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‌Mieter kündigen für wirtschaftliche Verwertung – Ratgeber und Gründe

Vermieter können den Mietvertrag nicht allein wegen eines Verkaufs des Mietshauses kündigen. Hier gilt der Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“. Einen Ausnahmefall zu diesem Grundsatz stellt allerdings die Kündigung wegen wirtschaftlicher Verwertung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar.  Liegen die Voraussetzungen für diesen Kündigungsgrund vor, können Vermieter sehr wohl wegen einer bestehenden Verkaufsabsicht kündigen.  Gründe des Vermieters für die Kündigungsentscheidung können dabei zum Beispiel eine Sanierung mit Verkauf oder ein Abriss und Verkauf sein oder ähnliches. Auch eine geplante Umwandlung der Mietwohnungen in Eigentumswohnungen nach einer Sanierung kann ein Fall der wirtschaftlichen Verwertung sein.

Lesen Sie im nachfolgenden Ratgeber, welche Voraussetzungen  für eine Kündigung wegen wirtschaftlicher Verwertung vorliegen müssen und wie die Gerichte die einzelnen Gründe beurteilen.

I. Was heißt Verwertungskündigung?

Die sog. Verwertungskündigung ist eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Danach kann der Vermieter dem Mieter ordentlich kündigen, wenn er durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert ist und dadurch erhebliche Nachteile erleidet.

Diese Kündigungsart ist für zwei Fälle gesetzlich ausgeschlossen: Der erste Fall ist der, dass der Vermieter die Kündigung aussprechen will, um durch eine Neuvermietung eine höhere Miete zu erzielen (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 BGB). Der zweite Fall ist der, dass der Vermieter die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

II. Was sind die Voraussetzungen für eine Kündigung wegen wirtschaftlicher Verwertung?

Damit der Vermieter eine Mietwohnung wegen wirtschaftlicher Verwertung kündigen kann ist vorausgesetzt, dass

  • der Vermieter die Absicht zur wirtschaftlichen Verwertung des vermieteten Wohnraums hat (siehe unter Abschnitt II.1),
  • die beabsichtigte Verwertung angemessen ist (siehe unter Abschnitt II.2),
  • das bestehende Mietverhältnis eine Hinderung dieser Verwertung darstellt (siehe unter Abschnitt II.3) und
  • dem Vermieter dadurch die Gefahr erheblicher Nachteile droht (siehe unter Abschnitt II.4).

Nur wenn alle vier Voraussetzungen erfüllt sind, können Vermieter den Mietvertrag wirksam wegen wirtschaftlicher Verwertung kündigen.

Zu den einzelnen Voraussetzungen:

1. Was gilt als Absicht anderweitiger wirtschaftlicher Verwertung?

Die Absicht einer anderen wirtschaftlichen Verwertung einer Mietwohnung ist z.B. der Plan des Vermieters einen Abriss und Neubau der Immobilie vorzunehmen oder eine Komplettsanierung durchzuführen. Auch eine Neuaufteilung der Wohnräume, um größere oder kleinere Wohnungen zu schaffen ist eine anderweitige wirtschaftliche Verwertung. Ebenso der Plan des Verkauf der Immobilie ohne Mieter.

Wichtig ist dabei besonders, dass der Vermieter seine Verwertungspläne mit der notwendigen Ernsthaftigkeit darlegt und tatsächlich deren alsbaldige Umsetzung plant, anderenfalls handelt es sich um eine unzulässige, bloße Vorratskündigung (BGH, Urteil vom 27.09.2017, Az.: VIII ZR 243/16). Nach dem BGH ist immer zu prüfen, ob lediglich das – nicht ausreichende – noch unbestimmte Interesse einer möglichen späteren Verwertung besteht oder ob sich der Verwertungswunsch bereits soweit verdichtet hat, dass ein konkretes Interesse an der alsbaldigen Umsetzung der im Kündigungsschreiben dargelegten Pläne angenommen werden kann (BGH, Urteil vom 27.09.2017, Az.: VIII ZR 243/16).

