigungsrecht zu, macht die Wirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung, die mit dem Ziel erfolgt, die Wohnung als Zweitwohnung zu nutzen, aber von gewissen Voraussetzungen abhängig. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die einschlägige Rechtsprechung zu diesen Voraussetzungen.

I. Allgemeine Voraussetzungen für eine Eigenbedarfskündigung – Der Bedarfsgrund

Gemäß § 573 Abs.2 Nr. 2 BGB liegt Eigenbedarf vor, wenn der Vermieter die Räume für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Dieser Formulierung lässt sich nur schwer entnehmen, welche Voraussetzungen für eine wirksame Eigenbedarfskündigung vorliegen müssen bzw. welche Anforderungen an das „Benötigen“, und damit an den Bedarfsgrund zu stellen sind. Die Rechtsprechung hat diese Vorschrift daher konkretisiert und die Anforderungen dadurch nicht sehr hoch geschraubt. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH ist es daher nicht erforderlich, dass der Vermieter sich in einer Notlage befindet. Erforderlich ist lediglich, dass der Vermieter vernünftige nachvollziehbare Gründe für seinen Nutzungswunsch hat (vgl. BGH, Rechtsentscheid vom 20.01.1988 – VIII ARZ 4/87). Die Anforderungen, die an den Nutzungswunsch gestellt werden, damit er vernünftig und nachvollziehbar ist, sind daher in der Regel nicht allzu hoch. Die Entscheidung des Eigentümers über seinen Wohnbedarf ist grundsätzlich zu achten. Es gilt der Grundsatz, dass die Gerichte ihre Vorstellungen von angemessenem Wohnen und davon, auf welche Art und Weise die Wohnbedürfnisse befriedigt werden können, nicht an die Stelle der Lebensplanung des Vermieters setzen dürfen (vgl. BGH, Hinweisbeschluss vom 21.08.2018 – VIII ZR186/17; BVerfG, Urteil vom 14.02.1989 – 1 BvR 308/88).

II. Gesteigerte Anforderungen bei Eigenbedarf an Zweitwohnung

Dass die Rechtsprechung vernünftige nachvollziehbare Gründe für den Nutzungswunsch des Vermieters für die Wirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung ausreichen lässt und die Wohnbedürfnisse des Vermieters im Grundsatz akzeptiert, bedeutet jedoch keinesfalls, dass jeder Nutzungswunsch des Vermieters diesen zu einer Kündigung wegen Eigenbedarfs berechtigt. Vor allem dann, wenn der Bedarf des Vermieters – wie bei einer beabsichtigten Nutzung der Wohnung als Zweitwohnung – nicht sehr dringlich erscheint, weil der Vermieter bereits einen Wohnsitz hat und diesen auch beibehält, werden sowohl an den Nutzungswunsch als auch an dessen Darlegung im Kündigungsschreiben höhere Anforderungen gestellt.

III. Eigenbedarf an Zweitwohnung – Überblick über die Rechtsprechung

Da sich Mieter im Falle von Eigenbedarf an einer Zweitwohnung öfter als sonst gegen eine Eigenbedarfskündigung zur Wehr setzen, haben sich zwangsläufig auch die Gerichte vermehrt mit deren Zulässigkeit befasst. Auch wenn in jedem Fall die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind, lassen sich jedoch aus der Rechtsprechung gewisse allgemeingültige Grundsätze ableiten. Die folgende Übersicht soll es Vermietern und Mietern erleichtern, die beabsichtigte bzw. erhaltene Eigenbedarfskündigung auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen.

