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Mietvertrag über mehr als 30 Jahre? Was muss ich wissen?

Die meisten Mieter wollen heutzutage flexibel sein und sich die Möglichkeit offen halten, jederzeit umziehen zu können. Eine Befristung des Mietverhältnisses oder ein Kündigungsverzicht für eine längere Zeit ist daher in der Regel nicht gewollt. Es gibt aber auch solche Mieter, die sich für Jahrzehnte binden wollen und den Bestand ihres Mietverhältnisses für eine sehr lange Zeit gesichert haben möchten. Auch manche Vermieter streben eine sehr lange Vertragsdauer an. So kommt es durchaus vor, dass Mietverträge für eine Zeit von mehr als 30 Jahren geschlossen werden.

Ob, unter welchen Voraussetzungen und auf welche Art und Weise ein Mietverhältnis für einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren begründet werden kann, welche Folgen dies für die Mietparteien hat und ob es die Möglichkeit einer vorzeitigen Vertragsbeendigung gibt, erklärt der folgende Beitrag.

I. Welche Möglichkeiten gibt es, eine Vertragsdauer von mehr als 30 Jahren zu erreichen?

Möchten die Mietparteien eine bestimmte (Mindest-) Vertragslaufzeit verbindlich festlegen, gibt es grds. unterschiedliche Möglichkeiten, dies zu erreichen. Eine naheliegende Möglichkeit ist diejenige einer Befristung. In diesem Fall vereinbaren die Parteien, dass das Mietverhältnis einen bestimmten, 30 Jahre übersteigenden Zeitraum bestehen und nach Ablauf dieses Zeitraums automatisch enden soll (zur Zulässigkeit einer solchen Befristung bei Wohnraummietverhältnissen vgl. die Ausführungen unter II.). Die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses durch eine ordentliche Kündigung ist dann nicht möglich (zur Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung mit gesetzlicher Frist vlg. die Ausführungen unter IV.). Aber auch durch einen Kündigungsverzicht für eine Zeit von mehr als drei Jahrzehnten kann – sofern dieser im konkreten Fall wirksam ist (vgl. dazu die Ausführungen unter II.)- verhindert werden, dass das Mietverhältnis vor Ablauf der für den Kündigungsverzicht festgelegten Laufzeit durch eine ordentliche Kündigung beendet werden kann. Im Gegensatz zur Befristung endet das Mietverhältnis nach Ablauf der Zeit, für die der Kündigungsverzicht gilt, nicht automatisch. Es bedarf vielmehr einer Kündigung des Mietverhältnisses durch eine Vertragspartei. Neben diesen beiden bekannteren Möglichkeiten, auf die Vertragsdauer Einfluss zu nehmen, gibt es außerdem das sog. Optionsrecht, durch das in der Regel einer Partei das Recht eingeräumt wird, die Verlängerung des zunächst für nicht mehr als 30 Jahre befristeten Mietverhältnissen über einen Zeitraum von 30 Jahren hinaus herbeizuführen. In diesem Fall hat nur diejenige Partei, der das Optionsrecht eingeräumt worden ist, die Möglichkeit, ohne (erneute) Zustimmung der anderen Partei eine Mietdauer von mehr als 30 Jahren herbeizuführen. Schließlich können die Mietparteien das Ende des Mietverhältnisses auch von dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses abhängig machen, dessen genaues Datum den Parteien zwar nicht bekannt ist, das nach ihrer Überzeugung aber erst nach Ablauf von mehr als 30 Jahren eintreten wird oder zumindest erst dann eintreten kann. Auch durch den Abschluss des Mietvertrages auf Lebenszeit des Mieters oder des Vermieters kann im Einzelfall eine mehr als dreißigjährige Bindung erreicht werden. Garantiert ist dies angesichts der stets vorhandenen Ungewissheit über den Todeszeitpunkt jedoch nicht.

