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Balkone und Terrassen in der Nebenkostenabrechnung

Das Thema der Nebenkostenabrechnung mit all seinen Einzelbestandteilen ist für die Mieter und Vermieter ein zunehmend “sensibler Bereich” der leicht zu Streitigkeiten führt. Gerade aufgrund der Komplexität des Themas herrscht nicht immer Einigkeit über einzelne Posten der Nebenkostenabrechnung.

So stellt sich zum Beispiel bei einer Nebenkostenabrechnung, bei der die Umlage der Kosten nach der Wohnfläche erfolgt, die Frage, was eigentlich genau unter der Wohnfläche zu verstehen ist und ob beziehungsweise wenn ja, in welcher Form Balkone und Terrassen in der Nebenkostenabrechnung überhaupt Berücksichtigung finden dürfen.

Im folgenden Artikel soll den Mietvertragsparteien geholfen werden, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen.

I. Voraussetzung: Vereinbarung von Nebenkostenvorauszahlungen und preisfreier Wohnraum

Überhaupt streitrelevant kann die Frage einer zulässigen Einbeziehung von Terrassen oder Balkonen in die Wohnflächenberechnung bei der Nebenkostenabrechnung nur werden, wenn

  • eine Vereinbarung über Nebenkostenvorauszahlungen vorliegt , die sich – zumindest teilweise – anhand der Umlage der Wohnfläche berechnen.
  • Hinweis: Bei einer Nebenkostenpauschale hingegen spielt die Einbeziehung vorrangig keine Rolle, da die Pauschale unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch gezahlt wird.
  • der Mietvertrag über preisfreien Wohnraum geschlossen wurde.
  • Bei preisgebundenem Wohnraum gibt es nämlich zu der Anrechnung eine gesetzliche Regelung in § 4 Wohnflächenverordnung (WoFlV), wonach die Grundflächen von Balkonen, Loggien, Dachgärten und Terrassen in der Regel zu einem Viertel, höchstens jedoch zur Hälfte angerechnet werden.
  • Die Einbeziehung der Balkon- oder Terrassenfläche wird hier also gesetzlich geregelt. Streitig, kann insoweit lediglich die Höhe der Anrechnung sein, die sich nach dem entsprechenden Wohnwert des Balkons oder der Terrasse richtet. ( – zur Auslegung des Begriffs Wohnwertes erfahren Sie im Folgenden mehr- )

Hinweis zur Abgrenzung preisfreier und preisgebundener Wohnraum:

Preisgebundener Wohnraum ist der öffentlich geförderte Wohnraum, der einer Preisbindung unterliegt, wie beispielsweise Sozialwohnungen. Der preisfreie Wohnraum ist der Wohnraum der nicht preisgebunden ist.

Merke:

Nicht ausschließlich, aber fast einzig für Mietvertragsparteien mit Mietverträgen über preisfreien Wohnraum bei denen die jeweilige  Nebenkostenvorauszahlung des Mieters durch eine Umlage der anteiligen Wohnfläche berechnet wird, ist die Frage der Einbeziehung von Terrasse oder Balkon relevant.

II. Einbeziehung von Balkon und Terrasse in die Wohnflächenberechnung

Für die Mietvertragsparteien stellt sich daher die Frage, ob und wie Balkone oder Terrassen in die Wohnflächenberechnung einfließen.

1. Grundlegendes zur Wohnflächenberechnung

Zunächst ist zum weiteren Verständnis kurz auf die allgemeine Wohnflächenberechnung bei preisfreiem Wohnraum einzugehen.

  • Bei alten Mietverträgen (bis 31.12.2003) wurde bei der Berechnung der Wohnfläche meist die II. Berechnungsverordnung (die direkt nur für preisgebundenen Wohnraum galt) entsprechend angewendet: Danach konnten gemäß § 44 II. BV (- aufgehoben -) die Grundfläche von Balkon , Loggien, Dachgärten oder gedeckten Freisitzen bis zur Hälfte angerechnet werden.
  • Bei neuen Mietverträgen (ab 01.01.2004) werden derzeit zur Ermittlung der Wohnfläche zwei Berechnungsmethoden angewendet, die sich in ihrer Art deutlich voneinander unterscheiden.