1. Keine allgemeingültige Untergrenze für Dauer und Häufigkeit der Nutzung – BGH, Urteil vom 21.08.2018 – VIII ZR186/17

Die erhöhten Anforderungen, die an den Nutzungswunsch des Vermieters zu stellen sind, wenn er die vermietete Wohnung nur als Zweitwohnung nutzen möchte, resultieren in der Regel daraus, dass die beabsichtige Nutzung in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht auf Dauer angelegt ist und der Vermieter die Wohnung nicht durchgehend, sondern im Wechsel mit seiner Hauptwohnung nutzt. Der BGH hat nichtsdestotrotz mit Urteil vom 21.08.2018 – VIII ZR 186/17- zum wiederholten Mal entschieden, dass der Tatbestand des § 573 Abs.2 Nr. 2 BGB nicht voraussetzt, dass der Vermieter oder eine sonstige bedarfsprivilegierte Person in der Wohnung ihren Lebensmittelpunkt begründen will. Daher könne – so der BGH mit Urteil vom 21.08.2018 – sowohl ein zeitlich begrenzter Bedarf hinsichtlich der Wohnung als auch ein Wohnbedarf, der ggf. zwar nicht von seiner Gesamtdauer her zeitlich begrenzt ist, der aber nicht die ständige, sondern nur eine zeitweise Nutzung der Wohnung umfasst, die Voraussetzungen des „Benötigens“ der Räume „als Wohnung“ erfüllen. Dies bedeutet zwar nicht, dass jede auch noch so kurze Dauer bzw. Frequenz ausreicht, um einen vernünftigen und nachvollziehbaren Grund des Vermieters, die Wohnung als Zweitwohnung zu nutzen, bejahen zu können. Die Festlegung einer konkreten, allgemeingültigen Mindestdauer bzw. Mindestfrequenz verbietet sich allerdings, wie der BGH mit Urteil vom 21.08.2018 betonte. Vielmehr bedarf es in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Umstände einer Prüfung, ob der Nutzungswunsch des Vermieters ernsthaft verfolgt wird, von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen wird und nicht missbräuchlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 21.08.2018 – VIII ZR186/17).

 2. Konkrete Rechtsprechungsbeispiele

a) Eigenbedarfskündigung aus beruflichen Gründen

In einer Vielzahl von Fällen erfolgt eine Eigenbedarfskündigung, die mit dem Ziel ausgesprochen wird, die Wohnung als Zweitwohnung zu nutzen, dann, wenn sich die Arbeitsstätte des Vermieters weit entfernt von seiner Hauptwohnung befindet. Durch den Bezug einer Zweitwohnung am Ort der Arbeitsstätte während der Arbeitszeit soll dann regelmäßig der Weg zum Arbeitsplatz verkürzt werden. Entsprechende Fälle wurden von den Gerichten wie folgt beurteilt:

  • LG Hamburg, Urteil vom 01.03.1994 – 316 S 168/93

In einem Fall, über den das LG Hamburg mit Urteil vom 01.03.1994 – zu entscheiden hatte, kündigte der Vermieter, der seinen Hauptwohnsitz an einem anderen Ort innehatte, das Mietverhältnis über eine Wohnung, die sich in der Nähe seiner Arbeitsstätte befand, wegen Eigenbedarfs mit dem Ziel, die Wohnung als Zweitwohnung sporadisch während seiner Arbeitszeit zu nutzen und dadurch die Wege zu verkürzen. Das LG Hamburg stufte den Nutzungswunsch als vernünftig und nachvollziehbar ein, obwohl der Vermieter sich im Schnitt nur an acht bis zehn Arbeitstagen im Monat am Ort der Mietwohnung aufhielt (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 01.03.1994 – 316 S 168/93). Zur Begründung führte das Gericht aus, es sei dem Vermieter, dem von seinem Arbeitgeber keine Wohnung auf Dauer zur Verfügung gestellt werde, nicht zuzumuten, jeweils ein Hotel aufzusuchen. Entscheidungserheblich sei außerdem, dass der Vermieter verhältnismäßig viele Akten mit sich herumzutragen habe, was bei Hotelaufenthalten lästig sei.

  • LG Berlin, Urteilvom 01.2017 – 18 S 325/15

Ebenfalls auf die Seite der Vermieter schlug sich das LG Berlin mit Urteil vom 19.01.2017 – 18 S 325/15 – in einem Fall, in dem die in Hamburg wohnenden Vermieter einen Zweitwohnsitz in Berlin begründen wollten und die Eigenbedarfskündigung ihrer in Berlin gelegenen Wohnung zum einen damit begründeten, dass sich die eine Vermieterin künftig aus beruflichen Gründen regelmäßig mehrfach im Jahr für längere oder kürzere Zeit und ohne weitere organisatorische Notwendigkeiten beachten zu müssen, in Berlin aufhalten wolle Zum anderen solle – so die Begründung – bei der Wahrnehmung beruflicher Interessen ein privater Wohnbereich vorgehalten werden, in dem auch ein Eheleben mit dem ebenfalls mobil berufstätigen anderen Vermieter – ihrem Ehemann- möglich sei, der beruflich im ganzen Bundesgebiet tätig sei und dann nach Berlin kommen würde.

