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Wirtschaftlichkeitsgebot im Gewerbemietrecht (Betriebskosten)

Wenn es ums Geld geht, ist jeder Euro wichtig. Will der Vermieter Betriebskosten auf den Mieter umlegen, muss er auch im Gewerbemietrecht das Wirtschaftlichkeitsgebot beachten. Im Sinne einer ordentlichen Verwaltung muss er darauf bedacht sein, verhandelbare Betriebskosten in angemessener und marktüblicher Form zu vereinbaren (OLG Celle ZMR 1999, 240). Der Preis muss einfach stimmen.

Das Wirtschaftlichkeitsgebot gebietet dem Vermieter, unter Ausnutzung alternativ bestehender Beschaffungsmöglichkeiten diejenige Leistung auszuwählen, die das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Die Facetten, unter denen das Wirtschaftlichkeitsgebot betrachtet werden kann, sind ausgesprochen vielgestaltig. Zur Beurteilung kommt es daher auf die grundsätzlichen Aspekte an.

Der BGH sieht in dem Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot die Verletzung einer Nebenpflicht aus dem Mietvertrag (BGH VIII ZR 243/06 in GE 2008, 116). Diese Pflichtverletzung führe zu einem Schadensersatzanspruch des Mieters, mit der Konsequenz, dass der Mieter von den unangemessenen Kosten freigestellt werde.

Rechtsgrundlagen für das Wirtschaftlichkeitsgebot

In § 556 III 1 und § 560 V BGB ist das Wirtschaftlichkeitsgebot ausdrücklich festgeschrieben. Es beinhaltet die Nebenpflicht des Vermieters, den Mieter nur mit solchen Nebenkosten zu belasten, die erforderlich und angemessen sind und in einem angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnis stehen (BGH NJW 2010, 3647).

Die Beurteilung richtet sich nach der Sichtweise eines vernünftigen Vermieters, der ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge hat (OLG Karlsruhe ZMR 1984, 412). Der Vermieter verstößt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn eine Betriebskostenart vergleichsweise überteuert ist.

Mietvertraglich kann die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes nicht ausgeschlossen werden (§ 560 VI BGB). Ungeachtet dessen können die Parteien des Mietvertrages selbstverständlich Einzelmaßnahmen zur Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzwertes der Immobilie vereinbaren, selbst wenn diese über den üblichen Standards liegen und zusätzliche Kosten verursachen.

Maßgebend ist letztlich der mitvertraglich vereinbarte Nutzungszweck. So können innerhalb desselben Objekts bestimmte Kosten auf einen Teil der Mieter umgelegt werden, auf einen anderen Fall jedoch nicht (OLG Celle ZMR 1999, 238: Weihnachtsdekoration in einem gemischt genutzten Gebäude).

Wirtschaftlichkeitsgebot gilt auch im Gewerbemietrecht

Nach der Betriebskostenverordnung kann der Vermieter grundsätzlich alle Betriebskosten auf den Mieter umlegen. Dabei muss er aber auch die wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Mieter im Blick haben. Vermeidbare Kosten müssen vermieden werden. Allein der Umstand, dass der Mieter ohnehin alles bezahlen müsse, darf nicht dazu führen, willkürlich Kosten zu produzieren und diese umlegen zu wollen.

Das Wirtschaftlichkeitsgebot gebietet dem Vermieter, das Mietobjekt wirtschaftlich zu verwalten. Allerdings soll er dabei nicht in seiner Dispositionsbefugnis eingeschränkt werden. Da das Wirtschaftlichkeitsgebot Ausfluss des Rechtsgedankens von Treu und Glauben ist, gilt es für alle Mietverhältnisse, insbesondere auch für die Geschäftsraummiete (Schmid GE 2001, 1025; Kinne GE 2003, 711, Schmid 2. Aufl. Mietrecht S. 377)).

Vermieter hat ein Auswahlermessen

Der Vermieter ist nicht verpflichtet, stets das billigste Angebot auszuwählen. Neben dem Preis spielen auch andere Aspekte eine Rolle. Grundsteuern sind natürlich nicht verhandelbar. Aber beim Abschluss von Sach- und Haftpflichtversicherungen oder der Entscheidung, wie viele Mülltonnen bereitgehalten werden, spielt neben der Auswahl des Anbieters dessen Zuverlässigkeit, die bisherigen Erfahrungen mit diesem Anbieter, der durch den oder die Mieter begründete Bedarf sowie die örtlichen Verhältnisse eine Rolle.