II. Diese Einschränkungen sind bei Wohnraummietverhältnissen zu beachten

Von den unter I. dargelegten Möglichkeiten, eine Vertragslaufzeit von mehr als 30 Jahren herbeizuführen, können die Vertragsparteien bei Wohnraummietverhältnissen nicht uneingeschränkt Gebrauch machen. Folgende Einschränkungen sind hier zu beachten:

Möchten die Parteien eines Wohnraummietverhältnisses eine Befristung von mehr als 30 Jahren vereinbaren, kann dies an § 575 BGB scheitern. Diese Vorschrift enthält zwar keine zeitliche Beschränkung der Möglichkeit, ein Wohnraummietverhältnis zu befristen, verlangt aber das Vorliegen eines Befristungsgrundes, und zwar nicht irgendeines, sondern eines der in § 575 Abs.1 S.1 BGB abschließend genannten. § 575 Abs.1 S.1 BGB macht es für den wirksamen Abschluss eines befristeten Mietvertrages zur Voraussetzung, dass der Vermieter nach Ablauf der Mietzeit

  • die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts nutzen will,
  • in zulässiger Weise die Räume beseitigen oder so wesentlich verändern oder instand setzen will, dass die Maßnahmen durch eine Fortsetzung des Mietverhältnisses erheblich erschwert würden, oder
  • die Räume an einen zur Dienstleistung Verpflichteten vermieten

Es ist zwar nicht ausgeschlossen, kommt aber eher selten vor, dass der Vermieter von Wohnraum für einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren imVoraus plant und beim Abschluss des Mietvertrages bereits weiß oder zumindest die ernsthafte Absicht hat, die Wohnung nach Ablauf der Mietzeit einer der in § 575 Abs.1 S.1 BGB abschließend genannten Verwendungen zuzuführen.

Auch der Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses durch die Vereinbarung eines Kündigungsverzichts von entsprechender Dauer kann bei Wohnraumietverhältnissen nicht erreicht werden, wenn der Kündigungsverzicht formularvertraglich vereinbart wird. Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein formularmäßiger Kündigungsverzicht selbst dann, wenn er für beide Vertragsparteien gelten soll, in einem auf unbestimmte Zeit geschlossenen Mietvertrag nur für die Dauer von höchstens vier Jahren– gerechnet ab dem Vertragsschlusswirksam vereinbart werden, wenn garantiert ist, dass das Mietverhältnis mit Wirkung zum Ende des Vierjahreszeitraums beendet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 08.12.2010 -VIII ZR 86/10). Möchten die Mietparteien einen Kündigungsverzicht mit einer Laufzeit von mehr als 30 Jahren vereinbaren, muss dies durch eine Individualvereinbarung geschehen. Wie der BGH jüngst bekräftigt hat, können die Vertragsparteien die ordentliche Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses im Wege der Individualvereinbarung auch für sehr lange Zeiträume ausschließen. Eine Grenze wird bei einem individuell vereinbarten Kündigungsausschluss nur durch § 138 BGB (Sittenwidrigkeit) gesetzt, z. B. bei der Ausnutzung einer Zwangslage einer Partei oder beim Vorliegen sonstiger Umstände, die der Vereinbarung das Gepräge eines sittenwidrigen Rechtsgeschäfts geben. Die individuelle Vereinbarung eines dauerhaften Ausschlusses der ordentlichen Kündigung ist daher grundsätzlich möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 08.05.2018 – VIII ZR 200/17). Zu beachten ist jedoch, dass eine Individualvereinbarung nur dann vorliegt, wenn der Kündigungsverzicht im Einzelnen ausgehandelt wurde. Aushandeln bedeutet, dass der Vermieter die Vertragsbestimmung inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und bereit ist, über die vorgesehene Regelung ernsthaft zu verhandeln (vgl. AG Gießen, Urteil vom 11.07.2001 – 48-M C 796/00). Der Vermieter muss dem Mieter eine Gestaltungsfreiheit einräumen, um eigene Interessen wahrzunehmen und ihm tatsächlich die Möglichkeit geben, die Ausgestaltung der Bedingungen zu beeinflussen.

