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Mieterverein oder Anwalt? Wer hilft bei einer Eigenbedarfskündigung?

Hat der Vermieter dem Mieter wegen Eigenbedarfs gekündigt, ist guter Rat teuer. Die Qualität des Rechtsrats kann das künftige Leben eines Mieters oft entscheidend beeinflussen. Nicht selten hängt von der Beratung ab, ob der Mieter nach der Eigenbedarfskündigung tatsächlich aus seiner Wohnung ausziehen muss oder nicht. Jedem Mieter, der nach einer Eigenbedarfskündigung Rechtsbeistand benötigt, ist daher zu raten, sich ernsthaft mit der Frage auseinanderzusetzen, welche Anlaufstelle für ihn in seiner Situation die richtige ist. Der Mieter hat hier unterschiedliche Möglichkeiten. Dass Rechtsanwälte Mieter in Mietrechtsfragen beraten und vertreten, ist allseits bekannt. Darüber hinaus gibt es in Deutschland aber auch eine große Zahl an örtlichen Mietervereinen, die die Beratung von Mietern anbieten und durchführen. Die alternativen Möglichkeiten unterscheiden sich, insbesondere was die Kosten anbelangt, mitunter erheblich. Auf die Beantwortung der Frage, welche Anlaufstelle die richtige ist, gibt es dennoch keine allgemeingültige Antwort. Sie hängt vielmehr von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Es ist nicht immer ratsam, die Entscheidung ausschließlich davon abhängig zu machen, welche Beratung finanziell am wenigsten belastend ist. Auch der mögliche Umfang der Beratung bzw. der Vertretung sowie die Qualität des Rechtsrats sollten eine Rolle spielen, sofern der Mieter finanziellen Spielraum hat. Der folgende Beitrag gibt Mietern eine Hilfestellung für die Entscheidung, ob sie sich in ihrem Fall besser an einen Mieterverein oder einen Rechtsanwalt wenden sollen.

I. Vor – und Nachteile von Mieterverein und Rechtsanwalt

Um die Entscheidung treffen zu können, ob ein Mieterverein oder ein Rechtsanwalt die bessere Wahl ist, ist es unabdingbar, sich Klarheit darüber zu schaffen, welche Vor- und Nachteile mit der Beauftragung der unterschiedlichen Institutionen verbunden sind. Bevor unter II. darauf eingegangen wird, welche Umstände im konkreten Fall den Ausschlag geben können, sollen im Folgenden zunächst die jeweiligen Vor- und Nachteile abstrakt dargestellt werden.

1. Höhe der Kosten im Vergleich – Mieterverein punktet durch günstige Mitgliedsbeiträge

a) Mitgliedsbeiträge im Mieterverein

Die Beiträge, die Mietervereine jährlich erheben, sind im Vergleich zu den Gebühren, die Rechtsanwälte für die Beratung und Vertretung in Rechnung stellen, relativ gering. Da die Höhe der Beiträge nicht vom Deutschen Mieterbund, dem Dachverband von 15 Landesverbänden und über 300 örtlichen Mietervereinen, sondern von den örtlichen Mietervereinen selbst festgelegt wird, variiert die Höhe je nach Mieterverein, wie die folgende beispielhafte Darstellung der Kosten in den vier deutschen Millionenstädten zeigt.

Die Mitgliedschaft im Hamburger Mieterverein ist mit jährlichen EUR 81,00 relativ gering.

Beim Kölner Mieterverein ist die Mitgliedschaft für EU 99,00 im Jahr zu haben.

Mieter in München müssen für eine Mitgliedschaft im Münchener Mieterverein schon etwas tiefer in die Tasche greifen und EUR 117,00 zzgl. einer einmaligen Aufnahmegebühr in Höhe von EUR 15,00, im ersten Jahr also EUR 132,00 auf den Tisch legen, sofern die Größe ihrer Wohnung 250 qm nicht übersteigt.

