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Räumungsklage abwenden (nach der Eigenbedarfskündigung)

Kündigt der Vermieter seinem Mieter wegen Eigenbedarfs, obwohl dieser gar nicht besteht, oder ist die Kündigung aus sonstigen Gründen unwirksam, wird das Mietverhältnis nicht beendet. Der Mieter hat das Recht, in der Wohnung wohnen zu bleiben.

Ist die Eigenbedarfskündigung zwar wirksam, hat der Mieter aber einen wirksamen Widerspruch erhoben, hat er einen Anspruch gegen seinen Vermieter auf Fortsetzung des Mietverhältnisses.

Zieht der Mieter nun nach Ablauf der Kündigungsfrist nach mehrfacher Aufforderung des Vermieters nicht aus, weil die Kündigung unwirksam ist oder er einen Fortsetzungsanspruch hat, muss erdamit rechnen, dass der Vermieter gerichtliche Hilfe in Anspruch nimmt und eine Räumungsklage erhebt. Wir zeigen Ihnen in diesem Beitrag, wie Sie sich erfolgreich gegen eine Räumungsklage verteidigen, und welche Fehler Sie keinesfalls machen dürfen.

Hierbei geht es in erster Linie um die Vorgehensweise, die dem Mieter zu empfehlen ist, wenn er eine Räumungsklage erfolgreich abwenden möchte. Unter welchen Umständen eine Eigenbedarfskündigung unwirksam ist und welche Vorraussetzungen für einen wirksamen Widerspruch des Mieters vorliegen müssen, erfahren Sie in unseren einzelfallbezogenen Artikeln zum Thema „Eigenbedarf“ auf Mietrecht.org.

1. Riskieren Sie kein Versäumnisurteil und verteidigen sich gegen die Räumungsklage

Lässt der Mieter die Räumungsklage unbeachtet und verteidigt sich gegen diese nicht, läuft er Gefahr, dass ein sog. Versäumnisurteil ergeht und er zur Räumung der Wohnung verurteilt wird, obwohl die Kündigung nicht wirksam ist oder ein Fortsetzungsanspruch auf Grund eines wirksam erhobenen Widerspruchs besteht. Bei einem Versäumnisurteil handelt es sich um ein Urteil, dass auf Antrag des Klägers ergeht, wenn der Beklagte in der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist (vgl. § 331 Abs.1 S.1 ZPO) oder trotz Erscheinens nicht zur Sache verhandelt (vgl. § 333 ZPO). Auch schon vor der mündlichen Verhandlung kann ein Versäumnisurteil ergehen, wenn das Gericht ein sog. schriftliches Vorverfahren angeordnet hat, in dem die Parteien ihre gegenseitigen Tatsachen- und Rechtsauffassungen durch Schriftsätze austauschen sollen. Wird der Mieter in diesem Vorverfahren vom Gericht gem. § 276 Abs.1 S.1 ZPO aufgefordert, wenn er sich gegen die Klage verteidigen will, dies binnen einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung der Klageschrift dem Gericht schriftlich anzuzeigen, und kommt er dieser Aufforderung nicht fristgemäß nach, treten die gleichen Rechtsfolgen wie beim Nichterscheinen oder Nichtverhandeln in der mündlichen Verhandlung ein (vgl. § 331 Abs.3 ZPO), d.h. es ergeht ein Versäumnisurteil.

Die Besonderheit eines Versäumnisurteils besteht darin, dass das Gericht allein auf der Grundlage des Tatsachenvortrags des Klägers entscheidet, da dieser gem. § 331 Abs.1 S.1 ZPO als zugestanden anzusehen ist, wenn der Mieter nicht erscheint, nicht verhandelt oder seine Verteidigungsbereitschaft nicht rechtzeitig angezeigt hat.

Trägt der Vermieter (unwahre) Tatsachen vor, aus denen sich- ihre Wahrheit unterstellt- die Wirksamkeit der Kündigung ergäbe, wird der Mieter zur Räumung verurteilt, auch wenn das Mietverhältnis mangels wirksamer Kündigung nicht beendet ist.

