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Nachbarn stellen Flur voll / Gegenstände im Treppenhaus – Was tun?

Die Wohnung des Nachbarn scheint nicht groß genug zu sein, denn alles was ungeliebt oder sperrig ist landet im Treppenhaus. Es finden sich beliebige Gegenstände, Kartons, alte Regale, Teppiche, Schuhe, Fahrräder, der ausgediente Kinderwagen und kaputte Blumentöpfe. Mehr und mehr Gerümpel der Nachbarn sammelt sich im Treppenhaus. Doch was kann man als Mieter tun, wenn die Nachbarn den Flur vollstellen? Muss der Vermieter den Nachbarn abmahnen oder kündigen? Kann man das von dem Vermieter verlangen? Kann man den Nachbarn dazu zwingen, die Gegenstände im Treppenhaus wegzuräumen?

Der nachfolgende Artikel, klärt diese Fragen und zeigt die Handlungsmöglichkeiten für Mieter und Vermieter.

I. Welche Gegenstände sind im Treppenhaus erlaubt?

Im Mietrecht sind Treppenhaus und Hausflur in der Regel  Gemeinschaftsflächen, die alle Bewohner des Mietshauses nutzen. Einzelne Mieter haben durch den Mietvertrag nur das Recht die eigene Wohnung nach den eigenen Vorstellungen vertragsgemäß zu nutzen und dort ihre persönlichen Gegenstände abzustellen.

Das Recht zur Nutzung von Hausflur und Treppenhaus ist lediglich ein Mitbenutzungsrecht mit einem eingeschränkten Nutzungszweck: So dient das Treppenhaus dazu, dem Mieter und seinen Besuchern den Zu- und Ausgang zur angemieteten Wohnung zu ermöglichen (Amtsgericht (AG) Hamburg, Beschluss vom 18. Januar 2017, Az.: 49 C 15/17). Außerdem stellt das Treppenhaus einen Fluchtweg im Brandfall dar. Vermieter sind daher aus Brandschutzgesichtspunkten angehalten, dafür zu sorgen dass Mieter das Treppenhaus bzw. der Flur nicht mit Gegenständen voll stellen bzw. der Durchgang uneingeschränkt möglich ist. Vermieter trifft insoweit auch eine Verkehrssicherungspflicht, die sie dazu verpflichtet heißt, er dafür Sorge zu tragen, dass die Mieter bei der Nutzung des Hausflurs und Treppenhauses keinen Gefahren ausgesetzt sind.

Gibt es keine besonderen Nutzungsvereinbarungen mit einzelnen Mietern, bestimmen regelmäßig Mietvertrag und Hausordnung, ob und welche Gegenstände im Treppenhaus erlaubt sind. Gibt es keine vertraglichen Regelungen, in welchem Umfang einzelne Mieter Flächen, wie z.B. Zugänge, Flure und Treppen zum Abstellen bestimmter Gegenstände verwenden können, hängt die mietrechtliche Zulässigkeit nach dem Bundesgerichtshof (BGH) von den Umständen des Einzelfalls  und der Abwägung widerstreitender Interessen der Beteiligten ab (BGH NJW 2007, 146).

Hier einige Beispiele:

  • Kinderwagen: Ein Kinderwagen darf im Treppenhaus stehen, es für den Mieter unzumutbar ist ihn mit in die eigene Wohnung zu nehmen und es keine sonstige Abstellmöglichkeiten gibt. Lesen Sie dazu: Kinderwagen im Treppenhaus und Hausflur – Erlaubt oder nicht?
  • Rollstuhl/Rollator: Gehhilfen können im Treppenhaus abgestellt werden, wenn die Mieter keine andere zumutbare Abstellmöglichkeit und im Treppenhaus ausreichend Platz vorhanden ist.
  • Fahrrad: Fahrräder dürfen im Treppenhaus abgestellt werden, wenn es kein Verbot und keine andere Abstellmöglichkeit gibt. Lesen Sie dazu: Wo dürfen Mieter Fahrräder abstellen? Hof, Treppenhaus, Kellerflur?
  • Briefe /Pakete: Post, die nicht in den Briefkasten passt, kann im Treppenhaus vor der Haustür abgelegt werden, wenn der Mieter diese dort entgegennimmt und nicht sammelt.

