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Kündigung wegen unvollständiger Mietzahlung – Ab wann möglich?

Zahlt der Mieter die Miete nicht mehr oder nur noch teilweise, sammelt sich ein Mietrückstand an. Das wirft früher oder später immer die Frage auf, ob man als Vermieter kündigen kann. Im Mietrecht ist der Zahlungsverzug einer der häufigsten Grün­de für die Vermieterkündigung. Das Gesetz stellt dabei einige Voraussetzungen auf, z.B. wie hoch ein Mietrückstand sein sollte, damit er kündigungsrelevant ist oder   ab welchem Zeitraum wiederkehrende unvollständige Mietzahlungen zu einer Kündigung berechtigen.

Der nachfolgende Artikel erklärt, ab wann eine Kündigung wegen unvollständiger Mietzahlung möglich ist und wel­che be­son­de­ren Vor­aus­set­zun­gen darüber hinaus er­füllt sein müs­sen.

I. Fristlose Kündigung wegen unvollständiger Mietzahlung

Die gesetzlichen Anforderungen an die außerordentliche (fristlose) Kündigung finden sich in §§ 543, 569 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Kündigungsgründe sind hier schwerwiegende Vertragsverletzungen eines Vertragsteils, die es  für den anderen unzumutbar machen, das Mietverhältnis weiter fortzusetzen (§ 543 Abs. 1 und Abs. 2, § 569 Abs. 2 BGB). Ausbleibende Mietzahlungen sind im Gesetz ausdrücklich als schwerwiegende Vertragsverletzung genannt.

Wichtig  ist dabei, dass es nicht nur unterschiedliche Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Kündigung gibt  (vgl. Punkt 1) , sondern auch einige Gründe, die eine zunächst wirksame Kündigung im Nachhinein unwirksam machen können (vgl. Punkt 3-4).

1. Voraussetzungen der Fristlosen Kündigung wegen unvollständiger Mietzahlung

Eine unvollständige Mietzahlung liegt vor, wenn die Miete entweder gar nicht oder nur teilweise gezahlt wird. Das reicht nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB dann für einen Grund zur fristlosen Kündigung, wenn der Mieter

  • für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB) oder
  • in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 b) BGB).

Das bedeutet:

Unvollständige Mietzahlungen, die eine Gesamthöhe von 2 Monatsmieten erreichen, stellen einen ausreichenden Grund zur fristlosen Kündigung dar. Geringere Mietrückstände reichen dann für eine fristlose Kündigung, wenn die „Zuwenig-Zahlung“ schon mehr als zwei Zahlungstermine betrifft und der Gesamtbetrag nicht unerheblich ist.

Die Frage was unerheblich ist, bemisst sich an der Monatsmiete. Sobald der Mietrückstand eine Monatsmiete überschreitet, ist er ­als er­heb­lich an­zu­se­hen. Monatliche Nebenkostenzahlungen gehören mit zu dieser Monatsmiete und werden daher in die Berechnung des erheblichen Mietrückstands mit einbezogen. Nicht geleistete Nebenkostennachzahlungen hingegen zählen nicht als Mietrückstand.

Beispiel:

Der Mieter M zahlte im Juli nur 550,00  € anstelle vereinbarten Miete von 800,00 €. Im August zahlt er nur 200,00 €.

-> Es besteht ein Mietrückstand in Höhe von 250,00 € für Juli und in Höhe von 600,00 € für August; der gesamte Mietrückstand ist daher 850,00 € und als rechtlich erheblich einzustufen. Die unvollständige Mietzahlung überstreckt sich außerdem auf zwei Zahlungstermine. Der Vermieter hat hier ein Recht zur fristlosen Kündigung.

2. Abmahnung wegen unvollständiger Mietzahlung erforderlich?

Nein. In den Fäl­len des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist nach § 543 Abs. 3 Nr. 3 BGB keine Abmahnung erforderlich, damit der Vermieter die fristlose Kündigung aussprechen darf.

Vermieter müssen aber in der schrift­li­chen fristlosen Kün­di­gung den Kündigungsgrund angeben, damit die Kün­di­gung wirk­sam wird.

3. Unwirksamkeit durch Zahlung der unvollständigen Mietzahlung —Nachholrecht des Mieters

Der Mieter kann die Kündigung wegen der unvollständigen Mietzahlung auf zweierlei Arten unwirksam machen.

Die erste Variante ist, dass er den Mietrückstand bereits vor Zugang der Kündigung zahlt. Dadurch erlöscht das Recht des Vermieters zur fristlosen Kündigung. Dabei reicht es aber nicht,  wenn der Mieter nur einen Teil des Rückstands begleicht. Die Kündigungsmöglichkeit ist nur dann ausgeschlossen, wenn der ganze Rückstand gezahlt wird.