Auch im Falle eines wirksam erhobenen Widerspruchs wird der Vermieter diesen in seiner Klagebegründung nicht erwähnen mit der Folge, dass dieser als nicht existent behandelt wird und der Räumungsklage trotz Fortsetzungsanspruchs stattgegeben wird.

2. Erwidern Sie auf die Räumungsklage und tragen Sie alle Umstände vor, aus denen sich die Unwirksamkeit der Kündigung oder Ihr Widerspruchsrecht ergibt

Nicht nur die rechtzeitige Anzeige der Verteidigungsbereitschaft und das Erscheinen und Verhandeln im Termin zur mündlichen Verhandlung sind für eine erfolgreiche Verteidigung gegen eine Räumungsklage des Vermieters entscheidend.

Hat das Gericht ein schriftliches Vorverfahren angeordnet, ist außerdem Folgendes zu beachten:

Gem. § 276 Abs.1 S.2 ZPO setzt das Gericht dem Beklagten mit der Zustellung der Klage regelmäßig eine Frist zur schriftlichen Klagerwiderung, die sich an die Frist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft anschließt und mindestens zwei Wochen beträgt. Mit dieser Klagerwiderung sollte der Mieter alles vortragen, was er gegen die Kündigung einzuwenden hat. Alle Umstände, die im konkreten Fall zu deren Unwirksamkeit führen, sind hierin -wenn möglich mit Beweisangeboten- darzulegen. Ebenso hat der Mieter hier vorzutragen, dass und aus welchen Gründen er einen wirksamen Widerspruch gegen die Kündigung gem. § 574 BGB erhoben hat. Geschieht dies nämlich nicht oder nicht innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist, kann dies zur Folge haben, dass der Mieter mit seinem Vorbringen später ausgeschlossen ist und dieses bei der Entscheidung nicht mehr berücksichtigt wird. Gem. § 296 Abs.1 ZPO sind nämlich Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf der Frist des § 276 Abs. 1 Satz 2 vorgebracht werden, nur zuzulassen, wenn ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Diese sog. Präklusion sollte der Mieter unbedingt verhindern und alle ihm bekannten Tatsachen, aus denen sich die Unwirksamkeit der Kündigung bzw. der wirksame Widerspruch ergibt, innerhalb der gesetzten Frist vortragen.

Beachte: Beabsichtigen Sie, sich gegen die Räumungsklage mit der Begründung zu verteidigen, es liege ein Härtfall vor mit der Folge, dass Sie auf Grund eines Widerspruchs gem. § 574 BGB die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen können, haben Sie -falls dies noch nicht geschehen ist- gem. § 574 b Abs. 2 S.2 BGB dann die Möglichkeit, den Widerspruch ausnahmsweise noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits zu erklären, wenn Ihr Vermieter Sie nicht rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist auf die Möglichkeit des Widerspruchs sowie auf dessen Form und Frist hingewiesen hat.

Kann der Mieter nicht mit Gewissheit einschätzen, ob er die Beweislast für streitige Tatsachen trägt, sollte er- wenn möglich- für sein Vorbringen vorsorglich umfassend Beweis anbieten. Trägt der Vermieter aller Wahrscheinlichkeit die Beweislast, sollte das Beweisangebot allerdings mit dem Zusatz „unter Protest gegen die Beweislast“ erfolgen. Zur Beweislastverteilung vgl. die Ausführungen unter 4.

Tipp für Mieter:

Eine Räumungsklage des Vermieters darf niemals unbeachtet bleiben, auch wenn der Mieter von der Unwirksamkeit der Kündigung überzeugt ist. Die Anzeige der Verteidigungsbereitschaft und die fristgerechte Klagerwiderung im schriftlichen Vorverfahren sind ebenso wichtig wie das Erscheinen und Verhandeln in der mündlichen Verhandlung.

3. Erwägen Sie, eine Räumungsfrist zu beantragen

Zeichnet sich dennoch ab, dass der Vermieter die Klage gewinnt und ein Räumungsurteil ergeht, sollte jeder Mieter in Betracht ziehen, einen Antrag auf Gewährung einer Räumungsfrist zu stellen. Das Gericht gewährt nämlich gem. § 721 Abs.1 S.1 und 2 ZPO unter bestimmten Voraussetzungen eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist, wenn der Mieter dies vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, beantragt.