III. Der Mietvertrag unterliegt der Schriftform

Möchten die Vertragsparteien sich für mehr als 30 Jahre binden, können sie dies außerdem nur erreichen, wenn der Mietvertrag derSchriftform genügt. In diesem Fall kommt nämlich § 550 S.1 BGB zur Anwendung, der bestimmt, dass ein Mietvertrag, der für eine längere Zeit als ein Jahr gelten soll, als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt, wenn er nicht in schriftlicher Form geschlossen wurde. Dieses Formerfordernis gilt nicht nur für befristete Mietverträgen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr. Nach der Rechtsprechung unterliegen auch Mietverhältnisse, die zwar auf unbestimmte Zeit geschlossen worden sind, für die aber ein Kündigungsausschluss für länger als ein Jahr vereinbart worden ist, dem Schriftformerfordernis des § 550 S.1 BGB (vgl. BGH, Beschlussvom 09. 07. 2008 – XII ZR 117/06). Auch ein Mietvertrag, der die unter I. beschriebene Verlängerungsoption enthält, unterfällt dem Schriftformerfordernis des § 550 S.1 BGB, wenn der begünstigten Mietvertragspartei das Recht eingeräumt wird, durch eine einseitige Erklärung den bestehenden Mietvertrag über ein Jahr hinaus zu verlängern (vgl. BGH,Urteilvom 24.06.1987 – VIII ZR 225/86). Das Gleiche gilt für einen Mietvertrag, der mit dem Eintritt eines bestimmten Ereignis enden soll, wenn das Ereignis nach den Vorstellungen der Parteien erst nach mehr als einem Jahr Vertragsdauer eintreten wird oder kann und auch für einen auf Lebenszeit einer Vertragspartei geschlossenen Mietvertrag. Auch dieser bedarf der Schriftform (vgl. BGHUrteil vom 30.09.1958 – VIII ZR 134/57).

Wird die 30 Jahre überschreitende Bindung erst durch eine nachträgliche Vereinbarung der Parteien herbeigeführt, unterliegt (auch) diese Vereinbarung dem Schriftformerfordernis.

Beachte:

Wird die Schriftform nicht gewahrt, führt dies nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Mietvertrages, sondern lediglich dazu, dass der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Für das Mietverhältnis gelten alle Vorschriften, die für unbefristete Mietverhältnisse gelten, was insbesondere zur Folge hat, dass das Mietverhältnis zum Ablauf eines Jahres seit der vertragsgemäßen Überlassung der Mietsache (vgl. § 550 S.2 BGB) vom Mieter grundlos, vom Vermieter im Falle eines Wohnraummietverhältnisses unter den Voraussetzungen des § 573 BGB, ordentlich fristgerecht gekündigt werden kann.

IV. Wird ein Mietvertrag für eine längere Zeit als 30 Jahre geschlossen, besteht nach Ablauf von 30 Jahren ein außerordentliches Kündigungsrecht

Die vorangegangenen Ausführungen mögen den Eindruck erweckt haben, den Mietparteien oder einer Mietpartei sei eine Vertragsdauer von mehr als 30 Jahren garantiert, wenn sie eine der unter I. genannten Gestaltungsmöglichkeiten gewählt haben. Dem ist jedoch nicht so. Der Gesetzgeber wollte verhindern, dass Mieter oder Vermieter für eine unbegrenzte Dauer an ein Mietverhältnis gebunden sein können. Um dies zu erreichen, hat er neben dem stets bestehenden Kündigungsrecht aus §§ 543,569 BGB, dessen Voraussetzungen allerdings nur bei einer erheblichen Vertragsstörung vorliegen, mit § 544 S.1 BGB ein Sonderkündigungsrecht eingeführt, dass den Mietparteien auch dann zur Verfügung steht, wenn weder eine ordentliche Kündigung -z. B. wegen eines Kündigungsverzichts oder einer Befristung- noch eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gem. §§ 543, 569 BGB möglich ist. § 544 S.1 BGB bestimmt, dass immer dann, wenn ein Mietvertrag für eine längere Zeit als 30 Jahre geschlossen wird, jede Vertragspartei nach Ablauf von 30 Jahren nach der Überlassung der Mietsache das Mietverhältnis außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen kann. Dieses Sonderkündigungsrecht besteht nicht nur dann, wenn