Nur geringfügig höher ist der jährliche Mitgliedschaftsbeitrag zwar beim Berliner Mieterverein, der diesen auf EUR 11,00 pro Monat, zzgl. einer einmaligen Aufnahmegebühr in Höhe von EUR 7,50, für das erste Jahr also auf EUR 139,50 festgesetzt hat. Da die Mindestmitgliedschaft im Berliner Mieterverein 24 Monate beträgt, muss sich der Mieter aber auf einen Mindestbetrag in Höhe von EUR 271,50 einstellen.

Beachte:

Die unterschiedliche Höhe der Mitgliedschaftsbeiträge kann auch darin begründet sein, dass der Umfang der angebotenen Leistungen variiert. Entscheidend kann u. a. sein, ob die Mitgliedschaft auch eine Prozesskostenversicherung enthält oder nicht. Viele Mietervereine bieten eine Versicherung gegen Prozesskosten, nicht aber gegen außergerichtlich entstehende Kosten inzwischen an. 

Praxistipp:

Neben den Mietervereinen, die dem Deutschen Mieterbund unterstehen, gibt es auch noch andere Beratungsstellen für Mieter, wie z. B. den Interessenverband Mieterschutz e.V., den Verein Mieter helfen Mietern (jeweils mit einigen örtlichen Zweigstellen) oder den Landesverband hamburgischer Mieterschutz e.V.

b) Rechtsanwaltskosten

aa) Vertretung gegenüber dem Vermieter

Lässt sich der Mieter gegenüber dem Vermieter von einem Rechtsanwalt vertreten, fällt – sofern der Rechtsanwalt seine Tätigkeit nicht von einer Honorarvereinbarung abhängig macht, mit der höhere Gebühren vereinbart werden, – gem. §§ 13,14 RVG, Nr. 2300 VV RVG eine 1,3 Geschäftsgebühr an, deren Höhe sich nach dem Gegenstandswert richtet.

Wie dieser Gegenstandswert zu ermitteln ist, regelt § 41 Abs. 2 S.1 GKG. Danach ist das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt maßgebend. Als Entgelt i. d. S ist die vom Mieter zu zahlende Nettokaltmiete anzusehen. Nebenkosten werden nur dann berücksichtigt, wenn diese als Pauschale vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden (vgl. § 41 Abs. 1 S.2 GKG).


Beispiel:

Bei einer monatlichen Nettokaltmiete in Höhe von EUR 600,00 beträgt der Gegenstandswert EUR 7.200,00 mit der Folge, dass die 1,3 Geschäftsgebühr bei EUR 692,90 liegt. Hinzu kommt außerdem die dem Anwalt gem. Nr. 7002 VV RVG in Höhe von EUR 20,00 zustehenden Auslagenpauschale, so dass sich ein Betrag in Höhe von EUR 712,90 ergibt. Unter Berücksichtigung der in Höhe von 19 % anfallenden Umsatzsteuer auf EUR 712,90, also zzgl. EUR 135,45, ergibt sich eine Endsumme in Höhe von EUR 848,35.

Wichtig:

Kommt es zu einer Einigung mit dem Vermieter und hat der Rechtsanwalt diese herbeigeführt, kann er gem. Nr. 1000 VV RVG zusätzlich eine sog. 1,5 Einigungsgebühr abrechnen.

bb) Reine Beratung

Für eine reine Beratung ohne Vertretung durch den Rechtsanwalt im Außenverhältnis gegenüber dem Vermieter gibt es keine gesetzlich festgesetzte Gebühr. Der Mieter kann aber davon ausgehen, dass diese die jährlichen Mitgliedsbeiträge der Mietervereine im Regelfall übersteigt.

Beachte:

Kommt zu der internen Beratung eine außergerichtliche Vertretung des Mieters gegenüber dem Vermieter hinzu, wird die Beratungsgebühr auf die Geschäftsgebühr angerechnet.