Es stellt regelmäßig keine Absicht einer anderweitigen wirtschaftlichen Verwertung dar, wenn der Vermieter kündigen will, um mit neuen Mietern mehr Miete zu erzielen oder die Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Die reine Gewinnoptimierung rechtfertigt keine Wohnungskündigung (BGH, Urteil vom 27.09.2017, Az.: VIII ZR 243/16).

Der Gesetzgeber will hier all die Fälle abdecken, in denen einen Immobilie z.B. wegen dem Zustand und Alters keine angemessenen Mieteinnahmen mehr erzielen kann. Eigentümer müssen dann die Möglichkeit haben einen Abriss mit Neubau oder eine Totalsanierung vorzunehmen, um den wirtschaftlichen Wert ihres Eigentums wieder zu verbessern.

2. Wann ist eine beabsichtigte wirtschaftliche Verwertung angemessen?

Für das Kündigungsrecht reicht es allerdings nicht aus, dass der Vermieter lediglich die Absicht einer anderweitigen Verwertung hat. Die angedachte wirtschaftliche Verwertung muss gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB auch angemessen sein.

Nach dem Bundesgerichtshof (BGH) ist das jedenfalls dann der Fall, wenn sich die Entscheidung des Eigentümers auf vernünftige und nachvollziehbare Erwägungen stützt (BGH, Urteil vom 28.01.2009, Az.: VIII ZR 8/08).

Welche Erwägungen als vernünftig und nachvollziehbar anzusehen sind, bleibt aber eine Einzelfallentscheidung.

Als vernünftige und nachvollziehbare Erwägung wurden z.B. folgende Sachverhalte eingestuft:

  • der Verkauf einer Eigentumswohnung, wenn der Vermieter mit dem Erlös eigene hohe Schulden tilgen oder ein Kredit ablösen will (vgl. dazu Landgericht (LG) Düsseldorf, Urteil vom 20.11.1990, Az.: 24 S 490/90; LG Mannheim, Urteil vom 26.04.1995 – 4 S 272/94).)
  • der Verkauf eines Hauses, wenn der Vermieter mit dem Verkaufserlös eine Wohnung für die Tochter bzw. den Sohn kaufen will oder sich selbst mit dem Verkaufserlös neuen Wohnraum beschaffen will (vgl. dazu  LG München, Urteil vom 05.1987, Az.: 2 S 2005/86; . LG Frankenthal, Urteil vom 18. 05. 1990, Az.: 4 S 22/90).
  • der Verkauf eines Grundstücks, dass nur ohne Mieter wirtschaftlich verwertbar ist, um mit dem Erlös in eine Arztpraxis zu investieren (vgl. Amtsgericht (AG) Bad Homburg, Urteil vom 13.04. 1989, Az.: 2 C 2717/88).
  • der Verkauf eines Hauses nach Scheidung zum Zwecke der Teilung der Gemeinschaft der vermietenden Miteigentümer (vgl. AG Bayreuth, Urteil vom 21. 09. 1989, Az.: 4 C 78/89).
  • der Abriss eines Gebäudes, um ein Objekt mit Gewerberäumen zur Erweiterung des benachbarten Modegeschäfts zu errichten und auf diese Weise höhere Pachteinnahmen zu erzielen (BGH, Urteil vom 27.09.2017, Az.: VIII ZR 243/16).
  • Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen, wenn hierdurch Wohnverhältnisse geschaffen werden, wie sie allgemein üblich sind (AG München, Urteil vom 12.01.2018, Az.: 433 C 20391/17)

Demgegenüber wird es nicht als vernünftige und nachvollziehbare  Erwägung betrachtet, wenn der Vermieter eine Risikoimmobilie verkaufen will, weil sich das beim Erwerb erkennbare Risiko (zu  geringe Mieteinnahmen) verwirklicht hat (vgl. LG München I, Urteil vom 18.12.1991, Az.: 14 S 7785/91). Dasselbe gilt beim geplanten Verkauf einer Immobilie im Rahmen von  Spekulationsgeschäften ( vgl. LG Hamburg mit Urteil vom 08.02. 1990, Az.: 7 S 196/89). Auch der Umstand, dass sich der Erwerber eines Mietgrundstücks im Kaufpreis verkalkuliert hat, stellt kein berechtigtes Interesse zur Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB dar (AG Berlin Mitte, Urteil vom 17.8.04, Az.: 2 C 126/04).

