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Rücktritt vom Untermietvertrag – Ist ein Rücktritt vor dem Einzug möglich?

Gründe für einen Rücktritt gibt es viele: Hat man eine bessere Wohnung gefunden oder ist der Umzugsgrund, wie z.B. ein Arbeitsortwechsel, weggefallen, kann es sein, dass man es schnell bereut den Untermietvertrag unterschrieben zu haben. Auch Mängel in der Wohnung oder nicht erfüllte vorvertragliche Zusagen seitens des Vermieters können den Wunsch nach einem Rücktritt aufkommen lassen.

Die gute Nachricht ist, dass es – anders als man oft im Internet liest – vor dem Einzug in eine Mietwohnung oder ein Zimmer sehr wohl ein Rücktrittsrecht geben kann. Auch bei Untermietverträgen. Es gilt: Solange die Mietwohnung oder das Zimmer dem Untermieter noch nicht  überlassen wurde, kann der Untermieter oder Untervermieter nach den gesetzlichen Vorschriften zurücktreten. Nach Einzug wird der Rücktritt vom Recht der außerordentlichen Kündigung  verdrängt.

Der nachfolgende Artikel erklärt mit Beispielen, wann es Rücktrittsrechte beim Untermietvertrag gibt und was dabei zu beachten ist.

I. Gesetzliche Rücktrittsrechte beim Untermietvertrag nur vor Überlassung

Beim Untermietvertrag gibt es für den Untermieter und Untervermieter die gesetzlichen Rücktrittsrechte nach den §§ 323, 346 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Das gilt zumindest solange der Untervermieter dem Untermieter die Mietwohnung oder das vermietete Zimmer noch nicht überlassen hat (vgl. Emmerich/Sonnenschein in: Emmerich/Sonnenschein, Miete, 11. Aufl. 2014, § 542 Ende des Mietverhältnisses,  Christian Rolfs Rn. 81).

Danach werden die Rücktrittsrechte aus den §§ 323, 324, 326 Abs 5. BGB durch die spezielleren Kündigungsrechte, wie z.B. das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung verdrängt.

Ein Untermieter oder Untervermieter kann deshalb nach dem Gesetz nur dann vom Mietvertrag zurücktreten, wenn zwei Voraussetzungen vorliegen:

  1. Die Mietsache darf noch nicht überlassen worden sein im Sinne des § 535 BGB und
  2. Es muss ein Rücktrittsrecht aus § 323 BGB (siehe unter 2.a), aus § 324 BGB (siehe unter 2 b) oder aus 326 Abs. 5 BGB (siehe unter 2.c) vorliegen.

1. Wann gilt die Mietsache als überlassen – Einzug oder Schlüsselübergabe?

Bei der Überlassung der Mietwohnung stellt das Mietrecht nicht auf den Einzug ab. Das heißt, für Untermieter und Untervermieter: Es ist egal, dass der Untermieter noch nicht in das angemietete Zimmer oder die Wohnung eingezogen ist. Entscheidend ist nach § 535 BGB nur, dass der Untervermieter dem Untermieter die Mietsache in einer Weise zur Verfügung stellt, die es dem Untermieter erlaubt, ohne weiteres den vertragsgemäßen Gebrauch der Sache auszuüben (vgl. Emmerich/Sonnenschein in: Emmerich/Sonnenschein, Miete, 11. Aufl. 2014, § 535 Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags Rn. 7). Kurz gesagt: Für die Überlassung reicht es, wenn der Untermieter den Schlüssel bekommt und damit jederzeit einziehen könnte. Das er tatsächlich eingezogen ist und den sog. unmittelbaren Besitz ausübt, ist keine Voraussetzung für die Überlassung.

Merke:

Sobald der Untermieter den Schlüssel zur Mietwohnung oder dem Zimmer in der Hand hält und über die Mietsache verfügen kann, ist ein Rücktritt vom Untermietvertrag mit einem gesetzlichen Rücktrittsrecht nicht mehr möglich. Dann geht nur noch die Kündigung, wenn es kein vertragliches Rücktrittsrecht (s.u. II.) gibt.

2. Welche Voraussetzungen haben die Rücktrittsrechte für Untermieter?

Bei den gesetzlichen Rücktrittsrechten gibt es ganz unterschiedliche Voraussetzungen und daher greifen sie für Untermieter und Untervermieter in den unterschiedlichsten Situationen. Hier einige Beispiele zum Rücktritt:

a. Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung (§ 323 BGB)

Nach § 323 BGB kann man vom Vertrag zurücktreten, wenn der Vertragspartner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß  erbringt.