Hinweis für bedürftige Mieter:

Liegen die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Beantragung eines sog. Berechtigungsscheins für Beratungshilfe vor, hat der Mieter für die außergerichtliche anwaltliche Beratung und Vertretung (zunächst) nur sehr geringe Kosten in Höhe von in der Regel EUR 15,00 (vgl. § 44 S.2 RVG i. V. m. Nr. 2500 VV RVG) zu tragen. Für das gerichtliche Verfahren kann der Mieter unter den Voraussetzungen der §§ 114 ff. ZPO außerdem Prozesskostenhilfe beantragen. Spätere Erstattungspflichten (vgl. § 8a Abs.3 Beratungshilfegesetz) oder Rückzahlungspflichten bei einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlungspflicht sind allerdings nicht ausgeschlossen. Zu beachten ist außerdem, dass der Mieter selbst bei erfolgreicher Beantragung von Prozesskostenhilfe im Falle einer Niederlage vor Gericht weiterhin verpflichtet bleibt, dem Vermieter dessen Kosten zu erstatten (vgl. § 123 ZPO).

2. Pluspunkt bei Mieterverein: Tätigkeit im Außendienst

Dass ein Rechtsanwalt seinen Mandanten außerhalb seiner Kanzleiräume bzw. außerhalb eines Gerichtssaals unterstützt, ist eher die Ausnahme. Diverse Mietervereine hingegen bieten auch Leistungen im sog. Außendienst an. Im Angebot ist z. B. die Inaugenscheinnahme des Zustandes der Wohnung bei einer Besichtigung inklusive der Feststellung und Dokumentation von Mängeln oder der Vermessung der Wohnung. Auch als Beistand oder Zeuge bei der Wohnungsübergabe werden Mitarbeiter von Mietervereinen vielfach tätig. Möchte der Mieter im Rahmen der Prüfung einer Nebenkostenabrechnung Einsicht in die Abrechnungsunterlagen nehmen, wird ihm auch diese unangenehme Aufgabe von manchen Mietervereinen abgenommen.

Beachte:

Die Außendiensttätig ist in der Regel nicht von dem regulären Mitgliedsbeitrag umfasst. Der Mieter muss sich auf eine – je nach Art und Umfang der Tätigkeit mehr oder minder hohe – Zusatzvergütung einstellen. Beim Hamburger Mieterverein z. B. beträgt die Spanne für die Zusatzvergütung EUR 70,00 bis EUR 150,00.

3. Umfang des Rechtsbeistands – Rechtsanwalt im Falle eines Gerichtsverfahrens im Vorteil

Auch wenn der Mieter den Rechtsbeistand bei den Mietervereinen in der Regel kostengünstiger erhält, darf dieser Kostenvorteil nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Mietervereine in ihrer Tätigkeit aus rechtlichen Gründen auf die Beratung und außergerichtliche Vertretung des Mieters beschränkt sind. Dies gilt auch für Rechtsberater des Mietervereins, und zwar auch dann, wenn sie eine Anwaltszulassung besitzen. Der Rechtsanwalt hingegen kann den Mieter auch in einem etwaigen – vielfach leider notwendigen – Gerichtsverfahren vertreten. In diesem Verfahren wird dann die bereits angefallene 1,3 Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Vertretung gem. Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sogar zur Hälfte auf die sog. 1,3 Verfahrensgebühr angerechnet, die der Rechtsanwalt gem. Nr. 3100 VV RVG zusätzlich zu der gem. Nr. 3400 VV RVG entstehenden Terminsgebühr für seine Tätigkeit im Gerichtsverfahren erhält. Geht der Prozess zu Gunsten des Mieters aus, erhält der Mieter zumindest die Prozesskosten, also die dem Rechtsanwalt geschuldete (ggf. reduzierte) Verfahrensgebühr und die gem. Nr. 3400 VV RVG anfallende 1,2 Terminsgebühr, je nach den Umständen des Einzelfalls auch die vom Anwalt für die außergerichtliche Vertretung erhobene Geschäftsgebühr vom Vermieter erstattet. Hat der Mieter im Einzelfall keinen Anspruch gegen den Vermieter auf Erstattung seiner außergerichtlichen Anwaltskosten, bekommt er im Falle eines Obsiegens vor Gericht sogar die volle Verfahrensgebühr vom Vermieter erstattet (vgl. § 15a Abs.3 RVG).