3. Wann ist die angemessenen Verwertung durch das Mietverhältnis gehindert?

Die Verhinderung der angemessenen Verwertung durch das Mietverhältnis als weitere Kündigungsvoraussetzung liegt dann vor, wenn die angemessenen Verwertung nicht möglich ist, solange das Mietverhältnis besteht. Die Durchführung muss von der Beendigung des Mietvertrages abhängen.

Voraussetzung ist hier, dass der Vermieter durch das bestehende Wohnraummietverhältnis an einer wirtschaftlichen Verwertung “des Grundstücks” gehindert ist; gemeint ist hier die Realisierung des dem Grundstück innewohnenden materiellen Werts, die in erster Linie durch Veräußerung oder Vermietung erfolgt (BGH, Urteile vom 24. März 2004, Az.: VIII ZR 188/03; vom 10. Mai 2017, Az.: VIII ZR 292/15, vom 27.09.2017, Az.: VIII ZR 243/16).

Nach dem BGH ist dieses Verwertungshindernis z.B. bei einer Verkaufsabsicht nur dann zu bejahen, wenn die Veräußerung des Mietobjekts gar nicht oder nur zu unzumutbaren Bedingungen möglich ist, solange das Mietverhältnis besteht (vgl. BGH, Urteil vom 16. 01. 2008 -VIII ZR 254/06). Eine bloße Erschwerung der angemessenen Verwertung reicht nicht (vgl. LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 23.12.2008, Az.: 6a S 28/07).

Weitere Einzelheiten zum Verwertungshindernis bei einer Verkaufsabsicht lesen Sie hier: Mieter kündigen wegen Verkaufs der Wohnung – möglich oder nicht?

Bei geplantem Abriss, Baumaßnahmen oder Sanierungen ist ein Verwertungshindernis z.B. immer dann anzunehmen, wenn dadurch die Mietwohnung zukünftig wegfällt.

4. Wann ist ein Nachteil bei Verhinderung der Verwertung erheblich?

Die Erheblichkeit ist grds. zu bejahen, sobald die dem Vermieter entstehenden Nachteile, die dem Mieter im Falle des Verlustes der Wohnung erwachsenden Nachteile weit übersteigen (BGH, Urteil vom 08. 06.2011, Az.: VIII ZR 226/09; BGH, Urteil vom 29. 03.2017, Az.: VIII ZR 45/16).

Im Rahmen des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist eine Abwägung zwischen dem Verwertungsinteresse des vermietenden Eigentümers und dem Bestandsinteresse des Mieters, der in der bisherigen Wohnung als seinem Lebensmittelpunkt verbleiben will,  vorzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 08.06.2011, Az.: VIII ZR 226/09).

Die Frage, ob dem vermietenden Eigentümer durch den Fortbestand eines Mietvertrags ein erheblicher Nachteil entsteht,  ist dabei auch vor dem Hintergrund der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 Grundgesetzt (GG)) zu beurteilen (BGH, Urteil vom 27.09.2017, Az.: VIII ZR 243/16). Das Eigentum gewährt dem Vermieter keinen Anspruch auf Gewinnoptimierung oder auf Einräumung gerade der Nutzungsmöglichkeit, die den größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil verspricht (BGH, Urteil vom 27.09.2017, Az.: VIII ZR 243/16). Denn auch das Besitzrecht des Mieters an der gemieteten Wohnung ist Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und deshalb grundgesetzlich geschützt.

