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Mietpreisbremse – Einmalige Rüge bei Staffelmiete (BGH, Beschluss vom 10.10.2023 – VIII ZR 45/22)

Rechtlicher Hintergrund – Rügeobliegenheit des Mieters bei Verstoß gegen Mietpreisbremse: Gegenstand vieler mietrechtlicher Streitigkeiten ist die im Juni 2015 eingeführte Mietpreisbremse, die es dem Vermieter in bestimmten Gebieten grds. verbietet, mit seinem Mieter eine Miete zu vereinbaren, die mehr als 10 % oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Da nicht jeder Vermieter sich an diese Begrenzung hält, wird zwischen Mietern und Vermieter zwangsläufig nicht weniger oft auch über das Bestehen und die Höhe des Rückforderungsanspruchs gestritten, der dem Mieter dann zusteht, wenn eine Miete vereinbart wurde, die die durch die Mietpreisbremse gesetzte Grenze überschreitet. In diesem Fall kann der Mieter, die zu viel gezahlte Miete nämlich zurückverlangen. Auch wenn die Vorschriften über die Mietpreisbremse in §§ 556d – 556g BGB äußerst mieterfreundlich ausgestaltet sind, hat der Gesetzgeber es dem Mieter allerdings insoweit erschwert, als er das Bestehen und den Umfang des Rückforderungsanspruches von einer Rüge abhängig gemacht hat. Gem. § 556g Abs.2 S.1 BGB kann der Mieter die zu viel gezahlte Miete nämlich nur zurückverlangen, wenn er einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse gerügt hat. In dem Zeitraum seit Inkrafttreten der Mietpreisbremse im Jahr 2015 bis zu einer Gesetzesänderung im April 2020 konnte der Mieter nur die nach Zugang der Rüge fällig gewordene Miete zurückverlangen. Diese Rügeobliegenheit des Mieters wurde ab dem 1. April 2020 zwar dahingehend erleichtert, dass der Mieter auch diejenige überhöhte Miete, die vor dem Zugang der Rüge fällig geworden ist, dann zurückverlangen kann, wenn er den Verstoß gegen die Mietpreisbremse spätestens 30 Monate nach dem Beginn des Mietverhältnisses gerügt hat, es sei denn, das Mietverhältnis ist im Zeitpunkt der Rüge bereits beendet. Mietverhältnisse, die bereits vor dem 01. April 2020 begründet worden sind, fallen jedoch weiterhin unter die alte Regelung.

Der Fall – Besonderheiten bei der Staffelmiete

In denjenigen Fällen, in denen die Parteien eine Miete vereinbart haben, ohne zugleich spätere Mieterhöhungen vertraglich festzulegen, bereitet die Rügeobliegenheit in zeitlicher Hinsicht keine Probleme. Es genügt unbestritten grds. eine rechtzeitige Rüge, um die nicht geschuldete Miete zurückverlangen zu können. Der BGH hatte nun aber zum wiederholten Male über einen Fall zu entscheiden, in dem die Parteien in einem am 15.09.2018 geschlossenen Mietvertrag eine Staffelmiete vereinbart hatten. Danach erhöhte sich die vertraglich vereinbarte Nettokaltmiete von anfänglich EUR 599,00 für den Zeitraum vom 1. Oktober 2019 bis zum 30. September 2020 auf EUR 616,97, womit gegen die Mietpreisbremse verstoßen wurde. Am 3. Juni 2019 wurde der Verstoß gegen die Mietpreisbremse von der Rechtsnachfolgerin des Mieters gerügt. Außerdem begehrte sie die Rückerstattung der künftig über den zulässigen Höchstbetrag hinaus zu viel gezahlten Miete. Gegenstand der vom BGH zu treffenden Entscheidung war zuletzt die Frage, ob die Rechtsnachfolgerin des Mieters die im Monat Oktober 2019 zu viel gezahlte Miete zurückverlangen kann. Der Vermieter war der Ansicht, die Wirkung der Rüge vom 3. Juni 2019 beschränke sich darauf, dass hierdurch ein Anspruch auf Rückzahlung der künftig bis einschließlich September 2019 fällig gewordenen Miete entstanden sei. Bzgl. der Miete, die ab Inkrafttreten der neuen Mietstaffel Anfang Oktober 2019 fällig geworden sei, habe es einer erneuten Rüge bedurft, so dass die im Monat Oktober 2019 zu viel gezahlte Miete nicht zurückverlangt werden könne. 

Die Entscheidung – Einmalige Rüge reicht bei Staffelmiete aus

Unter Hinweis auf sein bereits im Jahr 2022 ergangenes Grundsatzurteil vom 30.03.2022 – VIII ZR 279/21- widersprach der BGH dieser Ansicht und stellte mit seinem Hinweisbeschluss erneut ausdrücklich klar, eine einmalige Rüge reiche aus, um den Anspruch auf Rückzahlung aller künftig fälligen überhöhten Mietzahlungen, und zwar auch derjenigen zu begründen, die nach Inkrafttreten einer neuen Mietstaffel fällig geworden sind. Im Fall einer Staffelmietvereinbarung sei eine Wiederholung der erforderlichen Rüge für jede Mietstaffel nicht geboten.