Entscheidend ist in allen Fällen, dass andere Mieter durch das Abstellen oder Ablegen einzelner Gegenstände nicht gestört, behindert oder gefährdet sind (vgl. Landgericht (LG) Berlin GE 2012, 1377, LG Lübeck WuM 1990, 336). Einen umfassenden Ratgeberartikel dazu, welche Gegenstände in einem Treppenhaus abgestellt werden können und welche mietvertraglichen Regelungen insoweit zulässig sind, finden Sie hier: Schuhe, Schrank und Kinderwagen im Treppenhaus – was ist erlaubt?

II. Welche Rechte haben Mieter, wenn der Nachbar den Flur vollstellt?

Mieter können sich beim Vermieter beschweren, wenn sie durch die Gegenstände des Nachbarn im Treppenhaus beeinträchtigt sind und ggf. sogar die Miete mindern.

1. Beschwerde beim Vermieter wegen Gegenständen im Treppenhaus

Wird man als Mieter dadurch beeinträchtigt, dass der Nachbar den Flur und das Treppenhaus mit Gegenständen zustellt, kann man vom Mieter Abhilfe verlangen. Mieter die durch ihr eigenes Verhalten andere Mieter beeinträchtigen, stören den Hausfrieden.

Als Mieter darf man von seinem Vermieter verlangen, dass er sich der Sache annimmt und dafür Sorge trägt, dass  weitere Beeinträchtigung unterbleiben und der Nachbar es unterlässt störende Gegenstände im Treppenhaus abzustellen. Der Anspruch auf Abhilfe durch den Vermieter folgt aus dem Mietvertrag iVm § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB. Vermieter haben eine sog. Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mietern, die ihn verpflichtet, während der Mietzeit den zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand der Mietwohnung zu erhalten. Besteht durch die Gegenstände des Nachbarn im Treppenhaus eine Gefahr für den Mieter, ergibt sich sein Anspruch auch aus den Verkehrssicherungspflicht des Vermieters (z.B. wenn der Nachbar Brennstoffe im Flur lagert, wie Benzin oder Gas).  Bei einer berechtigten Beschwerde hat der Vermieter eine Handlungspflicht.

Wie Sie eine Beschwerde formulieren können, zeigt der Artikel: Beschwerdebrief für Mieter: Störung des Hausfriedens (Vorlage)

2. Mietminderung wegen Gegenständen im Treppenhaus

Eine Mietminderung ist grds. möglich. Allerdings muss dafür ein Mietmangel nach § 536 BGB vorliegen. Ein Mietmangel liegt dann vor, wenn die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben oder nicht nur unerheblich eingeschränkt ist. Das kann z.B. dann angenommen werden, wenn die Tatsache, dass der Nachbar den Flur vollstellt, zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Zugangs zur eigenen Wohnung oder zu einer schweren Hausfriedensstörung führt. Als Mieter muss man im Streitfall die Störungen und Beeinträchtigung nach Art, Intensität, Dauer und Häufigkeit beschreiben können (vgl. BGH, Beschluss vom 21.02.2017, Az.: VIII ZR 1/16). Welche Höhe für die Minderung gerechtfertigt ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Hier finden Sie Beispiele für die Minderungsmöglichkeiten bei einem verschmutzten Treppenhaus: Mietminderung wegen Verschmutzungen im Treppenhaus

III. Kann man vom Vermieter verlangen den Nachbarn zu kündigen?

Nein, das geht im Regelfall nicht. Mit einer berechtigten Beschwerde kann man zwar eine Handlungspflicht des Vermieters herbeiführen, welche Maßnahmen er allerdings unternimmt, kann man nicht bestimmen. Der Vermieter kann frei entscheiden, was er dagegen unternehmen will, dass ein Mieter Gegenstände im Treppenhaus abstellt.