Die Entscheidung darüber, ob die Räumungsfrist gewährt wird und für welche Dauer sie angeordnet wird, steht im Ermessen des Gerichts. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht das Interesse des Mieters, zumindest zeitweise in der Wohnung zu verbleiben, gegen das Erlangungsinteresse des Vermieters abzuwägen. Entscheidend hierbei ist die Frage, ob bzw. wann dem Mieter zumutbarer Ersatzwohnraum zur Verfügung steht, und ob bzw. wann ihm der Umzug zumutbar ist.

Gewährt das Gericht im Räumungsurteil eine Räumungsfrist, hat dies nicht zur Folge, dass das Mietverhältnis fortgesetzt wird. Der Mieter hat kein vertragliches Recht zur Nutzung der Wohnung. Der Vermieter ist jedoch an der Vollstreckung aus dem Räumungsurteil bis zum Ablauf der Räumungsfrist gehindert (vgl. § 751 Abs.1 ZPO).

4. Beachten Sie die Verteilung der Beweislast

Im Räumungsprozess muss der Vermieter die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für das Bestehen seines Räumungsanspruches darlegen und beweisen. Das bedeutet, dass er – sofern der Mieter diese bestreitet – den Beweis für alle Tatsachen erbringen muss, aus denen sich die Wirksamkeit der Kündigung ergibt. Hierzu zählen an erster Stelle die Tatsachen, die den Eigenbedarf begründen. Im Mittelpunkt vieler Rechtsstreitigkeiten steht der Nutzungs– bzw. Überlassungswille des Vermieters. Auch diese sog. innere Tatsache muss der Vermieter beweisen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.01.1995 – 1 BvR 1420/94).

Der Mieter befindet sich diesbezüglich in der günstigen Lage, dass er das Vorhandensein des Nutzungswillens nicht substantiiert bestreiten, d.h. keine eigene Sachverhaltsdarstellung abgeben muss. Da der Mieter regelmäßig keinen Einblick in die Gedankenwelt des Vermieters hat, genügt ein sog. Bestreiten mit Nichtwissen gem. §138 Abs. 4 ZPO, selbst wenn dieses Bestreiten seine Grundlage in Vermutungen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.01.1995 – 1 BvR 1420/94).

Andere äußere Tatsachen muss der Mieter allerdings substantiiert unter Darlegung konkreter vom Vortrag des Vermieters abweichender Tatsachen bestreiten, um die Beweispflicht des Vermieters auszulösen.

Zu beweisen hat der Vermieter auch, dass die Gründe, aus denen sich der Eigenbedarf ergibt, im Kündigungsschreiben angegeben sind. Ist dies nicht der Fall, werden sie gem. § 573 Abs.3 BGB nämlich nur dann berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind.

Nicht vergessen werden sollte zuletzt, dass auch das Vorliegen einer form– und fristgerechten Kündigung sowie deren Zugang beim Mieter zu den vom Vermieter zu beweisenden Tatsachen gehören.

Tipp für Mieter:

Unterlässt der Mieter es im Prozess, entscheidungserhebliche, seiner Meinung nach unzutreffende vom Vermieter vorgetragene Tatsachen zu bestreiten, hat dies erhebliche Auswirkungen. Gem. § 138 Abs. 3 ZPO sind nämlich Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, als zugestanden anzusehen.

Hat der Mieter einen Widerspruch gem. § 574 BGB erhoben oder tut er dies unter den Voraussetzungen des § 574b Abs.2 S.2 BGB im Räumungsprozess, muss er neben der Einhaltung der für die Erhebung des Widerspruchs vorgeschriebenen Form und der Frist die Tatsachen darlegen und beweisen, aus denen sich ergibt, dass die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn eine nicht zu rechtfertigende Härte bedeuten würde. Für die Tatsachen, die bei der Interessenabwägung Berücksichtigung finden sollen, gilt, dass jede Partei die für sie günstigen Umstände darlegen und beweisen muss.