Dabei steht dem Vermieter ein Auswahlermessen zu. Dabei muss er sich so verhalten, wie sich ein wirtschaftlich denkender Eigentümer verhalten würde, wenn es selbst die Kosten zu tragen hätte. Da das Wirtschaftlichkeitsgebot objektive Maßstäbe setzt, kommt es auf die persönlichen Kenntnisse und Möglichkeiten des Vermieters nicht an. Der Vermieter muss sich informieren.

Dabei gilt das Gebot nur innerhalb der vom Vermieter gewählten Versorgungsart und verpflichtet ihn nicht, bereits bei der Auswahl der Versorgungsart die wirtschaftlich vorteilhafteste Versorgungsvariante zu wählen (BGH GE 2007, 1051). So liegt es in der Entscheidung des Vermieters, ein Gebäude mit Öl, Gas oder Pellets zu heizen (BGH VIII ZR 78/06 in NZM 2007, 563). Auch kann der Mieter nicht verlangen, dass der Vermieter auf eine andere Versorgungsart umstellt. Er kann auch nicht verlangen, dass der Vermieter eine technisch überalterte Anlage modernisiert. Eine Verpflichtung zur Modernisierung besteht gerade nicht (BGH VIII ZR 170/09).

Der Vermieter muss nicht den billigsten Anbieter auswählen. Dabei kommt es auch auf eine Interessenabwägung zwischen den Interessen des Vermieters und des Mieters an. Auf Vermieterseite kann das Interesse an der Erhaltung des Gebäudes, ein geringerer Verwaltungsaufwand und vor allem die Kompetenz und Zuverlässigkeit des Vertragspartners maßgebend sein. Vor allem der Wunsch des Vermieters einem bereits bewährten Anbieter weiterhin das Vertrauen zu schenken, ist zu berücksichtigen. Auf Seiten des Mieters steht vor allem ein geringerer Kostenaufwand im Blickfeld. Der Gesichtspunkt des Umweltschutzes auf Kosten des Mieters darf dabei nicht das Handeln des Vermieters bestimmen. So kann er nicht ohne Weiteres den deutlich teureren Ökostrom einkaufen und die Kosten auf die Mieter umlegen.

Wann ist das Wirtschaftlichkeitsverbot verletzt?

Wo die Grenze verläuft, ist eine Frage des Einzelfalls. Teils wird im Hinblick auf die Wesentlichkeitsgrenze des § 5 WiStG argumentiert, dass die üblichen Kosten allenfalls um 20 % gestiegen werden dürften (AG Köln WuM 1999, 221). Vom Vermieter kann nicht gefordert werden, dass er alle in Betracht kommenden Anbieter zur Abgabe eines Angebots auffordert. Ebenso wenig ist eine Ausschreibung notwendig. Der Vermieter muss nur mit zumutbarem Aufwand nach günstigeren Anbietern Ausschau halten.

Im Streitfall kommt es auf die Darlegungs- und Beweislast an (siehe dazu unten). Oft muss ein Sachverständigengutachten erstellt werden. Ergibt sich, welcher Kostenaufwand marktüblich ist, wird dem Vermieter allgemein ein 10 – 20 % höherer Kostenansatz zugestanden. Höhere Kosten sind durchaus möglich, soweit sie der Vermieter nachvollziehbar begründen kann (Schmid Mietrecht 2. Aufl. S. 377).

Wirtschaftlichkeitsgebot ist nur im laufenden Mietverhältnis maßgebend

Der Mieter kann sich nur auf das Wirtschaftlichkeitsgebot berufen, wenn der Vermieter während des laufenden Mietverhältnisses Liefer- oder Dienstleistungsverträge abgeschlossen hat (BGH VIII ZR 243/06 in DWW 2008, 143). Bei Abschluss des Mietvertrages bestehende Verträge könne der Mieter jedoch nicht beanstanden, da der Vermieter zu diesem Zeitpunkt Verträge bereits abgeschlossen hatte und dem Mieter gegenüber nicht zur Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes verpflichtet war.

Will ein Vermieter eine Dienstleistung beauftragen, deren Kosten er auf den Mieter umlegen will (z.B. Gebäudereinigung), sollte er mehrere Angebote und Kostenvoranschläge einfordern und diese archivieren. Bestreitet der Mieter die Angemessenheit des Kostenaufwandes, kann er auf seine Entscheidungsgrundlagen zurückgreifen.