Im Rahmen von schweren Hausfriedensstörungen, gab es in der Rechtsprechung allerdings bereits zwei Fälle, die eine „Kündigungsverpflichtung des Vermieters annahmen“:  So gingen sowohl das LG Berlin als auch das AG Leipzig, davon aus dass ein Mieter ausnahmsweise die Kündigung des Nachbarn verlangen kann, wenn es keine anderen Handlungsmöglichkeiten mehr gibt und Abmahnungen und Unterlassungsurteile, Hausfrieden nicht wieder herstellen konnten (vgl. LG Berlin, Urteil vom 11.01.1999, Az. 62 S 290/98; AG Leipzig, Urteil vom , Az. 166 C 4360/18). Höchstrichterliche Rechtsprechung gibt es dazu noch nicht.

Anmerkung:

Vermieter haben bei einer Pflichtverletzung, wie dem Abstellen von Gegenständen im Hausflur immer die Möglichkeit den Mieter erst abzumahnen und /oder die Unterlassung zu fordern nach § 541 BGB . Führt das nicht zum Erfolg haben Vermieter das Recht wegen dem unrechtmäßigen Abstellen von Gegenständen im Treppenhaus ordentlich zu kündigen. So entschied z.B. das LG Köln in seinem Urteil vom  02.12.2016, Az.: 10 S 99/16. In dem Fall hat eine Mieterin trotz wiederholter Abmahnungen Gegenstände, wie z.B. ein Schuhregal, zahlreiche ummantelte 5-Liter-Glasgefäße, Kartons etc. im Treppenhaus eines Mietshauses abgestellt. Da sie das über mehrere Jahre hinweg entgegen den Vorgaben ihrer Vermieterin tat und dadurch den Hausfrieden störte, sah das Gericht in dem Verhalten eine erhebliche Pflichtverletzung, die eine Kündigung nach  § 573 BGB rechtfertigte. Hier bekommen Vermieter ein Muster für eine Abmahnung wegen Gegenstände im Treppenhaus – Vorlage für Vermieter.

IV. Welche Rechte hat man gegenüber seinem Nachbarn, wenn er Gerümpel ins Treppenhaus stellt?

Als Mieter  hat man auch Rechte gegenüber seinem benachbarten Mieter. Zwar kann man sich nicht gegenseitig abmahnen oder kündigen, aber man kann die Unterlassung und Beseitigung von Störungen verlangen. Diese Rechte folgen aus dem sog. Besitzschutzrecht des § 862 BGB. Wird durch das Abstellen von Gegenständen der eigene Zugang zur Wohnung behindert oder der Hausfrieden gestört ergibt sich daraus eine Beeinträchtigung die als sog. Besitzstörung bezeichnet wird. Bei einer Besitzstörung durch den Nachbarn, darf man  von ihm/ ihr die Beseitigung der Störung fordern und auf Unterlassung klagen (AG München, Urteil vom 23.05.2017, Az.: 283 C 1132/17, LG Bonn, Entscheidung vom 06.10.2009 Az. 8 S 142/09). Stürzt man z.B. über Gegenstände, die der Nachbar im Flur abgestellt hat, kann man von dem Nachbarn Schadensersatz verlangen.

V. Fazit und Zusammenfassung

Stellen die Nachbarn den Flur unberechtigt mit Gegenständen voll oder nutzen das Treppenhaus als Rumpelkammer, kann das zu direkten Beeinträchtigungen anderer Mieter und des  Hausfriedens führen. Mieter können sich deswegen beim Vermieter beschweren und diesen zum Handeln auffordern. Im Ausnahmefall besteht sogar ein Minderungsrecht. Außerdem können sie vom Nachbarn selbst die Beseitigung und zukünftige Unterlassung seines störenden Verhaltens verlangen.

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