Das heißt, dass es zum Beispiel ein Rücktrittsgrund sein kann, wenn

  • eine Mietwohnung vor Einzug bereits Mängel hat und diese nicht vereinbarungsgemäß beseitigt werden,
  • eine bestimmte Umbaumaßnahme die bei Mietvertragsabschluss versprochen wurde, nicht ausgeführt wurde (vgl. Urteil des OLG Brandenburg vom 20.06.2012, Az.: 3U 6/10: behindertengerechter Umbau) oder
  • einfach der Einzugstermin nicht eingehalten werden kann.

Vorausgesetzt ist nur, dass man seinem Vertragspartner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn

  • der Vertragspartner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
  • der Vertragspartner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl er weiß dass die termin- oder fristgerechte Leistung für den anderen wesentlich ist, oder
  • im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

Beispiel

Die Rentnerin X und der Student S haben am 15.03.2020 einen Untermietvertrag über ein Zimmer geschlossen. S erklärt, dass sein aktueller Mietvertrag bereits Ende März ausläuft und er daher unbedingt ab 01.04.2020 das Zimmer benötigt. In dem Vertrag wird als Mietbeginn der 01.04.2020 vereinbart. Darüber hinaus vereinbarten X  und S, dass S einen Schlüssel per Post bekommt, um schon vor Einzugstermin einige Sachen einzuräumen. Widererwarten bekommt S keinen Schlüssel und als er am 25.03.2020 mit einigen Umzugskartons vor der Tür steht, erklärt X, dass das Zimmer noch nicht fertig ausgeräumt sei und er erst am 15.04.2020 in die Wohnung ziehen kann. S ist verärgert, will sich sofort vom Vertrag lösen und nach einer anderen Wohnung suchen.

  • S kann hier vom Untermietvertrag nach § 323, 346 BGB zurücktreten. Dazu muss auch keine Frist gesetzt werden. Im Untermietvertrag steht ein bestimmter Einzugstermin. An diesen hat sich X nicht gehalten, obwohl sie wusste, dass für S ein termingerechter Einzug wesentlich ist.

b. Rücktritt wegen Verletzung einer Pflicht nach § 241 Abs. 2 BGB (§ 324 BGB)

Nach § 324 BGB kann man zurücktreten, wenn der Vertragspartner eine  der Rücksichtnahmepflichten aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt und deshalb ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zumutbar ist. In § 241 Abs. 2 BGB steht, dass in einem Schuldverhältnis beide Vertragspartner zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet sind.

Stellt man als Untermieter oder Untervermieter noch vor Überlassung fest, dass der andere eine Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt, kann man vom Untermietvertrag zurücktreten.

Beispiel

In einer 4 er – Wohngemeinschaft soll ein neuer Bewohner einziehen.  Der Hauptmieter H der Wohnung schließt dazu mit dem Studenten S einen Untermietvertrag. Um den Vertragsabschluss zu feiern gehen alle Mitglieder der WG und S gemeinsam aus.  Im Verlauf des Abends stiehlt S den Geldbeutel des H und wird von einem der WG-Bewohner, der ihn beobachtet hat, gestellt. S bestreitet die Vorwürfe, beleidigt alle Anwesenden und verlässt wutentbrannt das Lokal. Am nächsten Tag entschuldigt sich S bei H  und gibt ihm den Geldbeutel zurück. H will vom Untermietvertrag zurücktreten.

  • Durch den Diebstahl des Geldbeutels des H hat S das Integritätsinteresse des H, der als Untervermieter sein Vertragspartner ist schwer geschädigt. Durch sein Verhalten (Diebstahlt und Beleidigung) hat er eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht nach 241 Abs. 2 BGB verletzt. Da die Mietsache noch nicht übergeben wurde, steht dem H daher das gesetzliche Rücktrittsrecht des § 324 BGB offen. Ein Festhalten an dem Untermietvertrag ist angesichts der Schwere der Pflichtverletzung und der durch zerstörten Vertrauensgrundlage für den H nicht zumutbar.

c. Rücktritt wegen Unmöglichkeit (§§ 326 Abs. 5, 275 Abs. 1 – Abs. 3 BGB)

Dieses Rücktrittsrecht bekommt der Untermieter z.B. wenn es dem Untervermieter objektiv gar nicht mehr möglich ist den Untermietvertrag zu erfüllen. Im Falle der sog. Unmöglichkeit muss man nach § 275 Abs. 1 BGB nicht mehr leisten,  selbst wenn man sich vertraglich zu einer bestimmten Leistung verpflichtet hat. Das Gesetz spricht hier von einem Ausschluss der Leistungspflicht.