Einzelaspekte zum Wirtschaftlichkeitsgebot

Auslegung von Kapazitäten

Der Vermieter hat bei der Auslegung von Kapazitäten einen Spielraum. So ist es zulässig, dass eine Heizungsanlage so große Leistungsreserven hat, dass deren Kapazität auch unter ungünstigen Umständen ausreicht, auch wenn höhere Betriebskosten entstehen. Lediglich offensichtliche Überkapazitäten muss der Vermieter zurückführen (AG Wennigsen WuM 2003, 90).

Beispiel: Gärtnerische Gestaltung von Freiflächen. Dem Vermieter steht ein Spielraum für die Art der Bepflanzung zu. Keinesfalls muss er nur pflegeleichte Rasenflächen anlegen. Er darf auch in Abständen regelmäßig Neuanpflanzungen vornehmen (AG Steinfurt WuM 1999, 721). Eine übertriebene Beleuchtungsanlage wurde allerdings als unwirtschaftlich angesehen (LG Berlin GE 1992, 989).

Unwirtschaftlich sind auch Wartungsverträge über Einrichtungen und Anlagen, die keinem regelmäßigen Verschleiß unterliegen (AG Hamburg WuM 1998, 308: Klingelt- und Gegensprechanlage).

Umlage der Prämien für eine Terrorismusversicherung

Der BGH hat die Umlagefähigkeit für die Prämien einer Terrorismusversicherung bejaht (BGH XII ZR 129/09 in NJW 2010, 3547). Es war bis dahin streitig, ob die Prämien nur bei bestimmten Gefährdungen des versicherten Objektes oder generell umlegbar sind. Da eine Terrorismusversicherung eine Sachversicherung ist, ist die Umlagefähigkeit grundsätzlich vorhanden (§ 2 Nr. 13 BetrKV). Maßgebend sei jedoch, ob „konkrete Umstände vorliegen, die die Gefahr eines Gebäudeschadens durch einen terroristischen Angriff begründen“.

Ein solches Risiko bestehe bei Gebäuden mit Symbolcharakter (vgle. Word Trade Center in New York), Gebäuden mit staatlichen Funktionen (Regierungsgebäude), Gebäuden mit hohen Besucherzahlen (Bahnhöfe, Touristenattraktionen, Büro- und Einkaufszentren) und Gebäuden in der Nachbarschaft solcher Zielobjekte. Daher kann auch ein einzelner Gewerberaum in der Nachbarschaft einer militärischen Einrichtung durchaus terrorismusgefährdet sein. Liegt eine solche Situation vor, entspricht es dem Gebot einer vernünftigen Bewirtschaftung, wenn der Vermieter eine Terrorismusversicherung abschließt. Im Einzelfall kommt es immer darauf an, inwieweit ein ausreichendes Gefährdungspotenzial tatsächlich gegeben.

Wer muss was beweisen?

In der Rechtsprechung ist umstritten, wer was beweisen muss, wenn ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot zur Debatte steht. Für den Mieter ist es schwierig, weil er in der Regel nicht weiß, welche Umstände den Vermieter zu seiner Entscheidung bewogen haben und auf welchen Grundlagen er sich entschieden hat. Grundsätzlich wird nach einer begründeten Beanstandung des Mieters vom Vermieter erwartet, dass er die Tatsachen darlegt, die der Mieter selbst nicht kennen kann (LG Oldenburg WuM 2003, 566).

In einer Entscheidung des KG Berlin (ZMR 2011, 711) ging es darum, dass der Vermieter eine kostenerhöhende Sonderversicherung abgeschlossen hatte, da seine bisherige Feuerversicherung das Brandrisiko bei Bars und Diskotheken nicht einschloss. Der Mieter nahm Einsicht in die Abrechnungsunterlagen des Vermieters und holte Vergleichsangebote anderer Versicherer ein, die deutlich geringere Kosten auswiesen.

Das Gericht stellte darauf ab, dass der Mieter seine Beanstandung anhand der ihm möglichen Umstände ausreichend begründet habe. Deshalb sei der Vermieter verpflichtet, seine Entscheidung zu rechtfertigen. Gebe es auch danach kein Einvernehmen, müsse ein Sachverständigengutachten eingeholt werden.

Die Erkenntnis dieser Entscheidung besteht vor allem darin, dass es nicht genügt, wenn der Mieter den Kostenansatz des Vermieters schlicht bestreitet. Vielmehr muss er die Abrechnungsunterlagen des Vermieters einsehen und im Hinblick auf Vergleichsangebote vortragen, weshalb das Wirtschaftlichkeitsgebot verletzt sein soll. Nur dann ist der Vermieter verpflichtet, darzulegen, warum es sich gerade für dieses Angebot entschieden hat und alternative Angebote nicht zum Zuge kommen ließ.

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