Zur Begründung führt der BGH aus, der Mieter habe im Voraus regelmäßig keine Erkenntnismöglichkeiten dazu, ob und in welchem Umfang die für eine künftige Mietstaffel vereinbarte Miete, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Mietstaffel maßgebliche ortsübliche Vergleichsmiete zum Zeitpunkt des Beginns jener Mietstaffel übersteige.

Auch der Sinn und Zweck der Rügeobliegenheit erfordere keine erneute Rüge für jede neue Mietstaffel. Die Erhebung einer Rüge wegen Verstoßes gegen die Mietpreisbremse diene dazu, den Vermieter darüber in Kenntnis zu setzen, aus welchen Gründen, in welcher Höhe und ab welchem Zeitpunkt eine Rückerstattung verlangt werde. Insbesondere habe der Gesetzgeber vor dem Hintergrund, dass die Ermittlung der zulässigen Miethöhe mit Unsicherheiten verbunden sei, vermeiden wollen, dass der Vermieter sich ohne Vorwarnung nachträglich mit Rückforderungsansprüchen konfrontiert sehe, obwohl er redlich bemüht war, die gesetzlichen Vorschriften über die Mietpreisbremse einzuhalten. Dieses Ziel werde durch die einmalige Erhebung einer Rüge zweifelsohne erreicht, zumal der Vermieter bei Erhebung einer Rüge, die sich gegen die Miethöhe einer niedrigeren Staffelstufe richte, grundsätzlich nicht davon ausgehen dürfe, dass der Mieter, die für nachfolgende Mietstaffeln vereinbarte höhere Miete billigen wolle. Einer erneuten Rüge bei Beginn einer neuen Mietstaffel bedürfe es daher zur Erreichung des mit der Rügeobliegenheit verfolgten Zwecks nicht.

Etwas Anderes gelte – so der BGH – auch dann nicht, wenn sich die ortsübliche Vergleichsmiete – etwa durch Modernisierungen oder das Vorliegen eines neuen Mietspiegels – zwischen dem Beginn der Mietstaffel, während der die Erhebung der Rüge durch den Mieter erfolgt ist, und dem Beginn einer nachfolgenden Mietstaffel, auf die sich das Rückzahlungsverlangen des Mieters (auch) bezieht, erhöht habe. Auch in solchen Fällen werde auch ohne erneute Rüge der Zweck der Rügeobliegenheit erreicht. Denn bereits durch die einmalige Rüge erhalte der Vermieter Kenntnis davon, von welcher ortsüblichen Vergleichsmiete der Mieter – bezogen auf die zum Zeitpunkt der Erhebung der Rüge laufende Mietstaffel – ausgehe und dass dieser etwa bestehende Rückzahlungsansprüche künftig geltend machen werde.

Fazit und Einordnung

Der BGH setzt seinen Kurs fort, die Vorschriften über die Mietpreisbremse mieterfreundlich auszulegen und lässt sich auch durch die Vorschrift des § 557a Abs.4 S.1 BGB nicht abschrecken, wonach die Vorschriften über die Mietpreisbremse auf jede Mietstaffel anzuwenden sind. Mit seiner Entscheidung zur Reichweite einer einmaligen Rüge setzt der BGH sich zumindest scheinbar in Widerspruch zu seinem Urteil vom 12.07.2023 – VIII ZR 60/22 -, mit dem er entschieden hatte, dass dem Mieter die mit der Mietpreisbremse verbundenen Rechte – und damit auch der Auskunftsanspruch des Mieters aus § 556g Abs.3 BGB – mit Inkrafttreten jeder Mietstaffel erneut zustünden. Die Karlsruher Richter belassen es dabei, dem Mieter die mit der Mietpreisbremse verbundenen Rechte bzgl. jeder einzelnen Mietstaffel erneut zuzugestehen, ohne ihm jedoch auf der anderen Seite auch die Pflichten bzw. Obliegenheiten für jede Staffel erneut aufzuerlegen. Bereits in seiner Entscheidung vom 12.07.2023 räumt der BGH diesen scheinbaren Widerspruch allerdings aus und begründet die unterschiedliche Handhabung mit dem Sinn des § 557a Abs.4 S.1 BGB, der darin bestehe, mit der Erklärung der Anwendbarkeit der §§ 556d bis 556g BGB auf jede Mietstaffel die Berechnung der zulässigen Miethöhe bei vereinbarter Staffelmiete zu konkretisieren, nicht aber die Wahrnehmung der Mieterrechte zu erschweren und insbesondere nicht, die Anforderungen an das Rückzahlungsverlangen zulasten des Mieters zu erhöhen. Eine ausführliche Darstellung der Entscheidung des BGH vom 12.07.2023 – VIII ZR 60/22- finden Sie hier.

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