Während das AG Berlin – Charlottenburg die Räumungsklage der Vermieter mit der Begründung abgewiesen hatte, die Vermieter hätten eine Regelmäßigkeit für jährlich stattfindende Veranstaltungen in Berlin nur von etwa 20 Tagen pro Jahr vorgetragen, woraus sich kein hinreichendes Nutzungsinteresse ergebe, gab das LG Berlin der Klage in der Berufungsinstanz statt. Das Berufungsgericht hielt es für unerheblich, dass nicht feststand, wie viele Tage die Vermieterin zukünftig in Berlin sein werde, und lies es ausreichen, dass gute Gründe dafür sprächen, dass dies mehrfach im Jahr für längere oder kürzere Zeit der Fall sein werde.

  • LG Hamburg, Urteil vom 07.05.1992 – 307 S 409/91

Nicht zu Gunsten des Vermieters entschied hingegen das LG Hamburg mit Urteil vom 07.05.1992 – 307 S 409/91 – in einem Fall, in dem der Vermieter ein Mietverhältnis über eine Wohnung in Hamburg gekündigt hatte und dies damit begründete, er betreibe in Hamburg eine Druckerei, wohne aber rund 37 km entfernt. Dass der Vermieter die Hamburger Wohnung zur mittäglichen Mahlzeit und kurzen Ruhe und auch zu Übernachtungen nutzen wollte, lies das LG Hamburg trotz einer täglichen Arbeitszeit von 13-14 Stunden nicht ausreichen.

  • LG Berlin, Urteilvom 06.2022 – 64 S 340/21

Zur Abweisung einer Räumungsklage – und damit ebenfalls zu Gunsten des Mieters – entschied sich das LG Berlin mit Urteil vom 22.06.2022 – 64 S 340/21- in einem Fall, in dem eine Personengesellschaft Eigenbedarf an einer in Berlin gelegenen Einzimmerwohnung für ihre außerhalb wohnende Gesellschafterin geltend machte. Da das Gericht es nicht als erwiesen erachtete, dass die Wohnung tatsächlich – wie behauptet – von der Gesellschafterin zwei- bis dreimal pro Woche zum Übernachten genutzt werden sollte, um es sich zu ersparen, nachts nach Hause fahren zu müssen, und das Gericht nur eine gelegentliche Nutzung der Wohnung im Ausnahmefall feststellen konnte, verneinte es das Vorliegen eines vernünftigen und nachvollziehbaren Nutzungswunsches und stufte die Kündigung als unwirksam ein.

  • LG Berlin, Urteilvom 06.1996 – 65 S 48/96

Den Rechtsstreit vor dem LG Berlin (vgl. das Urteil vom 04.06.1996 – 65 S 48/96) verloren hat auch ein Vermieter, dessen in Berlin liegende 4 ½ -Zimmer-Wohnung mit 132 m2 Fläche einmal wöchentlich aus beruflichen Gründen von seiner Ehefrau für eine Übernachtung genutzt werden sollte. Ausschlaggebend dafür, dass das Gericht diesen Nutzungswunsch für eine Kündigung wegen Eigenbedarfs nicht ausreichen ließ, war allerdings nicht allein die Tatsache, dass die Wohnung nur als Zweitwohnung genutzt werden sollte, sondern die Größe der Wohnung. Das LG Berlin begründete seine zu Ungunsten des Vermieters ausfallende Entscheidung nämlich damit, dass eine erhebliche Überschreitung des üblichen Wohnbedarfs vorliege. Ob das Gericht den Nutzungswunsch trotz der nur einmal wöchentlich geplanten Nutzung anerkannt hätte, wenn die Wohnung kleiner gewesen wäre, bleibt daher offen.

b. Eigenbedarfskündigung aus sonstigen (privaten) Gründen

Auch wenn berufliche Gründe dominieren, sehen sich Vermieter auch aus privaten Gründen nicht selten veranlasst, eine Eigenbedarfskündigung mit dem Ziel, einen Zweitwohnsitz zu begründen, auszusprechen. Auch mit solchen Fällen hatte sich die Rechtsprechung zu befassen.

  • LG Berlin, Urteil vom 22.08.2013 – 67 S 121/12

Den Wunsch eines Vermieters, ein Mietverhältnis zu beenden, um die Wohnung als Zweitwohnung zu nutzen, hat das LG Berlin mit Urteil vom 22.08.2013 – 67 S 121/12- in einem Fall anerkannt, in dem der mit seiner Familie in Hannover wohnende Vermieter die vermietete, in Berlin gelegene Wohnung als Zweitwohnung beanspruchte, um sich regelmäßig, gegebenenfalls auch kurzfristig in familiärer bzw. häuslicher Atmosphäre mit seiner aus einer früheren nichtehelichen Beziehung stammenden, inzwischen dreizehnjährigen Tochter treffen zu können, die bei ihrer Mutter in Berlin lebte und zu der er eine enge Beziehung hatte, deren Lockerung er befürchtete.Obwohl das Gericht nicht davon ausging, dass der Vermieter den überwiegenden Teil der Woche oder eine bestimmte, bereits jetzt feststehende Anzahl von Tagen im Monat in dieser Wohnung verbringen wird, kam es zu dem Schluss, dass ein Nutzungsinteresse von hinreichendem Gewicht vorlag, das gegenüber dem Interesse der Mieterin am Erhalt der Wohnung überwog.

