Die Aufrechnung ist in § 387 BGB geregelt. Danach können Personen, die einander etwas schulden, ihre Leistungen gegenseitig aufrechnen und damit verrechnen. Dadurch wird ein sinnloses Hin- und Herzahlen vermieden und die Tilgung von Forderungen wird erleichtert.
Um ein Aufrechnungsverbot im Vertrag zu beurteilen und letztlich wirksam zu gestalten, bedarf es der Kenntnis einiger rechtlicher Gegebenheiten.
Voraussetzung ist, dass die Leistungen gleichartig sind. So kann eine Geldforderung nur gegen eine Geldforderung, nicht aber gegen einen Herausgabeanspruch aufgerechnet werden. Gleichartigkeit bedeutet aber nicht, dass die Forderungen gleich hoch sein müssen. Forderungen erlöschen, soweit sie sich decken.
Beispiel: A schuldet B 1.000 € aus Darlehen, B schuldet A 400 € aus Kaufvertrag. Rechnet B mit seiner Forderung über 400 € gegen die Darlehensforderung des A über 1.000 € auf, kann A von B nur noch 600 € verlangen.
Aufrechnung wirkt rückwirkend
Ab dem Zeitpunkt der Aufrechnungslage brauchen keine Zinsen mehr errichtet zu werden. Wird die Aufrechnung nach dem Entstehen der Aufrechnungslage erklärt, wirkt sie rückwirkend auf den Zeitpunkt der Aufrechnungslage, so das von diesem Zeitpunkt an auch keine Zinsen/Verzugszinsen mehr entrichtet werden müssen.
Aufrechnung muss ausdrücklich erklärt werden
Wichtig ist, dass derjenige, der aufrechnen möchte, seinen Wunsch ausdrücklich zum Ausdruck bringen und die Aufrechnung ausdrücklich erklären muss. Zwei sich gegenüberstehende Forderungen verrechnen sich also nicht automatisch.
Aufrechnung kann im Gewerbemietvertrag ausgeschlossen werden
Die Aufrechnung kann vertraglich ausgeschlossen werden. Rechtsgrundlage ist § 556b BGB, dessen in Absatz II enthaltenes Aufrechnungsverbot über § 579 II BGB im Gewerberaummietrecht für nicht anwendbar erklärt wird (Harz in Miet- und Wohnungseigentumsrecht 2. Aufl. S.269).
1. Formularmäßiger Ausschluss
Eine Aufrechnung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Mieter Minderungsansprüche geltend macht und seine Forderung mit der fälligen Miete verrechnen möchte. Soweit der Vermieter aus Liquiditätsgründen auf den regelmäßigen Zahlungseingang angewiesen ist, kann die Situation für ihn problematisch werden. Um diese Situation von vornherein zu vermeiden, kann er sich auf eine im Mietvertrag vereinbarte „Abkopplungsklausel“ berufen. Mit einer solchen Klausel wird die Mietforderung von eventuellen Gegenansprüchen des Mieters abgekoppelt. Sie beinhaltet also das Verbot, gegen den Anspruch des Vermieters auf Zahlung der laufenden Miete die Miete zu mindern oder mit Gegenforderungen aufzurechnen.
Abkopplungsklauseln sind problematisch
Abkopplungsklauseln werden in der Rechtsprechung zwar grundsätzlich für zulässig erachtet, in ihrer konkreten Ausgestaltung jedoch sehr kritisch beurteilt. Maßgebend ist das Äquivalenzgebot, nach dem keine Vertragspartei, insbesondere nicht der Mieter, unangemessen benachteiligt werden darf.
- Dabei kommt es darauf an, dass durch die Abkopplungsklausel kein endgültiger Ausschluss von Gegenansprüchen des Mieters, insbesondere von Minderungs- und Schadensersatzansprüchen, erfolgt. Eine Klausel, die die Aufrechnung mit Forderungen des Mieters ausnahmslos ausschließt, ist wegen unangemessener Benachteiligung immer unwirksam (BGH NJW 1985, 31).
Dem Mieter muss immer die Möglichkeit verbleiben, seinen Anspruch auf Rückforderung überzahlter Mieten zumindest nach Bereicherungsrecht geltend zu machen. Ein vollständiger Minderung Ausschluss würde den Mieter unangemessen benachteiligen.