Diese sind:

  • Wohnflächenverordnung (WoFlV)
  • DIN-Norm 277

Achtung:

Altfälle in denen es wegen der “neuen” Berechnung Veränderungen der Wohnfläche gibt, bestehen nicht, denn in § 42 der II. Berechnungsverordnung ist zur Wohnfläche geregelt:

“Ist die Wohnfläche bis zum 31. Dezember 2003 nach dieser Verordnung berechnet worden, bleibt es bei dieser Berechnung. Soweit in den in Satz 1 genannten Fällen nach dem 31. Dezember 2003 bauliche Änderungen an dem Wohnraum vorgenommen werden, die eine Neuberechnung der Wohnfläche erforderlich machen, sind die Vorschriften der Wohnflächenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346) anzuwenden.”

Dass heißt vereinfacht gesagt, wenn es noch keine Neuberechnung beziehungsweise Neuvermessung  der Wohnfläche nach dem 31.12.2003 gab und auch keine erforderlich ist, wird das “alte” Berechnungsergebnis zu Grunde gelegt.

2. Grundsätzliche Einbeziehung von Balkon und Terrasse zu 1/4

Für den preisfreien Wohnraum ergibt sich die Einbeziehung, wie bereits angeführt, je nachdem, welche der beiden gängigen Berechnungsmethoden für die Wohnflächenberechnung angewandt werden:

  • Gemäß § 4 Wohnflächenverordnung gehören Balkone und Terrassen zur Wohnfläche einer Wohnung, wenn sie ausschließlich zu dieser Wohnung gehören und nur vom jeweiligen Mieter genutzt werden können und werden in der Regel zu einem Viertel, höchstens jedoch zur Hälfte angerechnet werden.
  • Nach DIN-Norm 277, sind Balkone und Terrassen nur zu einem Viertel ihrer Grundfläche anrechenbar. Dass heißt, hier können Balkone und Terrassenfläche maximal zu einem Viertel zur Wohnfläche gezählt werden.

In der Rechtsprechung wird in der Regel aber die Berechnungsmethode nach der WoFlV zugrunde gelegt, so dass die Regelanrechnung somit ( mindestens ) ¼ beträgt, so der BGH, Urteil vom 22.4.2009, VIII ZR 86/08, sowie Urteil vom 16. 12. 2009, VIII ZR 39/09, wenn falls nicht die Parteien dem Begriff der Wohnfläche im Einzelfall eine abweichende Bedeutung beigemessen haben oder ein anderer Berechnungsmodus ortsüblich ist, LG Hamburg , Beschluss vom 19.11.2012, 311 S 50/12.

Merke:

Dass heißt in der Praxis sind Balkone und Terrassen in der Regel mindestens mit einem Viertel ihrer Grundfläche bei der Gesamtwohnflächenberechnung zu berücksichtigen.

Aber Achtung – Mietertipp zu BGH Urteil: Vertragliche Vereinbarung geht WoFlV vor

Falls Sie als Mieter in Ihrer Abrechnung nun die Gesamtfläche Ihres Balkons oder der Terrasse Bestandteil der zu Grunde gelegten Wohnfläche ist, sollten Sie unbedingt Ihren Mietvertrag prüfen, bevor Sie nun bei Ihrem Vermieter den Umfang der Einbeziehung rügen.

Nach der Rechtsprechung des BGH in seinem Urteil vom 22.02.2006, Az.: VIII ZR 219/04 gilt nämlich:

“Wenn bei Mietvertragsabschluss für Terrassen oder Balkone eine Fläche vereinbart wird, die der tatsächlichen Grundfläche entspricht, können Mieter/innen im Nachhinein nicht geltend machen, dass die Wohnflächenverordnung nur eine Anrechnung zu einem Viertel vorsieht “.