Das bedeutet, hier gilt: Nicht jeder aus dem Fortbestand des Mietverhältnisses dem Vermieter erwachsende wirtschaftliche Nachteil ist bereits erheblich, allerdings ist die Erheblichkeit auch nicht erst dann anzunehmen, wenn dem Vermieter ein Existenzverlust droht (BGH, Urteil vom 27.09.2017, Az.: VIII ZR 243/16; BGH, Urteil vom 29.03.2017, Az.: VIII ZR 45/16). Der Vermieter ist nicht gehalten eine Mietverhältnis bis an die Grenze des eigenen wirtschaftlichen Zusammenbruchs fortzusetzen, weshalb auch Vermögenseinbußen, welche die wirtschaftliche Existenz des Eigentümers noch nicht ernsthaft in Frage stellen zu beachten sind (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 14.02.1989, Az.: 1 BvR 1131/87).

Ob ein erheblicher Nachteil vorliegt, kann daher nur einzelfallabhängig unter Berücksichtigung aller Umstände und der konkreten Situation des Vermieters entschieden werden (BGH, Urteil vom 27.09.2017, Az.: VIII ZR 243/16; BGH, Urteile vom 28.01.2009, Az.: VIII ZR 8/08; vom 9. 02.2011, Az.: VIII ZR 155/10 und vom 10.05.2017, Az.: VIII ZR 292/15).

Als erheblicher Nachteil sind in der Rechtsprechung z.B. auch massive finanzielle Einbußen anerkannt: So kann ein auf die Vermietung zurückzuführender Mindererlös bei einem geplanten Verkauf ein erheblicher Nachteil sein, wenn der Mindererlös so groß ist, dass ein Verkauf unter diesen Umständen wirtschaftlich sinnlos erscheint (vgl. BVerfG, Urteil vom 14.02.1989, Az.: 1 BvR 1131/87). Wann ein Verkauf in einem solchen Fall als „wirtschaftlich sinnlos“ gilt, ist in der Rechtsprechung strittig. Nach dem BGH kann es an der Erheblichkeit dieses Nachteils jedenfalls fehlen, wenn der Vermieter die Wohnung bereits im vermieteten Zustand erwarb und dem Grundstück somit bereits der durch die Vermietung begründete Minderwert anhaftete (vgl. BGH, Urteil vom 16.01. 2008, Az.: VIII ZR 254/06).

Bei einem geplanten Abriss mit Neubau kann ein erheblicher Nachteil darin bestehen, dass sich ein vertragsgemäßer Zustand einer Wohnung nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand herstellen ließe. Maßgeblich ist hier, ob sich die Sanierungskosten in angemessener Zeit mit der dann geschuldeten Miete wieder erwirtschaften lassen.

Bei Modernisierungsfällen ist das Tatbestandsmerkmal des erheblichen Nachteils fallbezogen auf Grund einer Abwägung zwischen dem Bestandsinteresse des Mieters und dem Verwertungsinteresse des Eigentümers zu konkretisieren, wobei gilt, dass der Vermieter zwar keinen Anspruch auf Erzielung einer maximalen Rendite hat, aber auch nicht gehalten ist, die dem Mieter günstigste Lösung zu wählen (AG München, Urteil vom 12.01.2018, Az.: 433 C 20391/17). Ist eine rentablen Vermietung aufgrund des Zustands des Gebäudes unmöglich, besteht für den Vermieter ein erheblicher Nachteil (AG München, Urteil vom 12.01.2018, Az.: 433 C 20391/17).

III. Die Arten der Verwertungskündigungen und ihre besonderen Voraussetzungen

Jede Art der Verwertungskündigung, hat je nach Absicht der angemessenen wirtschaftlichen Verwertung unterschiedliche Besonderheiten die zu beachten sind.

1. Verwertungskündigung wegen Verkauf

Bei der Absicht das Grundstück durch Verkauf angemessen zu verwerten, werden in der Rechtsprechung meist strenge Maßstäbe gesetzt. Selbst wenn die Absicht des Verkaufs aus vernünftigen und nachvollziehbaren Erwägung heraus rührt (vgl. Beispiele unter II.2), scheitert die Wirksamkeit doch meist an der Begründung des erheblichen Nachteils durch den Fortbestand des Mietverhältnisses.