Beantragt der Mieter eine Räumungsfrist gem. § 721 Abs.1 ZPO, gilt auch hier, dass streitige Tatsachen im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung nur dann zu berücksichtigen sind, wenn die jeweils durch diese begünstigte Partei diese dargelegt und bewiesen hat. Insbesondere das für die Entscheidung oftmals relevante Fehlen einer zumutbaren Ersatzwohnung und die Bemühungen, diese zu finden, hat der Mieter darzulegen und zu beweisen (vgl. LG München I, Beschluss vom 10.03. 2004- 14 T 4140/04).

5. Lassen Sie sich in schwierigen Fällen anwaltlich vertreten

Der Vermieter muss seine Räumungsklage gem. § 23 Nr. 2a GVG, 29a Abs. 1 ZPO bei dem Amtsgericht erheben, in dessen Bezirk sich der Wohnraum des Mieters befindet.

Für die Verteidigung gegen die Räumungsklage besteht daher kein Anwaltszwang. Der Mieter kann vor dem Amtsgericht selbst auftreten, da sich die Parteien gem. § 78 Abs. 1 ZPO nur vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten sowie vor dem Bundesgerichtshof durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen.

In komplizierteren Fällen empfiehlt es sich allerdings dennoch, sich anwaltlicher Hilfe zu bedienen.

6. Nutzen Sie unser Muster für eine Klageerwiderung gegen eine Räumungsklage

…………………………..

……………………………

(Name und Adresse des Mieters)

……………………….

…………………………

(Adresse des Gerichts)

Az.:………….(gerichtliches Aktenzeichen)

…………………, den………. (Ort, Datum)

In dem Räumungsrechtsstreit

….………………(Vermieter) ./. …………….(Mieter)

ggf. Angabe des Prozessbevollmächtigten

zeige ich an, dass ich mich gegen die Klage verteidige. *

Im Termin zur mündlichen Verhandlung werde ich beantragen,

die Klage abzuweisen.

Begründung:

Dem Kläger steht der mit der Klage geltend gemachte Räumungsanspruch nicht zu. Das Mietverhältnis über die Wohnung in der……….-straße …(Hausnummer), Erdgeschoss rechts, in ……………..(Postleitzahl/Ort) ist durch die Kündigung des Klägers vom …..nicht beendet worden. Die Kündigung des Klägers ist unwirksam. Der Kläger hat kein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses i.S.d. § 573 BGB. Der von ihm geltend gemachte Eigenbedarf liegt nicht vor, da er keine vernünftigen nachvollziehbaren Gründe hierfür hat.Der Kläger macht einen weit überhöhten Wohnbedarf geltend, was die Kündigung als missbräuchlich und damit unwirksam erscheinen lässt.

Mit seinem Kündigungsschreiben vom……. führt der Kläger aus, er benötige die gekündigte Wohnung für seinen alleinstehenden, sich in der Berufsausbildung befindenden 19-jährigen Sohn, der einen eigenen Hausstand gründen wolle. Die gekündigte Wohnung, für die der Vermieter zurzeit eine Miete in Höhe von EUR 1200,00 zzgl. Nebenkosten erzielt, hat eine Größe von 117 qm und verfügt über 4 Zimmer.

Beweis: Der als Anlage B 1 beigefügte Mietvertrag vom…………

Die Nutzung einer solchen Wohnfläche durch eine gerade erst volljährig gewordene alleinstehende Person mit niedrigem Einkommen ist objektiv unangemessen. Der Kläger hat in seinem Kündigungsschreiben vom……….keine Gründe angeführt, aus denen sich ergibt, dass bzw. warum sein Sohn auf eine derart große Wohnfläche angewiesen ist. Für den Fall, dass er dies nachholen sollte, können diese Umstände gem. § 573 Abs.3 BGB keine Berücksichtigung mehr finden.

Drei Abschriften der Klageerwiderung sowie die Anlage B 1 liegen bei.

_____________________________

Unterschrift(en) des /der Mieter(s)

* Die Anzeige der Verteidigungsbereitschaft gem. § 276 Abs.1 S.1 ZPO erfolgt hier zusammen mit der Klageerwiderung. Dies muss nicht geschehen. Die Klageerwiderung kann unter Beachtung der Frist des § 276 Abs.1 S.2 ZPO ebenso gut einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten werden.

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