Beispiel:

Der Mieter M zahlte im Juli nur 550,00  € anstelle vereinbarten Miete von 800,00 €. Im August zahlt er nur 200,00 €. Wegen diesem gesamten Mietrückstand von 850,00 € und dem Zahlungsverzug über zwei Zahlungstermine kündigt der Vermieter V am 01.09.2020 fristlos. Die Kündigung geht dem M am 03.09.2020 zu und am selben Tag bemerkt V, dass M bereits am 01.09.2020 „400,00 € für die offenen Mieten“ auf das Vermieterkonto überwiesen hatte. Kündigung unwirksam?

-> Nein. M hätte die vollen 850,00 € auf das Konto des V zahlen müssen, um die ausgesprochene Kündigung unwirksam zu machen.

Die zweite Variante ist, dass der Mieter (oder eine öf­fent­li­che Stel­le) den Mietrückstand in­ner­halb von zwei Mo­na­ten nach Zu­stel­lung der Räu­mungs­kla­ge zahlt. Dies wird als sog. Nachholrecht bzw. Schonfristzahlung des Mieters bezeichnet. Mieter können dieses Recht allerdings nur einmal in zwei Jahren ausüben. Das bedeutet, gab es z.B. bereits ein Jahr vorher eine Schon­frist­zah­lung des Mieters die eine fristlose Kündigung des Vermieters unwirksam machte, geht dies bei einer erneuten Kündigung wegen Zahlungsverzugs in den folgenden zwei Jahren nicht mehr.

Beispiel:

Der Mieter M ist arbeitslos und bekommt im Februar 2020 eine Räumungsklage seines Vermieters V zugestellt. Dieser hatte ihm wegen eines Mietrückstands von 3 Monatsmieten in Höhe von 3.600,00 € gekündigt. Die übrigen Mieten und die laufenden Mieten sind beglichen. Das Arbeitsamt schuldete dem M den ausstehenden Mietzins und zahlte daher am 01. März. 2020 direkt an V den Mietrückstand.

-> Die Kündigung wurde rückwirkend unwirksam. Da M das Recht auf Schonfristzahlung weder bereits 2019 noch 2018 in Anspruch genommen hatte, kann er sich jetzt darauf berufen.

4. Unwirksamkeit durch Aufrechnung

Die Kündigung wird gemäß § 543 Abs. 2 S. 3 BGB unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt. Hat der Mieter z.B. noch ein Nebenkostenguthaben in der Höhe des Mietrückstandes oder eine Schadensersatzforderung gegen den Vermieter (z.B. Mängelbeseitigungskosten aus einer Ersatzvornahme) kann er mit dieser Forderung gegenüber dem Mietrückstand aufrechnen und dadurch die Kündigung unwirksam machen. Das funktioniert aber nur mit Forderungen die tatsächlich bestehen und sich auch aus dem Mietverhältnis ergeben.

Mehr zur fristlosen Kündigung wegen unvollständiger Mietzahlung lesen sie in dem Artikel: Fristlose Kündigung durch den Vermieter wegen Zahlungsverzugs des Mieters

II. Or­dent­li­che Kün­di­gung wegen Miet­rück­stands

Der Ver­mie­ter kann wegen einer unvollständigen Mietzahlung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB auch ordentlich bzw. fristgemäß kündigen. Ein Mietrückstand stellt dann ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se des Vermieters an der Be­en­di­gung des Miet­ver­hält­nis­ses dar, wenn der Mie­ter seine Pflich­ten aus dem Miet­ver­trag er­heb­lich ver­letzt hat. Eine erhebliche Pflichtverletzung ist eine unvollständige Mietzahlung dann, wenn der Miet­rück­stand eine Mo­nats­mie­te über­steigt und die Ver­zugs­dau­er mehr als einen Monat be­trägt (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 11. Januar 2006 Az.: VIII ZR 364/04: wiederholte unpünktliche Mietzahlung)

Bei der or­dent­li­chen Kün­di­gung wegen unvollständiger Mietzahlung ist außerdem vorausgesetzt, dass der Mieter schuldhaft (d.h. vor­sätz­lich oder fahr­läs­sig) handelte.  Zahlt ein Mieter die Miete deshalb nicht, weil er zu Unrecht annimmt, er hat ein Recht die Miete zu mindern, ist das kein Entschuldigungsgrund und macht die Kündigung nicht unwirksam.