Hinweis:

Wir der Prozess durch den Abschluss eines Vergleichs erledigt und hat der Rechtsanwalt die Einigung herbeigeführt, kann er gem. Nr. 1003 VV RVG zusätzlich eine sog. 1,0 Einigungsgebühr erheben. Die Kostenverteilung zwischen Mieter und Vermieter richtet sich in diesem Fall nach § 98 ZPO.

Beachte:

Auch wenn die Mietervereine den Mieter nicht vor Gericht vertreten dürfen, vermitteln diese Mietern auf Wunsch in der Regel externe sog. Kooperationsanwälte, mit denen sie zusammenarbeiten.

4. Gleichstand bei Bürokratie und Schnelligkeit

Während die Annahme, dass man als Mieter bei einem Mieterverein schneller und unbürokratischer Hilfe bekommt als bei einem Rechtsanwalt, früher noch zutreffend gewesen zu sein mag, sind inzwischen weder die Schnelligkeit noch die Art und Weise der Beratung Faktoren, die sich zu Gunsten eines Mietervereins auswirken. Die Vorstellung, dass man als Mieter Hilfe vom Rechtsanwalt nur bei einem persönlichen Gespräch in der Kanzlei erhält, ist überholt. Insbesondere was die Modalitäten der Beratung anbelangt, gibt es keine wesentlichen Unterschiede zwischen Rechtsanwalt und Mieterverein. Beide bieten die Beratung in der Regel

  • persönlich bei einem Termin vor Ort,
  • telefonisch und
  • online bzw. per E – Mail

an.

5. Nachteil des Mietervereins – Keine freie Anwaltswahl

Wendet ein Mieter sich an einem Mieterverein, kann er in der Regel weder bestimmen noch beeinflussen, welcher Mitarbeiter ihn berät oder vertritt. Mietervereine arbeiten mit ganz bestimmten, von ihnen selbst ausgewählten Rechtsberatern zusammen, durch die die Beratung bzw. Vertretung erfolgt. Der Mieter kann in der Regel nicht den Wunsch äußern, durch einen nicht zu diesem Kreis gehörenden externen Anwalt beraten oder vertreten zu werden. Auch der Kooperationsanwalt des Mietervereins, der auf Wunsch des Mieters für die gerichtliche Vertretung vermittelt wird (vgl. dazu die Ausführungen unter I. 3.), wird in der Regel zugeteilt. Wendet der Mieter sich direkt an einen Rechtsanwalt, kann er diesen selbstverständlich frei wählen.

6. Abschreckungsfaktor Rechtsanwalt

Erfordert der Rechtsbeinstand eine Vertretung des Mieters im Außenverhältnis gegenüber dem Vermieter, kann es vorkommen, dass ein eventuelles Anwaltsschreiben eines niedergelassenen Anwalts beim Vermieter mehr Eindruck macht als es der Fall ist, wenn er Post vom Mieterverein erhält. Auch wenn dieser psychologische Faktor auf keiner faktenbasierten Grundlage beruht, da auch für die Mietervereine in der Regel sehr fachkundige Rechtsanwälte tätig werden, kann allein der Umstand, dass aus dem Briefkopf des Schreibens eine Anwaltskanzlei als Absender vermerkt ist, dazu führen, dass der Vermieter nicht weiter auf seinem rechtlichen Standpunkt beharrt. Verstärkt wird die Abschreckung vielfach auch dadurch, dass entsprechende Schreiben eines Anwalts oft mit dem abschließenden Hinweis versehen sind, im Falle eines gerichtlichen Verfahrens für den Mieter tätig zu sein.