Allgemeine Begründungen, wie die, dass unvermietete Wohnungen oder Häuser immer zu einem besseren Preis verkauft werden können reichen nicht (vgl. AG Aachen, Entscheidung vom 26.8.2009, Az. 110 C 202/09). Es müssen vielmehr konkrete Zahlen benannt werden; außerdem erkennen einige Gerichte einen erheblichen Nachteil durch einen Minderwert wegen Vermietung bereits dann nicht an, wenn im Hinblick auf den Anschaffungspreis  durch den Verkaufserlös ein Gewinn erzielt wird.

Befinden sich Vermieter hingegen in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage und benötigen Sie den Verkaufserlös zur Schuldentilgung o.ä. bestehen gute Chancen für die Wirksamkeit.

Lesen Sie hier die wichtigsten Details: Mieter kündigen wegen Verkaufs der Wohnung – möglich oder nicht? (Hausverkauf)

Wichtig ist, dass eine Verwertungskündigung mit Verkaufsabsicht bei solchen Mietverhältnissen auf Dauer ausgeschlossen ist,  die nach Mietvertragsbeginn in eine Eigentumswohnung umgewandelt wurden (LG Berlin, Urteil vom 29.3.2010, Az.: 67 S 338/09).

2. Verwertungskündigung wegen Sanierung

Modernisierungs- und Sanierungsarbeiten können eine Verwertungskündigung grds. wirksam begründen.

Wichtig ist aber, das speziell begründet wird, warum die geplanten Sanierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen bei Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht möglich sind (AG Berlin-Mitte, Urteil vom 17.8.2004, Az. 2 C 126/04).

Das ergibt sich daraus, dass ein bestehendes Mietverhältnis für sich genommen kein Hinderungsgrund für anstehende Modernisierungs-  oder Instandhaltungsmaßnahmen ist. Nach § 554 BGB ist der Mieter bei bestehendem Mietverhältnis verpflichtet, die rechtzeitig angekündigten Modernisierungs-  oder Instandhaltungsmaßnahmen zu dulden und nach abgeschlossener Sanierung darf der Vermieter die Miete erhöhen.

Daher sind auch künftige finanzielle Vorteile der Modernisierung oder Sanierung beim Zweck der neuen wirtschaftlichen Verwertung nicht berücksichtigungsfähig, sondern nur die aktuell bestehenden Nachteile des Istzustandes (LG Frankfurt, Urteil vom 14. Februar 1995, Az.: 2/11 S 365/94).

Eine Verwertungskündigung greift außerdem nicht bei Spekulationsgeschäften, bei denen zunächst ein marodes vermietetes Gebäude billig gekauft wird und in der Folge den Mietern mit dem Argument gekändigt wird, dass eine Vermietung sich nur nach Totalsanierung lohne (AG Berlin-Mitte, Urteil vom 17.8.2004, Az. 2 C 126/04). Auch in Fällen, in denen Vermieter jahrelang die notwendigen Sanierungsmaßnahmen unterlassen haben, wird ein angemessen Absicht der wirtschaftlichen Verwertung abgelehnt (LG Frankfurt, Urteil vom 14. Februar 1995, Az.: 2/11 S 365/94).

Ist eine Totalsanierung, mit grundlegende Umgestaltung der Wohnungen aber die einzige Möglichkeit rentable Mieten zu erzielen, da keine allgemein üblichen Wohnverhältnisse existieren, ist die Verwertungskündigung wirksam (AG München, Endurteil vom 12.01.2018, Az.: 433 C 20391/17).

3. Verwertungskündigung wegen Abriss und Neubau

Bei einem geplanten Abriss gilt, dass eine angemessene wirtschaftliche Verwertung nur dann angenommen wird, wenn auch ein Neubau geplant ist.