§ 275 BGB kennt grds. drei Fälle, von denen allerdings für den Untermietvertrag wohl nur die sog. Unmöglichkeit nach § 275 Abs.1 BGB ein Rolle spielt.

Beispiel

Der Student S bekommt eine Zusage für einen Studienplatz im Ausland und schließt mit Student X einen Untermietvertrag über seine 1-Zimmer-Wohnung. Der Auslandsaufenthalt sollte am 1.Mai. 2020 starten. Schlüsselübergabe an X sollte am 29. April. 2020 sein. Der Untermietvertrag wurde am 15.Februar 2020 von beiden unterschrieben und beginnend mit dem 29. April 2020 bis zum 30. April 2021 befristet.  Aufgrund einer weltweiten Pandemie wurden allerdings alle internationalen Flüge ab 15. März 2020 abgesagt und der Auslandsaufenthalt des S fiel damit ins Wasser. S erklärt X dass ihm die Erfüllung des Untermietvertrags nun nicht mehr möglich ist.

  • S ist hier nach § 275 Abs. 1 BGB von seiner Leistungspflicht befreit und muss den Untermietvertrag nicht erfüllen. X hat als Untermieter das Rücktrittsrecht aus  § 326 Abs. 5 BGB, da es für ihn objektiv unmöglich geworden ist seine 1-Zimmer-Wohnung unterzuvermieten.

II. Vertragliche Rücktrittsrechte beim Untermietvertrag

Bei einem Untermietvertrag ist es außerdem möglich, dass die Mietvertragsparteien ein vertragliches Rücktrittsrecht zu vereinbaren. Der Rücktritt und die Rückabwicklung des Untermietvertrages nach §§ 346 ff. BGB sind dann ohne Einschränkungen möglich bis der Untervermieter dem Untermieter die Mietsache überlässt (vgl. Emmerich/Sonnenschein in: Emmerich/Sonnenschein, Miete, 11. Aufl. 2014, § 542 Ende des Mietverhältnisses,  Christian Rolfs Rn. 80)

Nach der Überlassung der Mietsache ist es für den Untervermieter nach § 572 Abs 1 BGB gesetzlich verboten, sich auf ein vertragliches Rücktrittsrecht zu berufen. Dem Untermieter hingegen steht es auch weiterhin zu. Meistens finden sich vertragliche Rücktrittsrechte aber nur im Gewerbemietrecht, bei Mietverträgen über Wohnraum sind sie eher selten.

III. Ausübung des Rücktrittrechts und Rechtsfolgen

Besteht ein Rücktrittsrecht, reicht für die Ausübung eine einfache Erklärung nach § 349 BGB gegenüber dem Untermieter oder Untervermieter. Eine Form oder Frist muss nicht eingehalten werden, denn dazu nichts vereinbart.

Die Folge ist ein sog. Rückgewährschuldverhältnis nach § 346 Abs.1 BGB. Danach haben sich die Vertragsparteien dasjenige zurück zu geben, was sie durch den Vertragsschluss erlangt haben, also z.B. eine Anzahlung für die Miete oder die Mietkaution, wenn solche Zahlungen schon stattgefunden haben.

IV. Alternative: Anfechtung oder Widerruf in besonderen Fällen

Neben dem Rücktrittsrecht ist es theoretisch auch denkbar, dass der Mietvertrag vor Einzug, z.B. wegen Täuschung angefochten wird oder der Widerruf erklärt werden kann. Bei einer Anfechtung braucht man einen Anfechtungsrund und bei dem Widerruf ein Widerrufsrecht. Beides liegt nur in Ausnahmefällen vor. Mehr dazu lesen Sie in den Beiträgen: Mietvertrag rückgängig machen bzw. widerrufen und Mietvertrag: 14 Tage Rücktrittsrecht ist ein Mythos.

V. Fazit und Zusammenfassung

Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass es für Untermieter und Untervermieter vor Überlassung des Wohnraums bzw. der Übergabe der Wohnung eng gefasste, gesetzliche Rücktrittsrechte gibt. Allerdings nicht bei einem normalen Mietvertrag. Spezielle Rücktrittsrechte beim Untermietvertrag gibt es vor Einzug nicht. Ist der Untermieter eingezogen oder hat bereits seine Sachen in die Wohnung gebracht, bleibt nur noch die Kündigung. Der Rücktritt vom Untermietvertrag vor Einzug ist nur dann möglich, wenn die Mietsache noch nicht überlassen wurde und ein gesetzliches oder vertragliches Rücktrittsrecht besteht.

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