Beispiel für eine solche unwirksame Klausel: … „ Der Mieter kann gegenüber den Ansprüchen des Vermieters auf Zahlung des Mietzinses und der Nebenkosten kein Minderungsrecht wegen Mängel der Mietsache geltend machen, es sei denn, der Vermieter hat die Mängel vorsätzlich oder grob fahrlässig zu vertreten.“
In diesem Fall den der BGH davon aus, dass der Mieter keinerlei Minderungsansprüche geltend machen kann, weil die Klausel ein Verschulden des Vermieters am Entstehen des Minderungsgrundes voraussetzt. Da ein Minderungsanspruch aber immer verschuldensunabhängig besteht und der Vermieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache ohne Rücksicht auf sein eventuelles Verschulden zu gewährleisten hat, würde der Mieter in dieser Klausel unangemessen benachteiligt (BGH XII ZR 147/05 in NZM 2008, 522).
- Eine Abkopplungsklausel kann sich daher allenfalls auf bestrittene oder noch nicht rechtskräftige Gegenforderungen beziehen.
Diese Klausel trägt dem Umstand Rechnung, dass die Liquidität des Vermieters durch die fortlaufende Mietzahlung gewährleistet bleibt und zugleich das Recht des Mieters, ein vermeintliches Mietminderungsrecht oder eine sonstige Forderung geltend zu machen, dadurch nicht ausgeschlossen wird.
Diese Vorgabe gilt insbesondere im Hinblick auf eine formularmäßig vereinbarte Regelung, die in diesem Sinne gemäß § 309 Nr. 3 BGB unwirksam sein könnte. Danach ist ein Aufrechnungsverbot unwirksam, wenn der Vertragspartner die Möglichkeit genommen wird, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen.
Hinweis: Eine ähnliche BGH-Entscheidung (BGH VII ZR 209/07 in ZMR 2011, 541), die allerdings im Architektenrecht erging und die vorstehend formulierte AGB-Klausel für unwirksam erklärte, dürfte auf das Gewerbemietrecht nicht übertragbar sein. Architektenhonorare sind einmalige Zahlungen, während Mietzahlungen des Vermieters fortlaufender Art sind und dessen Liquidität gewährleisten sollen.
- Eine Klausel, die die Aufrechnung mit einer rechtskräftig festgestellten Forderung erlaubt, soll unbestrittene Forderungen mit umfassen (BGH ZMR 1993, 322).
- Umgekehrt soll der Ausschluss unbestrittener Forderungen so zu interpretieren sein, dass damit auch rechtskräftig festgestellte Forderungen erfasst sind (BGHZ 107, 189).
- Unzulässig ist eine Klausel, die die Zulässigkeit der Aufrechnung davon abhängig machen will, dass der Vermieter die Forderung des Mieters anerkannt hat (BGH NJW-RR 2006, 1350). Das Problem besteht darin, dass die Zulässigkeit der Aufrechnung mit einer unbestrittenen Gegenforderung nicht mehr uneingeschränkt möglich ist.
- Auch kann eine Klausel die Aufrechnung nicht von der Zustimmung des Vermieters im Einzelfall abhängig machen (BGH ZMR 2007, 854).
- Zulässig ist eine Klausel, die den Gewerberaummieter wegen seines Minderungsrechts auf eine gesonderte Klage verweist (LG Hamburg ZMR 2005, 51).
- Zulässig ist auch, die Aufrechnung durch mietvertragliche Vereinbarung davon abhängig zu machen, dass der Mieter die Aufrechnung mit einer Frist von einem Monat ankündigt (OLG Celle ZMR 1998, 272). Insbesondere ist auch eine formularmäßige Ankündigungsklausel erlaubt (OLG Hamburg WuM 1998, 152).
- Ein formularmäßig vereinbartes Aufrechnungsverbot soll auch nach der Beendigung des Mietverhältnisses wirksam bleiben (OLG Frankfurt NJW 1987, 1650). Soweit die Klausel im Rahmen eines Gewerbemietvertrages individuell vertraglich ausgehandelt wurde, ist dies unproblematisch (BGH ZMR 2000, 364).
2. Individuell vereinbarte Klausel
Ein individuell vertraglich vereinbartes Aufrechnungsverbot unterliegt weitaus weniger einer kritischen Betrachtungsweise, sollte aber die zum formularmäßigen Aufrechnungsverbot ergangene Rechtsprechung unbedingt berücksichtigen.
Auch hier gilt letztlich, dass der Mieter nicht unangemessen benachteiligt werden darf, indem er seiner gesetzlich zustehenden Rechte hinsichtlich Minderung und Schadensersatz beraubt wird. In Betracht kommt allenfalls eine Einschränkung, die die Liquidität des Vermieters gewährleisten soll und dem Mieter seine Rechte belässt.
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