7. Qualität des Rechtsrats – Spezialisierung von Fachanwälten kann von Vorteil sein

Auch wenn den Rechtsanwälten, die für Mietervereine tätig werden, in keinem Fall die Qualität und Fachkunde abgesprochen werden kann, kann es insbesondere in schwierig gelagerten Fällen sinnvoll sein, sich an einen auf Mietrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu wenden. Viele spezialisierte Anwälte haben die Qualifikation zum sog. Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht im Rahmen einer Zusatzausbildung erworben und manches Mal auch auf Grund ihrer großen Praxiserfahrung umfassendere Spezialkenntnisse. Bei einfach gelagerten Fällen fällt dieser Faktor zwar nicht entscheidend ins Gewicht. Weist der Fall besondere rechtliche Schwierigkeiten auf, kann es aber von Vorteil sein, sich an einen Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht zu wenden.

II. Wichtige Entscheidungskriterien im konkreten Fall

Nachdem im Vorangegangenen die Vor – und Nachteile einer Beratung bzw. Vertretung durch einen Mieterverein auf der einen und einen Rechtsanwalt auf der anderen Seite abstrakt dargestellt wurden, soll im Folgenden dargelegt werden, in welcher konkreten Einzelfallsituation die eine oder aber die andere Anlaufstelle die bessere Wahl ist, wobei auch hier gilt, dass jeder Fall anders gelagert ist und auch die nachfolgenden Aspekte keinesfalls Allgemeingültigkeit für sich beanspruchen können. Bei der Entscheidung, ob ein Mieterverein oder aber ein Rechtsanwalt beauftragt wird, sollte der Mieter insbesondere folgende Faktoren besonders berücksichtigen:

1. Wichtige Weichenstellung – Besteht Rechtsschutzversicherung?

Hat der Mieter bereits vor der Eigenbedarfskündigung eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen und sind von dieser auch die mietrechtliche Beratung sowie die außergerichtliche und gerichtliche Vertretung des Mieters erfasst, ist der Mieter insoweit in seiner Entscheidung relativ frei, als die Kosten keine übergeordnete Rolle spielen. In diesem Fall spricht auf Grund des leichten Übergewichts der abstrakten Vorteile einer Beratung und Vertretung durch einen Rechtsanwalt (vgl. die Ausführungen unter I. einiges dafür, einen Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen. Dies gilt in der Regel erst recht dann, wenn der Mieter (noch) kein Mitglied in einem Mieterverein ist, der Fall rechtliche Schwierigkeiten aufweist und / oder ohnehin mit einem Gerichtsverfahren zu rechnen ist, so dass früher oder später ohnehin ein Rechtsanwalt eingeschaltet werden müsste.

Beachte:

Eine Rechtsschutzversicherung übernimmt keine Kosten für bereits bestehende oder kurz bevorstehende Rechtsstreitigkeiten. Die Versicherungsbedingungen schreiben in der Regel sog. Wartefristen vor, bis zu deren Ablauf der Versicherungsschutz noch nicht besteht. Die Länge der Wartefrist hängt vom jeweiligen Tarif ab, wobei 3 Monate ab Vertragsschluss üblich sind. Hat der Mieter die Eigenbedarfskündigung vor Ablauf der Wartefrist erhalten, wird er keine Deckungszusage erhalten. Außerdem kommt eine Kostenübernahme nur dann in Betracht, wenn die Einschaltung des Anwalts im konkreten Fall tatsächlich notwendig ist.