  • LG Hamburg, Urteil vom 01.03.2001 – 307 S 114/00

Nicht sehr hohe Anforderungen an den Nutzungswunsch der Vermieter stellte das LG Hamburg mit Urteil vom 01.03 2001 – 307 S 114/00- und bejahte das Vorliegen eines zur Eigenbedarfskündigung berechtigenden, vernünftigen und nachvollziehbaren Nutzungswunsches, obwohl die Vermieter nur die Absicht hatten, die herausverlangte Wohnung als “Stadtwohnung” zu nutzen.

  • BGH, Beschluss vom 23.10.2018 – VIII ZR 61/18

Auch wenn der BGH in der Sache nicht endgültig entschied und den Rechtstreit an das Berufungsgericht zurückverwies, beschloss das Karlsruher Gericht mit seinem Beschluss vom 23.10.2018 – VIII ZR 61/18-, dass ein Wunsch, eine Wohnung als Zweitwohnung zu beziehen, auch dann „vernünftig und nachvollziehbar“ sein könne, wenn der Vermieter im selben Anwesen bereits eine Wohnung als Zweitwohnung nutzt und seinen Zweitwohnsitz in die gekündigte Wohnung verlagern wolle. Der Entscheidung lag ein Fall zu Grunde, in dem der zwei Autostunden von der herausverlangten Mietwohnung entfernt beheimatete, betagte Vermieter im selben Anwesen, in dem sich auch die gekündigte Wohnung befand, bereits eine 2-Zimmer -Wohnung als Zweitwohnung nutzte, in Zukunft seinen Zweitwohnsitz jedoch in  die vermietete 3- Zimmer – Wohnung verlagern wollte, um den Kontakt zur Familie der Tochter zu intensivieren, am städtischen Kulturleben wieder stärker teilzunehmen und auch selbst unter angemessenen Bedingungen Besuch, gegebenenfalls auch mehrtägig, empfangen zu können, was in der bereits im Mietobjekt zur Verfügung stehenden kleineren, dunkleren Wohnung seiner Meinung nach nicht möglich sein sollte.

Das LG München hatte in der Vorinstanz mit Urteil vom 24.01.2018 – 14 S 9552/17- ohne hinreichende Beweiserhebung den Nutzungswunsch des Vermieters und dessen geplante Ausdehnung seiner Besuche am Zweitwohnsitz für nicht realisierbar gehalten. Außerdem versagte es dem Vermieter die Berufung darauf, die von ihm bereits als Zweitwohnung genutzte 2 – Zimmer – Wohnung sei zu klein, deshalb, weil er zehn Jahre zuvor bereits eine 3- Zimmer – Wohnung in demselben Anwesen als Zweitwohnung genutzt hatte und freiwillig in die jetzige 2 –Zimmer- Wohnung umgezogen war. Dieses Argument lies der BGH nicht durchgehen und führte in seiner Entscheidung über eine Beschwerde über die nicht zugelassene Revision aus, dieser Umstand könne dem Vermieter nicht auf unabsehbare Zeit entgegengehalten werden. Er sei nicht gehindert, seine Wohnsituation zehn Jahre später erneut zu beurteilen und nunmehr zu einer anderen Einschätzung zu gelangen. Wie das LG München in der Berufungsinstanz nach der Zurückverweisung letztendlich entschieden hat, ist nicht bekannt.

IV. Gesteigerte Anforderungen an die Begründung im Kündigungsschreiben

Die Wirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung steht und fällt mit ihrer Begründung. Das Begründungserfordernis ergibt sich aus § 573 Abs. 3 S. 1 BGB, wonach die Gründe für das berechtigte Interesse des Vermieters in dem Kündigungsschreiben anzugeben sind. Enthält das Kündigungsschreiben keine oder keine hinreichende Begründung, ist die Kündigung formell unwirksam. Ein Recht, Gründe später nachzuschieben, hat der Vermieter gem. § 573 Abs.3 S.2 BGB nur unter engen Voraussetzungen. § 573 Abs.3 S.2 B bestimmt nämlich, dass solche Gründe, die nicht im Kündigungsschreiben angegeben sind, nur berücksichtigt werden, wenn sie nachträglich (also nach dem Ausspruch der Kündigung) entstanden sind.