Dass heißt, wenn die tatsächliche Wohnfläche im Mietvertrag wirksam vertraglich als Grundlage der Umlage vereinbart wurde und dabei der Balkon beziehungsweise die Terrasse voll eingerechnet wurde, kann der Mieter sich nicht auf die WoFlV berufen. Die wirksame vertragliche Vereinbarung geht dann der Berechnungsmethode der WoFlV vor.

3. Keine Regel ohne Ausnahme: Anrechnung weniger als 1/4 oder bis zur Hälfte?

Eine Abweichung von der Regelanrechnung zu einem Viertel ist durchaus möglich, soweit besondere Umstände im Einzelfall eine andere Beurteilung rechtfertigen.

So hat bereits der Gesetzgeber in seiner Begründung zu § 4 WoFlV ausgeführt: „Eine Abweichung von der Regelanrechnung zu einem Viertel ist nur dann zulässig, wenn besondere Umstände des Einzelfalls dies rechtfertigen.”

So käme zum Beispiel abweichend von der Regelanrechnung eine Anrechnung bis zur Hälfte der Grundfläche bei guten Lagen oder aufwändigen Balkon- oder Terrassengestaltungen in Betracht, wenn dadurch ein höherer Wohnwert des Balkons oder der Terrasse begründet wird.

Der Ansatz eines niedrigeren Wertes bei der Anrechnung ist danach ebenso denkbar, wenn beispielsweise der Gebrauchswert stark eingeschränkt oder gar nicht gegeben ist.

Die Bewertung des Wohnwertes wird dabei von den Gerichten nach den unterschiedlichsten Kriterien vorgenommen. So kann beispielsweise die Bewertung des Wohnwertes teilweise auch nach der Ausrichtung Süd oder Nord erfolgen. Ein hoher Wohnwert wird anzunehmen sein, bei einem besonders ruhig und sonnig gelegenen Balkon, wohingegen die Lage zu einer vielbefahrenen Strasse oder Nordlage eher von einem niedrigen Wohnwert zeugt.

Beispiele aus der Rechtsprechung:

Das Landgericht Hamburg ( WuM 1987,87) bezog beispielsweise die Fläche eines Balkons zu 3/8 ein, weil vom Balkon aus ein Abstellraum zugänglich war ; das AG Wuppertal (DWW 1988,211)  bezog die Balkonfläche  zu 1/2 ein, da der Balkon von der Straße abgelegen war. Nach einer Entscheidung des AG Krefeld (DWW, 1992, 243) war ein Balkon gar nicht zu berücksichtigen,  weil er nach Norden und zu einer Verkehrsstraße gelegen war. (Wohn- und Nutzflächenberechnung  in Praxis und Rechtsprechung, BWNotZ Nr. 7/ 2001, S. 144)

Merke:

Die Frage der Höhe der Anrechnung – mehr oder weniger als ein Viertel ? – bleibt daher im Einzelfall der Entscheidung des Gerichts vorbehalten, wobei der Wohnwert eines Balkons oder einer Terrasse ausschlaggebend sein wird.

III. Konsequenzen für die Praxis: So wirken sich Balkon und Terrassen auf die Nebenkosten aus

Im Mietalltag wirkt sich die entsprechende Einbeziehung regelmäßig geldwert in der Nebenkostenabrechnung aus.

Werden die jeweiligen Nebenkosten für den Mieter in der Nebenkostenabrechnung nämlich nach der anteiligen Wohnfläche umgelegt, kann dies bei einer fehlerhaften Berücksichtigung des Balkons beziehungsweise der Terrasse zu einem Nebenkostenrückzahlungsanspruch des Mieters und bei einem zu Unrecht nicht berücksichtigten Balkon zu einem Nebenkostennachzahlungsanspruch des Vermieters führen.

Dass heißt hier vereinfacht gesagt: Je größer die Wohnfläche ist, desto mehr Nebenkosten zahlt der einzelne Mieter. Nebenkostenerhöhungen und Minderungen stehen also im Raum.

Allerdings ist zu bedenken, dass bei dem Löwenanteil der Nebenkostenabrechnung, der regelmäßig in Heiz- und Warmwasserkosten besteht, eine flächenmäßige Umlage nur bis zu maximal 50 % erfolgen darf, da mindestens 50 % bis 70 % verbrauchsabhängig abgerechnet werden müssen, vergleiche beispielsweise § 7 HeizkostenV.