2. Ist mit einem Gerichtsverfahren zu rechnen?

Hält der Mieter die Eigenbedarfskündigung für unwirksam oder geht davon aus, auf Grund eines Widerspruchsrechts gem. § 574a BGB einen Fortsetzungsanspruch gegen den Vermieter zu haben, und muss der Mieter im konkreten Fall damit rechnen, dass der Vermieter ihn auf Räumung verklagt, wenn er die Wohnung nicht freiwillig räumt, empfiehlt es sich, bereits von Anfang an einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Auf Grund der Tatsache, dass nur Rechtsanwälte, nicht aber Mietervereine den Mieter im gerichtlichen Verfahren vertreten dürfen mit der Folge, dass der Mieter – sofern er sich überhaupt vor Gericht anwaltlich vertreten lassen möchte – spätestens mit Beginn des Gerichtsverfahrens einen Rechtsanwalt einschalten müsste (vgl. dazu die Ausführungen unten unter I.3.), ist es sinnvoll, die Streitigkeit bereits von Anfang an in ein und dieselbe Hand zu geben. Eine anfängliche Einschaltung des Mietervereins und ein späterer Wechsel des Rechtsbeistandes vom Mieterverein zum Rechtsanwalt kostet in der Regel unnötige Zeit und Ressourcen, so dass die Vorteile einer etwaigen finanziellen Ersparnis im Vergleich zu einer anfänglichen Einschaltung eines Rechtsanwalts je nach den Umständen des Einzelfalls nicht immer überwiegen. Ist der Mieter z. B. noch kein Mitglied im Mieterverein und würde in diesen nur deshalb eintreten, um sich wegen der Eigenbedarfskündigung beraten und ggf. außergerichtlich vertreten zu lassen, müsste er im Falle eines späteren Gerichtsverfahrens sowohl den Beitrag für die Mitgliedschaft im Mieterverein als auch die Anwaltsgebühren für das gerichtliche Verfahren begleichen. Wird der Anwalt hingegen von vornherein mit der Angelegenheit beauftragt, entstehen zwar auch für die Tätigkeit des Anwalts im außergerichtlichen Stadium Gebühren, die den Mitgliedsbeitrag im Mieterverein in der Regel übersteigen. Wie bereits unter I. 1b)bb)) und I.3 dargelegt, geht jedoch die Beratungsgebühr in der vom Anwalt erhobenen Geschäftsgebühr auf und wird auch letzte zur Hälfte auf die sog. 1,3 Verfahrensgebühr angerechnet, die der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Gerichtsverfahren erhält.

Praxishinweis:

Verklagt der Vermieter den Mieter auf Räumung von Wohnraum, ist gem. § 23 Zf.2a) GVG das Amtsgericht für die Streitigkeit sachlich zuständig. Es besteht daher kein Anwaltszwang (vgl. § 78 Abs.1 ZPO). Der Mieter muss sich vor Gericht daher nicht zwangsläufig von einem Rechtsanwalt vertreten lassen. Mietervereine sind hierzu aber dennoch nicht berechtigt.

3. Ist die Materie einfach gelagert oder komplex

Auch wenn der Mieter, sofern er nicht über mietrechtliche Fachkenntnisse verfügt, dies nicht immer sicher einschätzen kann, ist dennoch auch für einen Laien oft erkennbar, ob der Fall eher einfach gelagert ist oder aber rechtliche Schwierigkeiten aufweist, die besondere mietrechtliche Spezialkenntnisse erfordern. Auch wenn bei Mietervereinen grds. ausreichend mietrechtliche Expertise vorhanden ist, gilt verbreitet der Grundsatz, dass in einfach gelagerten Fällen eher ein Mieterverein die richtige Anlaufstelle ist, während ein Rechtsanwalt hingezogen werden sollte, wenn die Materie komplex ist und rechtliche Schwierigkeiten aufweist. Zumindest dann, wenn unter den gegebenen Umständen ohnehin mit einem Gerichtsverfahren zu rechnen ist, in dem nur ein Anwalt den Mieter vertreten könnte (vgl. die Ausführungen unter I.3.), kann eine Komplexität des Falles in der Tat den Ausschlag dafür geben, sich für einen Rechtsanwalt zu entscheiden.