Der BGH hat mit Urteil vom 17.03.2010 – VIII ZR 70/09- allgemein formuliert, welche Anforderungen an die Begründung bei einer Eigenbedarfskündigung zu stellen sind. Danach muss der Vermieter im Kündigungsschreiben die Personen angeben, für die die Wohnung benötigt wird, und einen konkreten Sachverhalt (Lebensvorgang) darlegen, auf den er das Interesse dieser Personen an der Erlangung der Wohnung stützt.

Die möglichst umfangreiche Darlegung der Gründe im Kündigungsschreiben ist für den Vermieter außerdem deshalb so wichtig, weil nur die dort angegebenen Gründe im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt werden, die vorgenommen wird, wenn der Mieter gem. § 574 BGB Widerspruch einlegt. Insoweit bestimmt § 574 Abs.3 BGB nämlich- wie auch § 573 Abs.3 S.2 BGB -, dass bei der Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nur die in dem Kündigungsschreiben angegebenen Gründe berücksichtigt werden, es sei denn, die Gründe sind nachträglich (also nach dem Ausspruch der Kündigung) entstanden.

Je höher die Anforderungen sind, die an das Nutzungsinteresse des Vermieters gestellt werden, desto konkreter muss der Vermieter seine Gründe auch im Kündigungsschreiben darlegen, um zu verdeutlichen, dass die Anforderungen erfüllt sind.

Jeder Vermieter, der eine Eigenbedarfskündigung mit dem Ziel aussprechen möchte, die Wohnung als Zweitwohnung zu nutzen, sollte daher in jedem Fall die Dauer und Häufigkeit der geplanten Nutzung präzise darlegen. Je nachdem, auf welchen Gründen der Nutzungswunsch basiert, kommen weitere einzelfallbezogene Tatsachen hinzu, die dargelegt werden sollten.

Exemplarisch für den oft vorkommenden Fall, dass sich die Arbeitsstätte des Vermieters weit entfernt von seiner Hauptwohnung befindet, und durch den Bezug einer Zweitwohnung am Ort der Arbeitsstätte der Weg zum Arbeitsplatz verkürzt werden soll, empfehlen sich folgende Angaben:

  • der Grund für den Wunsch, eine Zweitwohnung zu beziehen, nämlich die Verkürzung der Wege zum Arbeitsplatz, der sich am Ort der Wohnung befindet,
  • die Entfernung der Hauptwohnung zum Arbeitsplatz,
  • die Entfernung der Zweitwohnung zum Arbeitsplatz,
  • die Verkehrsanbindung der Hauptwohnung zum Arbeitsplatz,
  • die Verkehrsanbindung der Zweitwohnung zum Arbeitsplatz,
  • der voraussichtliche Umfang der beabsichtigten Nutzung der Zweitwohnung (z.B. Tage pro Woche),
  • die Art der geplanten Nutzung (z.B. für Übernachtungen).

V. Fazit und Zusammenfassung

  1. Eine Eigenbedarfskündigung, die mit dem Ziel ausgesprochen wird, die Wohnung als Zweitwohnung zu nutzen, ist grds. möglich.
  2. Nichtsdestotrotz berechtigt nicht jeder Grund, der dem Wunsch, einen Zweitwohnsitz zu begründen, zu Grunde liegt, zu einer Eigenbedarfskündigung.
  3. Vielmehr muss in jedem konkreten Einzelfall festgestellt werden, ob der Vermieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe für seinen Wunsch, einen Zweitwohnsitz zu begründen, hat.
  4. Entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob der Vermieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe für seinen Wunsch, die Wohnung als Zweitwohnung zu nutzen, hat, sind der Zweck sowie die Dauer und Häufigkeit der vom Vermieter beabsichtigten Nutzung der Zweitwohnung. Eine konkrete allgemeingültige Mindestdauer bzw. Mindestfrequenz gibt es allerdings nicht.
  5. Da der Nutzungswunsch des Vermieters in denjenigen Fällen, in denen er die gekündigte Wohnung nur als Zweitwohnung nutzen möchte, einer besonders strengen Prüfung unterliegt und bei dieser Prüfung nur solche Gründe berücksichtigt werden, die im Kündigungsschreiben angegeben sind, ist jedem Vermieter zu raten, alle Umstände, die seinem Nutzungswunsch Gewicht verleihen, präzise im Kündigungsschreiben anzugeben.

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