Ein ersatzloser Abriss ist keine wirtschaftliche Verwertung  (BGH, Urteil vom  16.12.2020, Az.: VIII ZR 70/19). Es muss eine Realisierung des dem Grundstück innewohnenden materiellen Werts erfolgen, damit eine wirtschaftliche Verwertung angenommen werden kann. Anderenfalls liegt keine wirtschaftliche Verwertung im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB vor (BGH, Urteile vom 24.03.2004, Az.: VIII ZR 188/03; vom 29.03.2017, Az.: VIII ZR 45/16)

So ist eine Verwertungskündigung, die mit Abriss und Neubau begründet wird, wirksam wenn der Erhalt des bestehenden Gebäudes unrentabel ist und einem Neubau keine Gründe des Denkmalschutzes oder bauordnungsrechtlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. LG Köln, Urteil vom 21.03.2018, Az.: 9 S 18/18: in einem Fall in dem der bislang vorhandene Wohnraum mehr als versechsfacht werden sollte).

Der vermietende Eigentümer muss in der Kündigung erklären, aus welchen Gründen er die vorhandene Bausubstanz nicht für erhaltenswert hält und welche baulichen Maßnahmen er stattdessen plant (BGH, Urteil vom 09.002.2011, Az. VIII ZR 155/10).

Die Beifügung einer Baugenehmigung und der Abrissgenehmigung ist zur formellen Wirksamkeit der Kündigung nicht erforderlich (LG Berlin vom 8.5.2018, Az.: 63 S 139/17). Allerdings ist zu beachten, dass eine Kündigung dann als unwirksam angesehen wird, wenn die geplante Maßnahme baurechtlich nicht genehmigungsfähig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 16. März 2011, AZ.: VIII ZR 338/09). Wurde als z.B. eine Baugenehmigung versagt und kann bis zum Ende des zivilgerichtlichen Verfahrens nicht vorgelegt werden, ist die Verwertungskündigung unwirksam und zwar unabhängig davon, ob der Verwaltungsgerichtliche Rechtsstreit bzgl. der Erteilung einer Baugenehmigung noch läuft und das Vorhabendaher grds. baugenehmigungsfähig sein kann (LG Berlin, Urteil vom 8.5.2018, Az.: 63 S 139/17).

Anders ist es bei der Zweckentfremdungsgenehmigung, die in einigen Städten und Gemeinden erforderlich ist. Fehlt diese Zweckentfremdungsgenehmigung beim Kündigungszugang, ist die Verwertungskündigung regelmäßig unwirksam (AG München, Endurteil vom 15.05.2020, AZ.: 473 C 4290/19).

IV. Kann der Mieter der Kündigung wegen wirtschaftlicher Verwertung widersprechen?

Mieter können jeder Kündigung widersprechen und sie als unwirksam angreifen. Dann hat ein Gericht über die Wirksamkeit zu entscheiden.

In besonderen Fällen haben Mieter ein Widerspruchsrecht gegen eine wirksame Kündigung und können die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn in ihrer Person ein besonderer Härtefall nach § 574 BGB. Wann ein solcher Widerspruchsgrund vorliegt lesen Sie hier: Was bedeutet Sozialklausel oder auch Härteklausel?

V. Gibt es besondere Form- oder Fristerfordernisse bei der Kündigung wegen wirtschaftlichen Verwertung?

Nein. Die Verwertungskündigung ist mit einer ordentlichen Kündigungsfrist auszusprechen und muss schriftlich erfolgen. Es gilt eine Kündigungsfrist von 3 Monaten, die sich je nach der Dauer des Mietverhältnisses nach 5 Jahren auf 6 Monate und nach 8 Jahren auf 9 Monate verlängert.

Wichtig ist, dass die Begründung der Verwertungskündigung auf alle Voraussetzungen ausführlich eingeht und diese begründet. Pauschale Begründungen reichen nicht aus.

VI. Fazit und Zusammenfassung

Bei der Verwertungskündigung gibt es keine generalisierenden Beurteilungen oder allgemeinen Einschätzungen zur Wirksamkeit. Die Frage, ob eine Verwertungskündigung wirksam ist, hängt immer vom Einzelfall ab.

Lesen Sie auch den Artikel: Verwertungskündigung im Überblick

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