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Eigenbedarf für Eltern anmelden: Was muss man beachten?

Liegt ein Grund für eine Eigenbedarfskündigung vor, wenn man die Mietwohnung den eigenen Eltern zur Verfügung stellen möchte? Denkbare Gründe, warum bei den eigenen Eltern auf einmal ein konkreter Wohnbedarf anfallen kann, gibt es sicherlich viele. Einer davon könnte z.B. die akute oder anstehende Pflegebedürftigkeit eines, bzw. beider Elternteile sein.

Wird Eigenbedarf für die eigenen Eltern von der Rechtsprechung anerkannt und gibt es hier für die Kinder als potentielle Vermieter etwas zu beachten?

Dieser Artikel soll die Thematik näher beleuchten und auf mögliche Problempunkte aufmerksam machen.

1. Die Eltern sind „privilegierte“ Familienangehörigen bei einem Eigenbedarf

Die eigenen Eltern des Vermieters gehören aufgrund ihres nahen Verwandtschaftsverhältnisses wie auch z.B. die Geschwister des Vermieters zu den privilegierten Angehörigen im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB (BGH, Urteil vom 09.07.2003, Az: VIII ZR 276/02).

Bei diesen nahen Angehörigen wird bereits eine persönliche Verbundenheit zum Vermieter unterstellt, so dass der Vermieter diese nicht erst noch darlegen muss (BGH, Urteil vom 27.01.2010, Az.: VIII ZR 159/09).

Anders kann dies u.U. sein bei entfernteren Verwandten wie z.B. Cousin, Schwager, Onkel oder Tante. Dann muss der Vermieter ggf. darlegen, dass eine rechtliche oder moralische Verpflichtung gegenüber dieser Person besteht, für die die Eigenbedarfslage geltend gemacht wird.

2. Wichtig: Der Nutzungswunsch muss vernünftig und nachvollziehbar sein!

Will man Eigenbedarf für die Eltern anmelden, sollte man ferner darauf achten, dass für den Nutzungswusch vernünftige und nachvollziehbare Gründe bestehen, da nur dann ein berechtigtes Kündigungsinteresse besteht.

Die Gründe können vielfältiger Natur sein. Sie können z.B. aus veränderten Lebensumständen wie räumliche Situation, Arbeitsplatzwechsel, Pflegebedürftigkeit u.a. resultieren.

Ein berechtigtes Interesse an einer Eigenbedarfskündigung dürfte im Fall der Pflegebedürftigkeit eines oder beider Elternteile sicherlich als gegeben anzusehen sein, wenn der Vermieter die Eltern aufgrund dieser veränderten Situation bei sich im selben Haus bzw. in unmittelbarer Nähe haben will, um diese entweder selbst zu pflegen, oder durch Dritte pflegen zu lassen.

Ein berechtigtes Interesse des Vermieters wurde z.B. von der Rechtsprechung für den Fall bejaht, dass der Vermieter den vermieteten Wohnraum für eine Pflegeperson der im selben Haus wohnenden Eltern benötigte (Urteil des LG Koblenz vom 24.08.2007, Az: 6 T 102/07). Das Gericht sah hier eine mögliche Unterhaltspflicht des Vermieters gegenüber den Eltern gemäß § 1601 BGB an. Zur Begründung führte das Gericht weiter aus, dass es eine ähnliche Situation sei, ob der Vermieter Pflegepersonal zur Pflege seiner Eltern oder Hauspersonal zur Pflege seines Anwesens einstelle. Beides entlaste ihn gleichermaßen.

Die Wohnung sollte weiterhin auch absehbar für einen gewissen Zeitraum von der Bedarfsperson genutzt werden.

3. Die Angabe des genauen Bedarfsgrundes in der Kündigung kann wichtig sein

Wird eine Eigenbedarfskündigung auf eine Krankheit der Bedarfsperson gestützt, kann es für die Wirksamkeit der Kündigung erforderlich sein, dass die Art der Krankheit in der Kündigung angegeben wird. (Urteil des LG Berlin vom 16.02.1995, Az: 61 S 278/94).

In dem hier zugrundeliegenden Urteil hatte der Vermieter die Eigenbedarfskündigung auf eine Erkrankung der Mutter ( Bedarfsperson) gestützt. Die Mutter der Vermieterin sollte in dem konkreten Fall vom 4. Stock in den 1. Stock ziehen, um sich auf ein Leben mit der Krankheit besser einrichten zu können.

Die Vermieterin hatte dem Mieter allerdings in der Kündigung selbst nicht näher dargelegt, um welche Art von Krankheit (hier: fortgeschrittene Knochenerkrankung) es sich handelte. Das Gericht sah diesen Umstand zur Klarheit des Mieters über seine Rechtsposition jedoch als essentiell für die Wirksamkeit der Kündigung an und ließ den Eigenbedarf hieran scheitern.

In seiner Begründung führte das Landgericht u.a. aus, dass es dem Mieter bereits anhand des Kündigungsschreibens möglich sein muss, die Plausibilität des Kündigungsgrundes und damit die Berechtigung des Eigenbedarfs zu prüfen.

4. Der Vermieter muss eine vorausschauende Bedarfsplanung betreiben

Wichtig: Die den Eigenbedarf begründenden Umstände dürfen nicht schon bei Abschluss des Mietvertrages mit dem nunmehr wegen Eigenbedarfs zu kündigenden Mieter vorgelegen haben oder vorhersehbar gewesen sein.

Sonst kann der Eigenbedarf u.U. rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Mieter über eine potentielle Eigenbedarfssituation nicht bei Vertragsschluss vom Vermieter aufgeklärt wurde. (Urteil des BGH vom 21.01.2009, Az.: VIII ZR 62/08).

Beispiel: Pflegebedarf eines Elternteil zeichnet sich bereits konkret ab.

5. Gibt es ferner eine Alternativwohnung die dem zu kündigenden Mieter angeboten werden kann?

Dieser Umstand sollte vorab stets geprüft werden, denn gibt es weitere Wohnungen, die dem Vermieter zur Nutzung für sich oder seine Bedarfsperson zu Verfügung stehen, oder dem Mieter als Ersatzwohnraum angeboten werden können, muss der Vermieter erst prüfen, ob er die Wohnung selbst für seine Zwecke bzw. seine Bedarfsperson nutzen, oder etwaig dem Mieter als Alternative anbieten kann.

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