Damit wird der tatsächliche Anteil von Balkon und Terrasse insgesamt betrachtet -im Regelfall-, nur einen geringen Anteil der Abrechnung beeinflussen.

Weitere Konsequenz ist, dass der Mieter faktisch auch Heiz- und Warmwasserkosten für den Balkon bezahlt, soweit der verbrauchsabhängige Anteil nach der Wohnfläche umgelegt wird. Als Vermieter und Mieter sollten Sie daher genau bedenken, ob die Umlage nach der Wohnfläche bei verbrauchsabhängigen Nebenkosten sinnvoll ist.

IV. Sonderfall: Wintergarten

Anstelle eines Balkons oder einer Terrasse besitzen einige Mieter beheizbare oder unbeheizbare Wintergärten. Auch bei diesen stellt sich die Frage, ob und wie Wintergärten in die Wohnflächenberechnung einzubeziehen sind.

Für preisgebundenen Wohnraum ergibt sich die Einbeziehung aus der WoFlV. Für den preisfreien Wohnraum kann diese entsprechend angewendet werden.Danach wird die Möglichkeit der Beheizbarkeit als Maßstab für die Einbeziehung der Wintergärten in die Wohnflächenberechnung herangezogen:

  • unbeheizter Wintergarten soll in die Wohnfläche zur Hälfte seiner Grundfläche eingerechnet werden, § 4 Nr. 3 WoFlV.
  • ein beheizter Wintergarten, wird mit der vollständigen Grundfläche zur Wohnfläche hinzugerechnet.

Es bleibt aber trotz dieser Handhabung -zumindest bei preisfreiem Wohnraum- fraglich, ob die Einbeziehung eines unbeheizten Wintergartens ebenfalls dann bei der Wohnflächenberechnung herangezogen werden kann, wenn die Berechnung der Umlage verbrauchsabhängiger Nebenkosten (zum Beispiel Heizkosten) dient.

Bei einem unbeheizten Wintergarten könnte nämlich in den kalten Monaten eine Nutzbarkeit nahezu entfallen, weshalb daran zu denken wäre, dass eine Anrechnung von 50 % der Grundfläche etwas hoch erscheinen kann. Gerade in  Anbetracht der Anrechnung bei Balkon und Terrassenfläche zu einem Viertel beziehungsweise je nach Wohnwert, erscheint es nicht fernliegend diese Art der Regelanrechnung auch bei unbeheizten Wintergärten anzuwenden. Entsprechendes wurde aber von der Rechtsprechung bisher noch nicht entschieden.

2 Antworten auf "Balkone und Terrassen in der Nebenkostenabrechnung"

  • Reiner
    16.03.2018 - 10:07 Antworten

    Ich musste leider feststellen, dass auf dem Wohnungsmarkt alle Balkone und Terrassen zu 50% zur Wohnfläche angerechnet werden. Ist das nicht falsch?

  • Peter
    04.12.2018 - 16:54 Antworten

    Hallo Community.

    Ich habe eine Frage zur Wohnflächenberechnung von Terrassen.
    Wir wohnen in einer relativ kleinen Wohnung (ca. 60 m2) mit einer relativ großen Terrasse (24 m2).
    Die Terrassenfläche (Pflasterstein) hat allerdings einen fließenden Übergang zum Hinterhof (nur durch den Bodenbelag von einander abgegrenzt). Dadurch hat das letzte (hintere) Drittel der Terrasse ein so starkes Gefälle, dass man darauf im Winter Schlitten fahren könnte (jedenfalls völlig unbrauchbar für Tische, Stühle, Grill, etc.).

    Gibt es vll. auch hier eine Regelung, ob eine Terrassenfläche mit starkem Gefälle vollwertig in die Berechnung der Wohnfläche mit einbezogen werden darf?
    (analog zu der anteiligen Wohnflächenberechnung bei Dachschrägen..)

    Vielen Dank für Eure fachkundige Einschätzung!

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