Die ordentliche Kündigung wird nicht durch eine spätere Zahlung des Mietrückstands unwirksam (vgl. BGH, Beschluss v. 20.07.2016, Az.: VIII ZR 238/15; BGH, Urteil vom 19.09.2018 Az.: VIII ZR 231/17; BGH, Urteil vom 19.09.2018, Az.: VIII ZR 261/17). Das gilt insbesondere auch für Fälle bei denen eine (hilfsweise) ordentliche Kündigung ausgesprochen wurde.

Außerdem gibt es hier kein Widerspruchsrecht des Mieters gem. § 574 Abs. 1 BGB.  Bei einer Kündigung wegen unvollständiger Mietzahlung kann der Mieter einer ordentlichen Kündigung  nicht widersprechen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn oder einen Haushaltsangehörigen eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Rechtfertigt der Mietrückstand die (außerordentliche) Kündigung, ist kein Widerspruch möglich (vgl. BGH, Urteil vom 01.07.2020, Az.: VIII ZR 323/18).

Mehr zu den Kündigungsrechten des Vermieters lesen Sie in den Artikeln:

III. Problemfälle bei der Kündigung wegen unvollständiger Mietzahlung

In der Praxis gibt es bei einer Vermieterkündigung wegen Zahlungsrückständen bei der Miete aktuell meist folgende Probleme:

  • Die neuen Kündigungsregelungen zur Corona Krise werden nichtbeachtet (vgl. Punkt 1)
  • Die Räumung stellt sich als treuwidrig heraus (vgl. Punkt 2)
  • Das Mietverhältnis wird trotz Kündigung fortgesetzt (vgl. Punkt 3)

1. Besondere Kündigungsregelung zur unvollständigen Mietzahlung wegen der  Corona-Krise

Durch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie gibt es aktuell einen besonderen Kündigungsschutz für Mieter:  Vermieter können den Mietvertrag nicht einzig aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht zahlt, sofern der Mietausfall auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht.

Die Voraussetzung, dass die Nichtzahlung auf Gründen der Corona-Krise beruht, muss der Mieter glaubhaft machen. Mehr dazu lesen Sie in dem Ratgeber: Coronakrise – Kündigungsschutz für Mieter: Was muss ich wissen?und Coronavirus / COVID 19 im Mietrecht: 12 Fragen und Antworten für Mieter und Vermieter

2. Treuewidrige Räumung

Im Einzelfall kann der Räumungsanspruch eines Vermieters, der sich auf die Kündigung wegen unvollständiger Mietzahlung stützt, als treuwidrig abgelehnt werden. Ein solcher Verstoß der Räumung gegen Treu und Glauben kommt ausnahmsweise in Betracht, wenn das Mietverhältnis seit Jahren unproblematisch bestand und der Mietrückstand zeitnah und vollständig vom Mieter gezahlt wurde.

3. Stillschweigende Fortsetzung des Mietvertrags

Ein weiteres Problem ist die stillschweigende Fortsetzung des Mietvertrages, wenn der Mieter ohne Widerspruch des Vermieter in der Wohnung verbleibt. Nach § 545 BGB gilt: Zieht der Mieter nah einer Kündigung nicht aus, gilt das Mietverhältnis als fortgesetzt, wenn der Vermieter nicht innerhalb von 2 Wochen der Fortsetzung des Mietvertrags widerspricht. Unterbleibt der Widerspruch, entfaltet wirksame Kündigung wegen unvollständiger Mietzahlung keine Wirkung mehr.  Mehr zu  diesem Thema lesen sie hier: Verlängerung des Mietvertrages durch Gebrauchsfortsetzung.

IV. Fazit und Zusammenfassung

Eine Kündigung wegen unvollständiger Mietzahlung kann der Vermieter als fristlose Kündigung oder als ordentliche Kündigung aussprechen.

  1. Vorausgesetzt ist ein nicht unerheblicher Mietrückstand, der regelmäßig bei einer Höhe von 2 Monatsmieten erreicht ist.
  2. Sobald der Mieter seine Miete zwei Zahlungstermine nur unvollständig zahlt, reicht auch ein Mietrückstand von 1 Monatsmiete für den Ausspruch der Kündigung.
  3. Bei einer fristlosen Kündigung ist darauf zu achten, dass die Kündigung im Nachhinein durch Zahlung des Mietrückstands unwirksam werden kann.
  4. Empfehlenswert ist daher der Ausspruch einer fristlosen und hilfsweise ordentlichen Kündigung wegen unvollständiger Mietzahlung, da der Mieter die ordentliche Kündigung nicht durch eine umgehende Zahlung des Mietrückstands unwirksam machen kann.

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