4. Ist der Gegner anwaltlich vertreten?

Ein Gesichtspunkt, der bei der Entscheidung zwischen Mieterverein und Rechtsanwalt durchaus eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen kann, ist die Frage, ob der Vermieter selbst einen Rechtsanwalt hinzugezogen hat oder dies voraussichtlich tun wird. Erschöpft sich der Rechtsbeistand, den der Mieter benötigt, nicht in einer reinen Beratung, sondern wird voraussichtlich auch eine  – zumindest außergerichtliche – Vertretung notwendig werden und hat der Vermieter sich beim Ausspruch der Kündigung anwaltlich vertreten lassen bzw. zu erkennen gegeben, einen Anwalt einzuschalten, falls der Mieter die Wohnung nicht räumt, kann es für den Mieter ratsam sein, sich ebenfalls für einen Rechtsanwalt zu entscheiden, um gewissermaßen „Waffengleichheit“ herzustellen. Zwar sind die Mitarbeiter eines Mietervereins selbstverständlich kompetent genug, um auf einen Anwaltsschriftsatz fachkundig erwidern zu können. Auch wenn es hierfür in der Regel keine sachlichen Argumente gibt, kommt es aber dennoch oft vor, dass der Gegenanwalt einer anwaltlichen Erwiderung mehr Gewicht beimisst als es der Fall ist, wenn die Erwiderung von einem Mieterverein stammt. Hinzu kommt außerdem, dass Rechtsanwälte untereinander oft eine sog. gütliche Einigung herbeiführen können, woran sie in der Regel ein großes Interesse haben, zumal sie im Erfolgsfall gem. Nr. 1000 VV RVG bzw. Nr. 1003 VV RVG eine zusätzliche, nicht ganz unerhebliche sog. Einigungsgebühr abrechnen können (vgl. dazu die Ausführungen unter I.1b) aa) und I.3.).

5. Ist der Mieter bereits Mitglied im Mieterverein?

Vor allem diejenigen Mieter, für die der Kostenfaktor im Vordergrund steht, sollten bei ihrer Entscheidung berücksichtigen, ob sie bereits Mitglied in einem Mieterverein sind und den Mitgliedsbeitrag ohnehin gezahlt haben, oder aber in den Mieterverein erst noch eintreten müssten, um sich wegen der Eigenbedarfskündigung beraten und ggf. vertreten zu lassen. Besteht bereits eine Mitgliedschaft, kann es zumindest dann, wenn die Aussicht besteht, die Angelegenheit außergerichtlich klären zu können, ratsam sein, erst einmal den Mitgliedsbeitrag auszuschöpfen und keine zusätzlichen Anwaltskosten zu verursachen. Allerdings sollte sich der Mieter dessen bewusst sein, dass ein ggfs. doch notwendiger Wechsel zu einem Anwalt mit Nachteilen verbunden sein kann (vgl. dazu die Ausführungen unter II.2.).

III. Fazit und Zusammenfassung

  1. Die Beantwortung der Frage, ob sich ein Mieter, dem wegen Eigenbedarfs gekündigt worden ist, besser durch einen Mieterverein beraten bzw. vertreten lassen sollte, oder ob ein Rechtsanwalt die bessere Wahl ist, hängt von den individuellen Umständen des Einzelfalls ab.
  2. Abstrakt gilt in der Regel, dass der Mieterverein die kostengünstigere Wahl ist, während der Anwalt den großen Vorteil für sich beanspruchen kann, dass er den Mieter auch in einem Gerichtsverfahren vertreten kann.
  3. Ist der Mieter ohnehin bereits Mitglied in einem Mieterverein, ist die Sache eher einfach gelagert und besteht die Aussicht, dass sich die Angelegenheit außergerichtlich erledigen lässt, können für den kostenbewussten Mieter die Vorteile der Einschaltung eines Mietervereins überwiegen.
  4. Ist der Mieter hingegen (noch) kein Mitglied in einem Mieterverein und weist der Fall rechtliche Schwierigkeiten auf und / oder ist ohnehin mit einem Gerichtsverfahren zu rechnen, in dem der Mieter sich vertreten lassen möchte, so dass früher oder später ohnehin ein Rechtsanwalt eingeschaltet werden müsste, empfiehlt es sich hingegen, von Anfang an, einen Rechtsanwalt zu beauftragen.

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