  • die Parteien eine Befristung von mehr als 30 Jahren vereinbart haben,

sondern auch dann, wenn

  • das Recht zur ordentlichen Kündigung für zumindest eine Vertragspartei für mehr als 30 Jahre ausgeschlossen ist (vgl. OLG Bamberg,Beschlussvom03.2012- 8 U 4/12),
  • einer oder auch beiden Parteien ein Optionsrecht, also ein Recht eingeräumt worden ist, die Verlängerung des zunächst für nicht mehr als 30 Jahre befristeten Mietverhältnisses über einen Zeitraum von 30 Jahren hinaus herbeizuführen (vgl. BGH,Urteil vom 11. 2003 – IX ZR 76/00),
  • die Mietparteien das Ende des Mietverhältnisses von dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses abhängig gemacht haben, dessen genaues Datum den Parteien zwar nicht bekannt ist, das nach ihrer Überzeugung aber erst nach Ablauf von mehr als 30 Jahren eintreten wird oder zumindest erst dann eintreten kann (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 05. 1996 4 U 47/96).

Dass eine Kündigung gem. §§ 543, 569 BGB aus wichtigem Grund grds. möglich ist, steht dem Bestehen des Sonderkündigungsrechts aus § 544 S.1 BGB nicht entgegen.

Ausdrücklich ausgeschlossen hat der Gesetzgeber in § 544 S.2 BG das Sonderkündigungsrecht in solchen Fällen, in denen der Vertrag auf Lebenszeit des Vermieters oder des Mieters geschlossen worden ist. Auch wenn sich dies aus dem Wortlaut des § 544 S.2 BGB nicht ergibt, soll der Ausschluss des Sonderkündigungsrechts auch dann gelten, wenn das Recht zur ordentlichen Kündigung zumindest einer Partei für deren Lebenszeit ausgeschlossen ist.

Wichtig:

Für das Bestehen des Sonderkündigungsrecht aus § 544 S.1 BGB genügt es nicht, dass das Mietverhältnis tatsächlich bereits 30 Jahre andauert. Es ist erforderlich, dass die Vertragsparteien eine Vereinbarung getroffen haben, die bewirkt, dass zumindest eine Partei für mehr als 30 Jahre an den Vertrag gebunden ist. Kein Sonderkündigungsrecht besteht daher z. B. dann, wenn das Mietverhältnis mehr als 30 Jahre andauert, weil es nicht ordentlich gekündigt worden ist, die Parteien aber grds. (der Vermieter von Wohnraum allerdings nur unter den Voraussetzungen des § 573 BGB) die Möglichkeit dazu gehabt hätten.

Nicht einheitlich beurteilt wird die Frage, ob die mehr als dreißigjährige Bindung und der Ablauf von 30 Jahren auch für den Vermieter von Wohnraum für die Entstehung des Sonderkündigungsrechts aus § 544 S.1 BGB genügen, oder ob der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses i.S.d. § 573 BGB haben muss. Unter Verweis auf § 573d Abs.1 BGB, der bestimmt, dass mit Ausnahme der Kündigung gegenüber Erben des Mieters nach § 564 BGB die §§ 573 und 573aBGB entsprechend gelten, wenn ein Mietverhältnis außerordentlich mit der gesetzlichen Frist gekündigt werden kann, wird dies teilweise bejaht. Die wohl überwiegende Meinung hält im Hinblick auf den Zweck des § 544 S.1 BGB ein berechtigtes Interesse des Vermieters von Wohnraum an der Beendigung des Mietverhältnisses jedoch nicht für erforderlich (vgl. Lammel, in: Schmidt- Futterer, Mietrecht, § 544 BGB Rn.17; Bieber, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 544 BGB Rn.8). Auch die den Mieter von Wohnraum schützenden Vorschriften der §§ 574 ff. BGB, die dem Mieter ein Widerspruchsrecht beim Vorliegen eines Härtefalls einräumen, kommen nach zwar ebenfalls umstrittener, aber wohl überwiegender Ansicht nicht zur Anwendung. Ebenso wenig kann der Wohnraummieter im Falle eines befristeten Mietverhältnisses nach Ablauf von 30 Jahren unter den Voraussetzungen des § 575 Abs.2 S.2 BGB oder des § 575 Abs.3 S.1 und 2 BGB die Fortsetzung des befristeten Mietverhältnisses verlangen.

Bei dem Kündigungsrecht aus § 544 S.1 BGB handelt es sich zwar um ein außerordentliches Kündigungsrecht. Im Gegensatz zu dem Recht aus § 543 BGB, das eine fristlose Kündigung ermöglicht, sind im Falle des § 544 S.1 BGB jedoch Fristen einzuhalten. Für das Sonderkündigungsrecht aus § 544 S.1 BGB gilt für befristete Wohnraummietverhältnisse § 575a Abs.3 S.1 BGB. Danach ist die Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Entsprechendes regelt § 573d Abs.2 S.1 BGB für unbefristete Wohnraummietverhältnisse. Auch für den Vermieter verlängert sich die Kündigungsfrist nicht ab einer bestimmten Mietdauer, wie es § 573c Abs.1 S.2 BGB für die ordentliche Kündigung des Vermieters von Wohnraum vorsieht. Liegt ein Gewerbemietverhältnis vor, ergibt sich die Kündigungsfrist aus § 580a Abs.4 BGB. Für die Geschäftsraummiete bedeutet dies gem. § 580a Abs.4 BGB i. V. m. § 580a Abs.2 BGB, dass die Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahrs zulässig ist.

Die Kündigungsfrist kann erst nach Ablauf von 30 Jahren in Gang gesetzt werden. Es ist daher nicht möglich, das Mietverhältnis durch eine Kündigung gem. § 544 S.1 BGB bereits mit Wirkung zum Ablauf der 30 Jahre zu beenden. Da das Kündigungsrecht erst mit Ablauf der 30 Jahre entsteht, ist eine zuvor ausgesprochene Kündigung unwirksam (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 29.11.1996 – 30 U 109/96). Zu beachten ist hierbei, dass die 30 Jahre nicht ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern mit der Überlassung der Mietsache an den Mieter zu laufen beginnen (vgl. OLG Düsseldorf,Urteilvom06.07.2001 – 24 U 214/00). Kommt es zu der 30 Jahre überschreitenden Bindung erst durch eine nachträgliche Vereinbarung der Parteien, ist auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Vereinbarung abzustellen (vgl. OLG Hamm,Urteil vom 21. 09. 2001 – 30 U 54/01).

Ist das Kündigungsrecht entstanden, muss es keinesfalls sofort ausgeübt werden (vgl. BGH,Urteil vom 20.02.1992 – III ZR 193/90. Auch tritt in der Regel keine Verwirkung ein, wenn von dem Kündigungsrecht längere Zeit kein Gebrauch gemacht wird.

Beachte:

Ein vertraglicher Ausschluss des Sonderkündigungsrecht aus § 544 S.1 BGB vor seiner Entstehung ist nicht möglich. Nach seiner Entstehung können die Parteien aber auf die Ausübung ihres Kündigungsrechts verzichten (vgl. Bieber, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 544 BGB Rn.8).

V. Fazit und Zusammenfassung

  1. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, eine Vertragsdauer von mehr als 30 Jahren zu vereinbaren.
  2. Zum Schutz des Mieters von Wohnraum sind diese Möglichkeiten bei Wohnraummietverhältnissen jedoch eingeschränkt.
  3. Eine mehr als 30 Jahre andauernde Bindung an den Vertrag können die Vertragsparteien nur erreichen, wenn der Mietvertrag der Schriftform genügt. Wird die 30 Jahre überschreitenden Bindung erst durch eine nachträgliche Vereinbarung der Parteien herbeigeführt, unterliegt (auch) diese Vereinbarung dem Schriftformerfordernis.
  4. Wird ein Mietvertrag für eine längere Zeit als 30 Jahre geschlossen, kann das Mietverhältnis nach Ablauf von 30 Jahren außerordentlich mit der gesetzlichen Frist gekündigt werden.

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